Sind an der Börse Schlafwandler unterwegs? Nach der Rally der vergangenen Woche kann man sich das durchaus einmal fragen. Denn die rasante Hausse fndet keinerlei Entsprechung in der Lockdown-geschüttelten Realwirtschaft. Auf der anderen Seite pumpen die Notenbanken in aller Welt Rekordsummen ins System. Wer sich also darauf verlässt, dass Fed, EZB & Co weiterhin jeden negativen Efekt an den Finanzmärkten mit Liquiditätszufuhr sterilisieren werden, sollte die Freifahrt an den Börsen auch mit Grummeln im Bauch fortsetzen. Solange der sogenannte Greenspan-Put immer wieder prolongiert wird, kann eigentlich nichts schiefgehen.
Stephan Weil wird am vergangenen Wochenende schlecht geschlafen haben. Sein SPD-Parteivorstand brüstet sich damit, die von ihm (Ministerpräsident im VW-Land Niedersachsen) und seinen Kollegen Söder (CSU, Ministerpräsident im Audi- und BMW-Land Bayern) und Kretschmann (Grüne, Ministerpräsident im Daimler- und Porsche-Land Baden-Württemberg) favorisierte Kaufprämie für alle Autos verhindert zu haben. Man möchte jedenfalls nicht dabei gewesen sein, als IG-Metall-Boss Jörg Hofmann und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, beides Kollegen im VW-Aufsichtsrat, Weil den Marsch geblasen haben. Die Arbeitnehmerpartei entfernt sich immer weiter von ihrer Basis.
Viel wird in diesen Tagen darüber räsoniert, wie die Corona-Krise den Strukturwandel beschleunigt. Das mag für viele Aspekte des Wirtschaftslebens gelten; es gibt aber auch Geschäftsmodelle, die gerade wieder zurückgedreht werden. Ein Beispiel dafür liefert die sogenannte Sharing Economy, also die gemeinsame Nutzung bestimmter Güter und Dienstleistungen. Solange die Leute Angst vor Nähe haben, wird das Teilen von Büroraum (Wework), Wohnungen (Airbnb) oder Transportkapazitäten (Lyft, Uber, Flixbus, Blablacar, Lime) nicht richtig funktionieren. Auch der öfentliche Personennahverkehr wird lange ein Zuschussgeschäft bleiben.