Die "Streif" gilt als eine der spektakulärsten Abfahrten der Welt. Am kommenden Wochenende werden die Topathleten in weniger als zwei Minuten über die mehr als drei Kilometer lange Strecke mit einem Gefälle von bis zu 85 Prozent rasen. Neben den Skifans lockt das Highlight des alpinen Wintersports die Prominenz aus Politik, Medien und Wirtschaft nach Kitzbühel. In diesem Jahr dürfte das Comeback der Wiener Börse das Thema in den VIP-Zelten sein. Österreichs Standardwerte haben enorm beschleunigt. Seit BÖRSE ONLINE Ende Mai die Alpenrepublik analysiert hat, legte der ATX um ein Fünftel zu. Jetzt ist er drauf und dran, aus einer mehrjährigen Seitwärtsbewegung nach oben auszubrechen.
Das mögliche Kaufsignal an der Börse geht mit einem konjunkturellen Tempowechsel einher. "Wir haben unsere Wachstumsprognose für 2017 von 1,1 auf 1,6 Prozent angehoben", erklärt Walter Pudschedl, Volkswirt bei der Bank Austria. Behält das Institut recht, würde das österreichische Bruttoinlandsprodukt die stärkste Expansion seit 2011 erfahren. Pudschedl verweist auf den durch eine Steuerreform stimulierten privaten Konsum und ergänzt: "Die Konjunktur in Österreich profitiert derzeit von einer Stimmungsbelebung in der Industrie."
Ein Blick auf den Kurszettel bestätigt diesen Eindruck. Zu den Top-Performern zählt Lenzing. Im vergangenen Jahr verteuerte sich der BÖRSE ONLINE-Favorit um 65 Prozent. Der führende Hersteller von holzbasierten Cellulosefasern erntet die Früchte einer strategischen Neuausrichtung. 2016 könnte der Gewinn um nahezu drei Viertel nach oben geschnellt sein. Zwar dürfte das Wachstum im laufenden Jahr etwas nachlassen, gleichwohl ist das Potenzial des Unternehmens nach Ansicht von Stephan Trubrich, Analyst bei Kepler Cheuvreux, nicht im Kurs eingepreist. Er verweist auf den Wandel der Österreicher zu einem wertorientierten Nischenanbieter sowie die zunehmende Verbreitung der besonders margenträchtigen Faser Tencel. "Der Markt unterschätzt das Gewinn- und Cashflow-Potenzial von Lenzing weitestgehend", so der Experte. Wir teilen diese Einschätzung und sehen in der aktuellen Konsolidierung des ATX-Mitglieds eine Einstiegschance.
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Favorit mit Strahlkraft
Auf der Stelle tritt seit einigen Monaten auch die RHI-Aktie. Zuvor hatte der Aufschwung in der Stahlindustrie den Kurs des auf Feuerfestprodukte spezialisierten Konzerns in die Gänge gebracht. Wenig begeistern konnten sich die Investoren dagegen für den Anfang Oktober angekündigten Zusammenschluss von RHI mit dem brasilianischen Konkurrenten Magnesita. Im Zuge der Fusion wird das Wiener Traditionsunternehmen die Heimat verlassen. Der Konzernsitz wandert in die Niederlande ab, die Börsennotiz wird nach London verlegt. Da mit dem Deal Unsicherheiten verbunden sind und RHI unser Kursziel erreicht hat, stufen wir den Standardwert auf "Beobachten" herab.
Unser neuer Österreich-Favorit heißt Zumtobel. Dank Kostensenkungen verbesserte der Leuchtmittelhersteller sein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2016/17 (per 30. April) um knapp ein Viertel. Gleichwohl hielt Vorstandschef Ulrich Schumacher an seinem Ausblick fest und stellt lediglich eine leichte Verbesserung beim Ebit in Aussicht. Ein Grund für die Vorsicht des ehemaligen Infineon-Chefs ist die Entwicklung an den Devisenmärkten. Hier macht Zumtobel vor allem die Schwäche des britischen Pfunds im Zuge der Brexit-Entscheidung zu schaffen. An der Marken- und Technologiestärke der Vorarlberger ändert das nichts. Beispielsweise hat Zumtobel die neue Elbphilharmonie in Hamburg mit rund 2800 speziellen Leuchten ausgestattet. Kann das Unternehmen seine fundamentalen Qualitäten weiter in Wachstum ummünzen, dürfte die günstig bewertete Aktie schon bald in neuem Glanz erstrahlen.
Die Blaupause für eine Aufholjagd liefert Palfinger. Noch Ende 2014 drohte der Kranhersteller in der Versenkung zu verschwinden. Doch jetzt hat er sich ins Rampenlicht der Börse zurückgekämpft. Das Familienunternehmen punktet mit starken Zahlen - bei der Bilanzvorlage am 10. Februar sollte Palfinger neue Rekorde für Umsatz und Ergebnis verkünden.
Anleger, die trotz solcher Perspektiven vor Einzelinvestments zurückscheuen, können sich über einen Exchange Traded Fund (siehe Tabelle) den ATX als Ganzes ins Depot holen. Verglichen mit Investments in einzelne Aktien federt der börsengehandelte Indexfonds durch die breite Streuung die Risiken etwas besser ab. Auf der "Streif" kommt diese Funktion Netzen und Zäunen mit einer Gesamtlänge von mehr als sieben Kilometern zu.