Viel wurde am Sonntagabend darüber räsoniert, ob die 66,4 Prozent, mit denen Andrea Nahles auf dem Sonderparteitag in Wiesbaden zur neuen SPD-Vorsitzenden gewählt wurde, nun eine Ohrfeige waren oder nicht. Ihr kann es egal sein, denn Nahles muss nicht bei den Delegierten beliebt sein, sondern dafür sorgen, dass der Wähler wieder bei der SPD sein Kreuzchen macht. Ihr Vorgänger Martin Schulz hat eindrucksvoll demonstriert, wie weit diese Welten auseinanderliegen können: Auf dem Parteitag mit 100 Prozent als Vorsitzender und Kanzlerkandidat bejubelt, bei der Bundestagswahl mit 20,5 Prozent der Wählerstimmen kläglich gescheitert. Der einzige Fehler, den Angela Nahles jetzt machen kann, wäre ein Streben nach Beliebtheit beim linken Flügel, weil sie dann noch mehr Stammwählerpotenzial vergrätzte. Die "hart arbeitenden Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft", um Martin Schulz zu zitieren, wollen keine idealistische, sondern eine realistische Politik. Nicht weniger "Agenda 2010", sondern mehr davon müsste deshalb Nahles Schlachtruf lauten. Alles andere führt die SPD weiter in die Sackgasse.

Gesundheitsminister Jens Spahn hat den Finger am Puls der Klientel. Angesichts überquellender Krankenkassen-Kassen fordert er Beitragssenkungen.

Die "Frankfurter Allgemeine" machte am Freitag auf eine interessante Tatsache aufmerksam: Im vergangenen Jahr war in den USA gerade mal jeder sechste Börsenneuling profitabel. Unlängst ist mit dem Streamingdienst Spotify ein sogar sehr bekanntes Internetunternehmen an den Kapitalmarkt gegangen, ohne bislang jemals Gewinn erzielt zu haben. Unter einigen Marktbeobachtern macht sich deshalb die Befürchtung breit, die Fehler der "New Economy" würden jetzt unter dem Buzzword "Digital Economy" wiederholt. Wer zur Jahrtausendwende am Neuen Markt mitgespielt hat, wird sich an das schmerzhafte Erwachen erinnern, als man feststellte, dass es keinen Automatismus "hoher Marktanteil - langfristig profitabel" gab.