Denkbar knapp musste sich die niederländische Degiro im vergangenen Jahr noch geschlagen geben. Doch 2019 ist es ihr gelungen, den Wettlauf bei unserer Brokerwahl für sich zu entscheiden - und damit den neunmaligen Seriensieger ING im Zieleinlauf abzuhängen. Die Comdirect landet erneut auf Rang 3. "Uns freut es sehr, schon im dritten Jahr unserer Teilnahme den ersten Platz einzunehmen", sagt der Deutschland-Verantwortliche Jan Jirsa. "Vor allem die Topnoten in der Teilkategorie ‚Kosten und Zinsen‘ dank günstiger Orderspesen sind wohl der ausschlaggebende Grund für den ersten Platz bei der Gesamtzufriedenheit", erläutert Stefan Henrichsmeier vom Aachener Marktforschungs- und Beratungsunternehmen AC Research, der die Studie für BÖRSE ONLINE betreut hat. "Auch mit einer guten App und unkomplizierter Kontoeröffnung vermag der Broker zu punkten."

Tatsächlich hat Degiro, seit Herbst 2014 in Deutschland am Markt, seine Kunden aber nicht in allen Dimensionen überzeugt - insbesondere beim Produktangebot attestieren sie dem Broker Nachholbedarf. So offeriert Degiro zum Beispiel keinen außerbörslichen Handel oder Sparpläne. Andere Anbieter haben gerade diesen Bereich häufig weiter ausgebaut.

Deutschland ist nach den Niederlanden für den Broker zwar der wichtigste Markt, bei Produkteinführungen konzentriert er sich aber darauf, Angebote herauszubringen, die in den meisten der 18 Länder gefragt sind, in denen er aktiv ist. "ETF-Sparpläne stehen bei uns dieses Jahr nicht im Fokus. Unsere Kunden können aber jeden Monat einmal kostenlos in 200 ETFs investieren, wenn auch nicht automatisiert", erläutert Jirsa. Klar ist aber auch, dass Degiro nicht mehr nur auf den Preis setzen, sondern auch sein Leistungsangebot weiter verbessern muss. "2019 werden wir unser Informationsangebot ausbauen, auf unserer englischen Website gibt es schon unser neues Wissenscenter", erzählt Degiro-Sprecher Manuel Suckart.

Wichtig zu wissen: Als Auslandsbroker behält Degiro keine Abgeltungsteuer für deutsche Kunden ein. Sie müssen sich selbst um die korrekte Angabe in der Steuererklärung kümmern. Dafür gibt ihnen der Broker ein detailliertes Reporting an die Hand. Das Ziel für 2019: Man möchte die Marke von insgesamt 500 000 Kunden europaweit knacken - und bei der nächsten Brokerwahl den Titel verteidigen. Das würde die ING gern verhindern: "Das Ergebnis ist für uns ein Ansporn, uns 2020 die Krone zurückzuholen", zeigt sich Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen & Anlegen, kämpferisch. Bei der Gesamtzufriedenheit bekam die ING eine um 0,1 Punkte schlechtere Bewertung als 2018 - klingt nach wenig, ist aber bei unserer Leserwahl vergleichsweise viel.

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Apple Pay "nicht erst Ende 2019"


"Mobile Bezahllösungen für das Smartphone hatten wir zum Umfragezeitpunkt nicht im Angebot. Aspekte wie diese könnten eventuell auch auf die Kundenbewertungen beim Punkt Gesamtzufriedenheit abgestrahlt haben", versucht Dwornitzak das etwas schlechtere Abschneiden zu erklären. Im Lauf des Jahres möchte man Apple Pay anbieten. Der genaue Starttermin sei noch offen, aber es "wird sicher nicht erst Ende 2019 sein", so Dwornitzak. "Wir werden natürlich auch unseren Kunden mit Android-System ermöglichen, mit dem Smartphone zu zahlen."

Die ING hat in der inzwischen 20-jährigen Historie unserer nicht repräsentativen Leserwahl 14-mal gewonnen. Auch dieses Jahr schafft es Deutschlands größte Direktbank, vier der sechs Teilkategorien für sich zu entscheiden. Sie will auch 2019 weiterhin stark wachsen. "Besonders viel versprechen wir uns vom Einstieg in die Beratung, die 2019 in zunächst rein digitaler Form kommen wird." Als Ausbaustufe komme eventuell auch eine telefonische Beratung in Betracht. "Unsere Kooperation mit Scalable Capital bleibt davon unberührt, dabei handelt es sich um eine reine Vermögensverwaltung", stellt Dwornitzak klar. Aber auch bei den Gebühren möchte sich die ING gut positionieren, in unserer Umfrage landet sie hier nur auf Platz 4: Schon im Mai 2018 hat sie die Preise für kleinvolumige Orders gesenkt. "Wir möchten stärker darauf aufmerksam machen, dass wir in der Gruppe der großen Anbieter die günstigsten sind", so Dwornitzak.

