Die Übernahme des Münchner Lichtkonzerns Osram wird für den Chip- und Sensor-Hersteller AMS ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Österreicher haben mit ihrem Schachzug zwar die Konkurrenz zweier Finanzinvestoren aus dem Feld geschlagen. Doch muss AMS-Chef Alexander Everke bangen, ob ihm ausreichend Osram-Aktionäre ihre Anteilsscheine andienen. Bis zum Wochenende hat das nur ein Bruchteil getan, wie aus einer Pflichtmitteilung vom Montag hervorgeht. Mit 18,6 Prozent - den Großteil davon direkt gekauft - war AMS bis dahin weit von den 62,5 Prozent entfernt, die nötig sind, damit das 4,5 Milliarden Euro schwere Angebot erfolgreich ist. Bis Dienstag (24 Uhr) haben sie noch Zeit, die Aktien einzusammeln. An der Börse bröckelte die Osram-Aktie leicht auf 40,30 Euro ab, knapp unter der Übernahmeofferte über 41 Euro.

Die meisten institutionellen Investoren dienen ihre Aktien praktisch in letzter Minute an. Mit den gut neun Prozent, die der größte Osram-Aktionär, der Vermögensverwalter Allianz Global Investors hält, können die Österreicher rechnen. Die Tochter des Versicherungsriesen Allianz hatte bereits vor Wochen signalisiert, dass sie ihre Anteile andienen würde. Daran habe sich nichts geändert, auch wenn die Finanzinvestoren Advent und Bain Capital am Mittwoch vage Hoffnung auf eine höhere Offerte gemacht hatten, sagte eine mit den Überlegungen vertraute Person zu Reuters.

Mit einer Erhöhung auf 41 Euro je Aktie spielte AMS nach dem Vorstoß der Finanzinvestoren kurz vor Toresschluss den vielleicht entscheidenden Trumpf aus. Eine neuerliche Reaktion von Bain und Advent zeichnete sich am Montag nicht ab. Bain könnte derzeit wohl nur auf Zeit spielen und mit einer Änderung der bestehenden - aber chancenlosen - gemeinsamen Offerte mit dem bisherigen Partner Carlyle eine Verlängerung der Annahmefrist um zwei Wochen provozieren.

Doch das könnte AMS in die Hände spielen. Das wochenlange Hin und Her um Osram hat viele Privatanleger verunsichert, die knapp ein Viertel der Osram-Aktien halten. Bis Freitag hatten nur 3,3 Prozent die Offerte von AMS angenommen, bis Dienstag können viele von ihnen nicht mehr reagieren. Rund zehn Prozent an Osram liegen in Indexfonds, die ihre Aktien nicht abgeben dürfen, so lange die Übernahme nicht unter Dach und Fach ist. Um Fakten zu schaffen, haben die Österreicher 14,6 Prozent bereits direkt von Hedgefonds und anderen Osram-Anteilseignern gekauft.

IG METALL RÄT WEITER AB


Die Gewerkschaft IG Metall appellierte am Montag erneut an die Osram-Aktionäre, ihre Papiere zu behalten. AMS würde sich mit der Übernahme des drei Mal so großen Konkurrenten zu stark verschulden, fürchtet Birgit Dietze von der Berliner IG Metall. "Diese Verschuldung würde das gesamte Unternehmen von Beginn an in seiner Existenz gefährden und mit ihm die insgesamt 35.000 Arbeitsplätze von Osram und AMS", warnte sie. Die Gewerkschaft hatte früh klar gemacht, dass sie die Finanzinvestoren als neue Eigentümer von Osram bevorzugen würde, weil sie in die Zusagen von AMS kein Vertrauen hat.

Scheitert AMS an der 62,5-Prozent-Hürde, könnte das Ringen um Osram von Neuem beginnen. Bain und ihr neuer Partner Advent hätten dann genügend Zeit, die angekündigte Übernahmeofferte vorzubereiten. AMS wäre dagegen auf das Wohlwollen des Osram-Vorstandes angewiesen, um nochmals mitbieten zu dürfen. Denn nach einem gescheiterten Anlauf sind Bieter sonst für zwölf Monate gesperrt.

rtr