"Die weiße Weste hat Flecken bekommen", zitierte die "Wirtschaftswoche" Janne Werning von Union Investment am Freitag. Die Fondsgesellschaft entziehe der Daimler-Spitze daher das Vertrauen. Zudem habe der Autokonzern den Wandel zur Elektromobilität verschlafen. Die Abgasemissionen der Daimler-Flotte seien viel zu hoch, die SUVs des Autobauers "klimapolitisch fragwürdig".
Zuvor hatte der einflussreiche Aktionärsberater Glass Lewis den Daimler-Anteilseignern empfohlen, sich wegen der andauernden Diesel-Ermittlungen bei der Abstimmung über die Entlastung der Verwaltung zu enthalten.
In mehreren Gegenanträgen zu der im Internet abgehaltenen Versammlung kritisieren Kleinaktionäre die Daimler-Spitze scharf. Aufsichtratschef Manfred Bischoff habe über Jahre hinweg "das selbstherrliche Wirken" des frühren Konzernchefs Dieter Zetsche "anscheinend kritiklos hingenommen, statt die mangelhafte Strategie und das fehlende Kostenbewusstsein kritisch zu hinterfragen", heißt es in einem der Anträge. Der Dachverband der kritischen Aktionäre beantragt, die für 2019 vorgeschlagene Dividende von 90 Cent je Aktie zu streichen und das Geld stattdessen zum Ausgleich von Risiken in der Corona-Pandemie sowie für die Umstellung der Produkte weg vom Verbrennungsmotor und hin zu elektrischen Antrieben zu verwenden. Sorgen bereiten den Kleinaktionären die laufenden Diesel-Verfahren, für die Daimler hohe Rückstellungen bilden musste. Bereits 2019 verhagelten die zunehmenden Risiken im Abgasskandal die Bilanz des Autobauers.
Vor diesem Hintergrund lehnt auch Union Investment die Zahlung einer Dividende ab. Daimler brauche die Liquidität und zudem Kapital für Forschung und Entwicklung. "Das Geld sollte Daimler lieber in umweltfreundliche Antriebe investieren", sagte Werning. Die Fondsgesellschaft will zudem die Wahl von Telekom-Chef Tim Höttges in den Daimler-Aufsichtsrat nicht unterstützen. "Herr Höttges ist mit seinen Ämtern bei der Deutschen Telekom, Henkel und dem FC Bayern München schon heute mehr als ausgelastet", argumentiert Werning. Auch dazu gibt es einen Gegenantrag eines Kleinaktionärs.