DIESE FAKTOREN STEHEN IM FOKUS:
Zu den stärksten Preistreibern am Ölmarkt zählt der Ausfall von Öllieferungen aus dem Iran. Jüngste Sanktionen der USA gegen das Mitgliedsland der Organisation erdölexportierender Länder (Opec), die das Ölgeschäft betreffen, werden erst im November in Kraft treten. Allerdings zeigen die Maßnahmen bereits Wirkung. Mit China hat ein wichtiger Kunde des Iran seine Ölbestellungen massiv reduziert.
Unter dem amerikanischen Druck sind die iranischen Ölexporte in den Sommermonaten kräftig gesunken, was die Ölpreise immer wieder nach oben getrieben hatte. Hinzu kommt, dass mit Venezuela ein weiteres wichtiges Förderland immer weniger Rohöl exportiert. In dem südamerikanischen Land, das ebenfalls der Opec angehört, sorgt eine schwere Wirtschaftskrise für zunehmenden Stillstand in der Ölindustrie.
Auf der anderen Seite kam es zuletzt immer wieder zu deutlichen Rückschlägen bei den Ölpreisen. Verantwortlich hierfür ist der Handelsstreit zwischen den USA und China, der von der politischen Führung in Washington ausgeht. Neue Eskalationsstufen in dem Konflikt wurden von Dämpfern bei den Ölpreisen begleitet. Signale für eine Entspannung im Streit der beiden größten Volkswirtschaften der Welt hatten einen Anstieg der Ölpreise zur Folge.
Nur wenig Einfluss zeigte die aktuelle Hurrikan-Saison, die wichtige Förderanlagen an der Südküste der USA in diesem Jahr kaum bedrohen konnte. Während es in vergangenen Jahren oftmals zu Evakuierungen der Ölplattformen im Golf von Mexiko gekommen war, verzeichnete Beobachter derzeit kaum Ausfälle bei der Ölförderung. Auch der aktuelle Tropensturm "Florence" traf im Südosten der USA auf Land und stellt für die Ölanlagen im Süden keine Gefahr dar.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Rohstoffexperten des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) gehen davon aus, dass die angekündigten US-Sanktionen gegen die iranische Ölindustrie die Exporte des Landes bereits um 150 000 Barrel pro Tag reduziert haben. Dagegen stehe allerdings eine steigende Förderquote der Opec und Russlands, die nach Einschätzung der HWWI-Experten einen neuen Höchststand bei 32,89 Millionen Barrel pro Tag erreicht habe.
Nach Einschätzung des Rohstoffexperten Daniel Briesemann von der Commerzbank wird am Ölmarkt weiterhin befürchtet, dass die US-Sanktionen ab November den Iran vom Ölmarkt abschneiden könnten. Dies würde die Versorgungslage auf dem Weltmarkt "merklich verschlechtern".
Als eine "große Unbekannte" bezeichnete Experte Heinrich Peters von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) die weitere Entwicklung der weltweiten Handelskonflikte und deren Auswirkungen auf die Entwicklung der Ölpreise. Peters verwies außerdem auf die jüngsten Währungskrisen in Schwellenländern: "Währungsturbulenzen und eingetrübte Wachstumsaussichten wichtiger Schwellenländer bergen Ansteckungsgefahren, so dass viele Investoren vorerst wohl gegenüber einem breiten Engagement in Rohstoffen zurückhaltend bleiben."
SO KÖNNTE ES JETZT WEITERGEHEN:
Viele Experten rechnen in den kommenden Monaten weiterhin mit deutlichen Schwankungen bei den Ölpreisen. Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass ein deutliches Überspringen der Marke von 80 Dollar je Barrel beim Brentöl vor dem Hintergrund der aktuellen preisbestimmenden Faktoren kaum möglich sein wird.
Nach Einschätzung mehrerer Experten ist ein starker Preisanstieg nur im Fall einer militärischen Auseinandersetzung in der ölreichen Region am Persischen Golf denkbar. So hatte der Iran im Streit mit den USA bereits mit einer Blockade der wichtigen Meerenge von Hormus gedroht. Sollte es tatsächlich zu einem Waffengang der USA mit dem Iran kommen, dann erwarten viele Experten einen starken Anstieg der Ölpreise jenseits der Marke von 100 Dollar./jkr/bgf/fba