Ökonomen schätzen nicht nur die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland wieder besser ein. In der Juni-Umfrage des Ökonomen-Barometers von €uro am Sonntag hat sich vor allem der Ausblick deutlich aufgehellt. Mit einem Plus von 37 Prozent auf 17,1 Punkte liegt die Prognose in diesem Jahr erstmals wieder höher als der aktuelle Stand. Das heißt, die Volkswirte rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nach dem Corona-bedingten scharfen Einbruch im Frühjahr.
Auch der aktuelle Stand hat sich mit einem Plus von 23 Prozent auf 15,7 Punkte deutlich verbessert. Somit übersteigt das Barometer auch den April-Stand (15,5 Punkte), liegt aber noch deutlich unter dem März-Wert (38,5 Punkte).
"Die Basis für eine Belebung im zweiten Halbjahr ist durch die weltweiten Lockerungsmaßnahmen gelegt", sagt Daniel Hartmann von der Bantleon AG.
In der Juni-Umfrage haben sich die Ökonomen auch mit der Lage an den Aktienmärkten auseinandergesetzt. Nach Ansicht der Experten besteht durchaus Rückschlagrisiko. Seit dem Corona-bedingten Einbruch beim DAX im März hat sich der Leit-index wieder erholt und auf einem Niveau zwischen 12 000 und 13 000 Punkten eingependelt. 43 Prozent der Befragten erwarten im zweiten Halbjahr ein eher kon-stantes Kursniveau. 26 Prozent prognostizieren wieder sinkende Kurse, und zehn Prozent rechnen mit einem erneuten Crash. Weiter steigende Kurse erwarten 16 Prozent.
Unermessliche Liquidität
"An den Aktienmärkten freut man sich, dass Lockerungen möglich sind und Staaten großzügig die Konjunktur stützen", sagt Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Flankierend stehen die Notenbanken mit einer schier unermesslichen Liquiditätsflut zur Seite."
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Genau das ist für viele Ökonomen aber auch ein Problem. Insbesondere das kürzlich auf 1,35 Billionen Euro ausgeweitete Anleihekaufprogramm sehen 52 Prozent der im Ökonomen--Barometer befragten Volkswirte kritisch. Immerhin 40 Prozent halten das Programm dagegen für eine effektive Unterstützung der von den EU-Staaten geschnürten Rettungspakete.
Die Maßnahmen werden teilweise sehr kontrovers diskutiert. Mit ihren jüngsten Beschlüssen habe die EZB erneute Spekula-tionen über ein Auseinanderbrechen der Eurozone im Keim erstickt, meint etwa ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. "Der Konjunkturaufschwung kann damit auch unterstützt werden, die meiste Arbeit muss aber von den Regierungen kommen."
Viele Teilnehmer der Umfrage kritisieren, "dass die Wirkung der Programme im Finanzmarkt stecken bleibt und kaum auf den realen Sektor übergeht", wie es Thomas Gries von der Uni Paderborn formuliert. Ähnlich sieht es Thomas Gehrig von der Uni Wien: "Budgetposten, Liquiditätshilfen und Garantien können die Produktion nur anregen, wenn sie letztlich am Markt ankommen. Das passiert bisher in viel zu geringem Umfang."