Die politische Hauptverantwortung sehen FDP, Grüne und Linke - die Initiatoren des parlamentarischen Sondergremiums - bei Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warfen sie vor, sich "naiv" von Lobbyisten für die Interessen des mittlerweile insolventen Zahlungsabwicklers eingespannt haben zu lassen.
Die Aufsichtsbehörden seien ungeeignet, um digitale Geschäftsmodelle angemessen bewerten zu können. "Deutsche Aufsichtsbehörden sind nicht fit für das Internet-Zeitalter." Warnhinweise im Fall Wirecard aus dem Ausland seien allesamt versickert, sagte die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus. Die Bonner Finanzaufsicht BaFin habe Vorwürfe zu Unregelmäßigkeiten in der Wirecard-Bilanz nicht inhaltlich überprüft und eine tiefsitzende Skepsis gegenüber angelsächsischen Medien und Investoren an den Tag gelegt. Die mangelnde Internationalität irritiere. "Das fand ich in der Schärfe schon frappierend."
Der frühere Dax-Konzern war im Juni 2020 nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betruges, Marktmanipulation und Geldwäsche.
Scholz trage die politische Verantwortung für das Versagen der BaFin, so die Oppositionsparteien. "Die Bankenaufsicht der BaFin hätte den Konzern als Finanzholding einstufen können und müssen, was etwa auch Prüfungen in den Konzerntöchtern im Ausland ermöglicht hätte." Stattdessen habe die BaFin, aber auch die Münchner Staatsanwaltschaft, geglaubt, der Konzern sei Opfer von Investoren und Medien. Scholz' persönliche Rolle in dem Fall sei aber nicht zweifelsfrei geklärt worden. Dieser hat immer wieder eine Mitschuld weit von sich gewiesen.
"ES WAR VERHINDERBAR"
FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte, es habe überraschend viele Warnhinweise in den Jahren vor dem Wirecard-Kollaps gegeben, vor allem Anfang 2019. Diese hätten ein Eingreifen der Behörden erforderlich gemacht. "Es war verhinderbar." Fabio De Masi von den Linken ergänzte, stattdessen hätten viele Mitarbeiter in Behörden selbst mit Wirecard-Aktien gehandelt. "Das hätte ich so nicht für möglich gehalten."
Deutliche Kritik äußerten die Oppositionsparteien auch am jahrlangen Wirecard-Bilanzprüfer EY. "Die Prüfungstätigkeiten waren schlicht ungenügend." Eine kritische Grundhaltung sei nie erkennbar gewesen. Es fehlten Nachweise für große Teile der Geschäftstätigkeit und Bestätigungen für angebliche Treuhandkonten in Milliardenhöhe. EY habe im U-Ausschuss zudem gemauert. Damit sei dem Berufsbild schwerer Schaden zugefügt worden.
Die Regierungsfraktionen von Union und SPD wollen eine eigene Bewertung des Untersuchungsausschusses vorlegen. Von der AfD wird ein Sondervotum erwartet. Der Bundestag soll dann Ende Juni im Plenum über die Erkenntnisse beraten.
rtr