von Herausgeber Frank-B. Werner
Es würde ihn nicht überraschen, Jean Tirole auf der Vorschlagsliste für den nächsten Nobelpreis für
Wirtschaftswissenschaften
wiederzufinden. Martin Peitz, seinerzeit Dekan der volkswirtschaftlichen
Abteilung
der Universität Mannheim, erwies sich mit dieser Aussage anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde
an den französischen Ökonomen am 21. Oktober 2011 als guter Prognostiker. Zwar dauerte
es noch zwei Preisverleihungen, bis Tirole am Montag dieser Woche tatsächlich ausgezeichnet werden
sollte, doch dafür findet der diesjährige Preisträger in Praxis und Wissenschaft ungeteilten Beifall. Tirole
hat sich insbesondere mit der Preisbildung und Regulierung bei natürlichen Monopolen (zum Beispiel
Schienenverkehr, Telekommunikation oder Stromversorgung) und auf zweiseitigen Märkten beschäftigt.
Gerade das zweite Forschungsgebiet erfährt mit der Diskussion um Google derzeit besondere Beachtung.
Wie geht man mit Firmen um, die ihre Leistungen einer Kundengruppe gratis zur Verfügung stellen, dort
eine Art Monopol schaffen und für andere so zum Flaschenhals werden? Das Geschäftsmodell der Anbieter
von Kartenzahlungssystemen zum Beispiel, die ihre Dienste dem Verbraucher für wenig oder gar kein
Geld anbieten, vom Händler aber hohe Provisionen verlangen, gehört zu Tiroles Untersuchungsobjekten.
Tiroles Ansätze sind theoretisch anspruchsvoll, aber in der Praxis hochrelevant. Eine Erkenntnis zeichnet
seine Arbeit aus: Der Zwilling effizienten Wettbewerbs ist eine schlaue Regulierung.
Die Deutsche Bank klagt, dass ihr in London und New York nach den Bonuskürzungen die Investmentbanker
davonlaufen. Wer es mit dem Kulturwandel ernst meint, muss das aushalten.
Seit Dienstag verhandelt der Europäische Gerichtshof über die Ankündigung der Europäischen Zentralbank
vom Juli 2012, zur Stabilisierung des Euro zur Not auch Staatsanleihen aufzukaufen. Das Bundesverfassungsgericht
ist der Ansicht, dass die EZB damit ihre Kompetenzen überschreitet, und bat die Luxemburger
Richter um eine Entscheidung. Auf das Urteil müssen wir wohl noch ein Jahr warten.