Bei den Notenbanken in aller Welt schrillen die Alarmglocken. "Libra" heißt die neue Digitalwährung (samt Bezahlsystem), mit der Facebook die Währungshüter demnächst herausfordern will. In der Tat könnte eine Mutation des mit über zwei Milliarden Nutzern riesigen Technologieunternehmens zur Finanzmacht viele Länder vor ernsthafte Probleme stellen. Die Ausgestaltung der Libra als Stablecoin, sprich ihre wertmäßige Kopplung an einen Korb aller renommierter Währungen der Welt, kann dazu führen, dass sie - besonders in Weichwährungsländern - schnell als Parallelwährung Bedeutung erlangt. Überall dort, wo es aber eine leicht zugängliche Parallelwährung gibt, verliert die Geldpolitik ihre Macht. Auch für die Europäische Zentralbank dürfte es dann schwieriger werden, die jetzt betriebene indirekte Staatsfinanzierung durch den Ankauf von Staatsanleihen und negative Zinsen aufrechtzuerhalten. Man darf gespannt sein: Wird die EZB die Libra verbieten oder mit einem neu gestalteten Euro gegenhalten?
Das Wort "patient" - "geduldig" - taucht im jüngsten Protokoll der Sitzungen der amerikanischen Notenbank nicht mehr auf. Die Währungshüter wollen, so die Interpretation der Börsianer, also nicht mehr abwarten, wie sich die Lage der Wirtschaft entwickelt, sondern beim geringsten Stocken des Konjunkturmotors aktiv werden. Es gibt deshalb niemanden mehr, der gegen eine alsbaldige Senkung der Leitzinsen wettet. Lagen die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen vor einem halben Jahr noch bei rund 3,3 Prozent, so sind sie Ende der vergangenen Woche unter zwei Prozent gefallen. Und der Dow Jones ist seit Monatsbeginn um knapp acht Prozent gestiegen und steuert auf den besten Juni seit 1938 zu. Die Gespräche beim G20-Gipfel am Wochenende in Osaka (und die mit ihnen verknüpften Hoffnungen auf ein Ende des Handelsstreits zwischen den USA und China) dürfen nun bloß keine Enttäuschung bringen. Nicht ins Bild passt bislang nur, dass der Goldpreis ebenfalls signifikant gestiegen ist - auf den höchsten Stand seit fünf Jahren.