Das Rezept für eine erfolgreiche Turnaround-Wette hat mehrere Zutaten: Produkte mit guter Marktstellung sind hilfreich. Zudem sollte ein neues Management installiert sein, das mit Altlasten nichts zu tun hat. Und schließlich sollte der Aktionärskreis die Wende fordern und unterstützen. All diese Ingredienzien bringt die Aktie von Ontex mit.
Das belgische Unternehmen stellt Hygieneartikel wie Babywindeln, Damenbinden und Inkontinenzprodukte her. Rund die Hälfte der Erlöse von rund 2,1 Milliarden Euro werden mit eigenen Marken, der Rest mit Handelsmarken für Kunden erzielt. 2014 kam die Gesellschaft an die Börse. Zuvor hatten Beteiligungsfirmen Ontex auf Wachstum getrimmt. Der Börsengang sollte das noch beschleunigen. Insbesondere in den Ausbau der eigenen Marken und in die Expansion in neue Regionen wurde sehr viel Geld investiert. So hat Ontex heute in vielen Schwellenländern eine gute Marktposition. Das kam an der Börse erst mal gut an, die Kurse reichten bis 35 Euro. Diese Buy-and-Build-Strategie hatte ihren Preis. Teure Übernahmen und gestiegene Kosten sorgten dafür, dass die Ergebnisse nicht mithalten konnten und hohe Schulden die Bilanz belasteten. Offenbar wurde nach der schwachen Entwicklung im vergangenen Jahr im Aktionärskreis - darunter die beiden bekannten Beteiligungsfirmen GBL und ENA - die Notbremse gezogen.
Neues Management, neue Strategie
Der Verwaltungsrat wurde neu besetzt. Mit Ex-Henkel-Chef Hans Van Bylen gibt es nun einen im Konsumgeschäft erfahrenen Manager. Seit Jahresbeginn ist Esther Berrozpe Galindo die neue Vorstandschefin. Die Managerin, die etwa den Turnaround beim Haushaltsgerätehersteller Whirlpool im US-Geschäft verantwortet hat, saß seit Mai 2019 als nichtexekutives Mitglied im Verwaltungsrat, kennt das Unternehmen also gut. Diese ersten Schritte zeigen, dass die alten Zöpfe abgeschnitten wurden. Auf der Hauptversammlung wurde zudem beschlossen, die Entlohnung der Manager sehr viel stärker an den Total Return der Aktionäre zu koppeln.
Der nächste Schritt wird die strategische Neuausrichtung sein. Die Pläne dazu werden wohl in den kommenden Monaten veröffentlicht. Es ist davon auszugehen, dass sich die Belgier aus Märkten zurückziehen dürften, in denen sie im Geschäft mit den eigenen Marken keine ausreichenden Anteile haben. Das sorgt eventuell für Verkaufserlöse, vor allem aber für deutlich fallende Fixkosten. Im Geschäft mit den Handelsmarken werden sehr gute Cashflows erzielt. Zukunftsfähig dürften die eigenen Marken im Inkontinenzbereich sein. Hier stützt die Demografie die organische Entwicklung. Kommt die Neuausrichtung bei den Investoren gut an, sollte sich die Aktie ihrem inneren Wert nähern können, der bei rund 16 Euro liegen dürfte.
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