Es war eine Überraschung. Vor einem Jahr übernahm Vasant Narasimhan die Leitung des Basler Pharmakonzerns Novartis. Überraschend deswegen, weil Vas, wie der neue Chef kurz genannt wird, Mediziner ist und nicht wie sein Vorgänger Joseph Jimenez Wirtschaftswissenschaftler. Überraschend auch, weil der gebürtige US-Amerikaner mit indischen Wurzeln zu der Zeit gerade einmal 42 Jahre alt war. In so jungen Jahren ist man vielleicht Chef eines Tech-Start-ups, aber doch nicht Vorstandsvorsitzender eines seit 1758 bestehenden Schweizer Traditionsunternehmens.

Immerhin brachte er "Stallgeruch" mit, da er zuvor bei Novartis die Abteilung für Medikamenten-Entwicklung unter sich hatte. Und er verfolgt zielstrebig einen Umbaukurs. So trennte er sich etwa von der Sparte Augenmedizin: Die Tochtergesellschaft Alcon wird im Sommer an die Börse gebracht. Mehr Gewicht bekommt dagegen das Geschäft mit patentgeschützten Arzneimitteln. Insgesamt soll Novartis bis 2023 runderneuert werden: "inspiriert und neugierig", hin zu einer "datenorientierten, digital gestützten Firma".

Intern gilt Vas als bescheidener Chef, der dem bislang autokratisch organisierten Unternehmen einen weit lockereren Führungsstil verordnet. Vas lebt es vor, wohnt in normaler Basler Nachbarschaft und schickt seine Kinder mit der Straßenbahn zur Schule.

Auf Seite 2: Seine Gefährtin, seine Kooperationen, seine rechte Hand

Seine Gefährtin, seine Kooperationen, seine rechte Hand


Seine Gefährtin


Narasimhan ist seit 2003 mit Srishti Gupta verheiratet, einer McKinsey-Beraterin mit Abschluss in Molekular- und Zellbiologie. Den Antrag bekam sie auf dem Kilimandscharo. Gupta war dabei angeblich höhenkrank. "Vas wusste nicht, ob ich Ja sagte, weil ich es meinte, oder weil ich vom Berg runter wollte", sagte sie einst der "New York Times". Das Paar lebt in Basel, hat zwei Kinder und unterstützt Hilfsprojekte in Entwicklungsländern.

Seine rechte Hand


Mit Kymriah hat Novartis als erster Konzern die US-Zulassung für eine neuartige Krebs-Gentherapie bekommen - ein Wundermittel. Doch es hakt in der Produktion, die Konkurrenz holt auf. Narasimhan hat daher Susanne Schaffert als neue Onkologie-Chefin geholt. Vorgängerin Liz Barrett dankte aus "persönlichen Gründen" ab.

Seine Kooperationen


Novartis expandiert ins Silicon Valley und will immer mehr mit Konzernen wie Apple, Google und Amazon Projekte starten. Aber auch mit Start-ups, die sich "Moonshot-Projekten" verschrieben haben, also revolutionäre neue Technologien entwickeln wollen. Ziel: künstliche Intelligenz mit mobilen Technologien und Pharmazie verbinden. Die USA allein reichen dafür aber nicht - auch mit Chinas Tech-Konzern Tencent gibt es ein Abkommen.

Auf Seite 3: Sein Konkurrent, sein Kritiker, seine Vorgänger

Sein Konkurrent, sein Kritiker, seine Vorgänger


Sein Konkurrent


Wie Novartis sitzt mit Roche der wichtigste Konkurrent auch in Basel. Chef ist seit 2008 Severin Schwan - mit 13 Millionen Euro Jahressalär bestbezahlter Boss in Europa. Überragend auch der neue Roche-Tower mit 205 Meter Höhe. Und sogar an der Börse ist Roche auf Jahressicht besser als Novartis. Noch.

Seine Vorgänger


Eigentlich war Narasimhan-Vorgänger Joe Jimenez (o.) für einen Vorstandsposten beim Hedgefonds Bridgewater eingeplant. Dort wollen sie ihn aber nicht mehr, weil er für eine Millionenzahlung an Trump-Anwalt Michael Cohen verantwortlich ist, mit der er Einfluss auf die Politik des US-Präsidenten nehmen wollte. Jimenez-Vorgänger Daniel Vasella ist auch nicht mehr so wohlgelitten. Als Chef von Novartis soll er bis zu 40 Millionen Franken pro Jahr verdient haben. Vor fünf Jahren trat Vasella auch als Verwaltungsratschef bei Novartis zurück. Nach großem öffentlichem Protest verzichtete er dabei auf 72 Millionen Franken "Konkurrenzverbots-Abfindung".

Sein Kritiker


"Unmoralisch" findet US-Präsident Donald Trump die Preise der großen Pharmakonzerne. Deutsche Politiker, vor allem linksgerichtete, sparen auch nicht mit Kritik. Zu Recht? Für das Krebsmittel Kymriah beispielsweise verlangt Novartis in den USA fast eine halbe Million Dollar. Narasimhan verweist auf hohe Forschungskosten und fordert Revolutionäres: Bezahlt werden soll nur bei Erfolg einer Therapie.

Sie wollen weitere Artikel aus dem aktuellen €uro Magazin lesen? Hier kommen Sie zur Digital-Ausgabe.