"Voice Banking weiter ausbauen"


Auch die drittplatzierte Comdirect rangiert beim Kriterium "Kosten und Zinsen" nur im Mittelfeld, doch das ficht Marketing- und Vertriebsvorstand Matthias Hach nicht an: "Man muss aufpassen, dass man nicht Äpfel und Birnen miteinander vergleicht. Comdirect ist ein Vollsortimenter mit breitem Leistungs- und Serviceangebot." Die Kategorie "Produktangebot" entscheidet die Direktbanken-Tochter der Commerzbank denn auch klar für sich. "Wir haben den Anspruch, Digital Leader unter den Direktbanken zu bleiben", sagt Hach. Tatsächlich war Comdirect zuletzt häufig Vorreiter im Direktbankenmarkt etwa beim mobilen Bezahlen, aber auch beim Banking über virtuelle Assistenten. "Wir werden das Angebot an Voice-Banking weiter ausbauen. Heute schon ist die Vorbereitung von Überweisungen möglich. In Zukunft wären auch Brokerage-Transaktionen denkbar", so Hach. Seit Anfang des Jahres gibt es sogenannte Chat-Orders. "Darüber können auf sehr einfache Art und Weise zum Beispiel Aktien rasch gekauft werden. Die Funktionsweise ähnelt Whatsapp."

2019 wird Comdirect das Thema E-Ident weiter vorantreiben: "Schon heute kann man bei uns Depots mit dem E-Personalausweis eröffnen, das dauert nur wenige Minuten", sagt Hach. Weitere Angebote seien in Planung. "Unser Ziel ist es, dass ein neuer Kunde so schnell wie möglich starten und zum Beispiel Transaktionen tätigen kann."

Dicht auf den Fersen ist der Comdirect ihre eigene Tochter Onvista Bank auf Rang 4, gefolgt von der Consorsbank auf Platz 5. Flatex, DKB und Sparkassenbroker folgen auf den weiteren Plätzen. Dieses Jahr gaben rund 33 150 Online-Brokerage-Kunden ihre Bewertungen ab. Zur Wahl standen in Deutschland aktive Onlinebroker, Direkt- und Filialbanken mit Online-Wertpapierhandel, nicht aber CFD- oder Forex-Broker. Ab 200 Bewertungen kam man ins Ranking. Targobank und Maxblue, 2018 noch auf den Plätzen 9 und 11, nahmen die Hürde dieses Jahr nicht - wohl aber die Commerzbank, die sich als einzige Filialbank im Feld der reinen Online-Institute mit der Note 2,04 gut behaupten kann. Doch nach dem Rennen ist vor dem Rennen: Mit Trade Republic ist gerade ein neuer Wettbewerber gestartet. Die Etablierten greift er, wen wundert’s, über den Preis an: Auf eigene Orderprovisionen will er verzichten, Kunden zahlen eine Fremdkostenpauschale von einem Euro pro Handelsgeschäft, das Börsenangebot ist schmal. Das kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? Man darf daher gespannt sein, wie sich dieser neu entbrannte Preiskampf auf das Rennen 2020 auswirken wird.

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Konditionenüberblick




Auf Seite 4: Interview "Wir sind Fans des börslichen Handels"

"Wir sind Fans des börslichen Handels"


BÖRSE ONLINE sprach mit dem Deutschland-Verantwortlichen Jan Jirsa und Degiro-Sprecher Manuel Suckart über die Erfolgsrezepte und Pläne für 2019.

Börse Online: Bei der Kategorie "Kosten und Zinsen" schneidet Degiro stets top ab, aber dieses Jahr gab es einen Dämpfer. Warum?
Jan Jirsa: Wegen regulatorischer Vorschriften, Stichwort Mifid II, durften wir seit 2018 Order nicht mehr intern ausführen. Weil das unsere Kosten gesteigert hat, haben wir im Sommer 2018 sehr moderat die Preise erhöht. Binnen 18 Monaten wollen wir die Gebühren wieder aufs Ausgangsniveau senken.

Wie geht das, wenn Sie höhere Kosten haben?


Manuel Suckart: Durch weiteres starkes Wachstum und Skaleneffekte. Degiro hat allein 2018 seine Depotkonten um 45 Prozent erhöht, auf gut 358 000 europaweit. Bis Jahresende sollen es etwa eine halbe Million sein.

Das Produktangebot gilt als Ihre Schwachstelle, Sie bieten zum Beispiel keinen außerbörslichen Handel. Was tun Sie dagegen?
Jirsa: Außerbörslicher Handel ist - anders als auf den übrigen europäischen Märkten, auf denen wir aktiv sind - ein eher deutsches Phänomen. Wir sind große Fans vom börslichen Handel: Die Preise sind transparent und fair, und es gibt eine Handelsüberwachung, die man bei Beanstandungen einschalten kann.

Suckart: Wir werden dieses Jahr aber noch mehr Ordertypen anbieten, alle Kapitalmaßnahmen online verwaltbar machen, die Produktsuche verbessern und eine neue Version unserer Handelssoftware live stellen.

Mit Trade Republic tritt ein neuer Broker an, der Sie preislich unterbieten will. Gefährdet das Ihre Position?
Jirsa: Wir schauen uns jeden Markteintritt genau an. Wir wollen nicht mehr nur der günstigste Anbieter sein, sondern auch unser Leistungsangebot verbessern. 2019 bauen wir zum Beispiel unser Infoangebot aus.