Hunderttausende New Yorker haben die Stadt verlassen. Wegen der Pandemie zogen sie in ländliche Gebiete, besonders beliebt sind Texas und Florida. Nicht nur weil es dort wärmer ist, sondern auch, weil die Lebenshaltungskosten und Landessteuern günstiger sind. Wüstenstaaten wie Arizona und Nevada erleben in Corona-Zeiten ebenfalls einen Zuzug.

Die Miete in Manhattan ist im Dezember im Schnitt um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 2.800 Dollar eingebrochen, weil fast dreimal so viele Wohnungen auf dem Markt waren wie noch vor einem Jahr. Fast sechs Prozent der Apartments stehen leer, das ist der dritthöchste Wert in der Geschichte. Und Vermieter bieten Rabatte wie seit der Finanzkrise vor 13 Jahren nicht mehr.

Viele Arbeitgeber ermöglichen Homeoffice, Arbeitnehmern fällt so die Entscheidung zur Stadtflucht leicht. Der Verlag Tribune Publishing schloss das Büro der "Daily News" in Manhattan gleich dauerhaft, so spart der Verlag Miete. Die Redaktion ist fortan zu Hause tätig. Der Kurznachrichtendienst Twitter in San Francisco kündigte an, Mitarbeiter könnten langfristig zu Hause arbeiten. Auch US-Konzerne wie Alphabet oder Visa unterstützen den allgegenwärtigen Homeoffice-Trend.

Biken boomt

In der Folge müssen viele Amerikaner nicht mehr pendeln und haben weitaus mehr Zeit. Sportliche Aktivitäten im Freien erfahren teils "explosives Wachstum", wie die amerikanische Marktforschungsgruppe NPD aus Einzelhandelsdaten schließt. Beispiel Radfahren: Im vergangenen Juni etwa sprang der Umsatz mit Ausrüstung laut NPD um 63 Prozent an. Fox Factory, ein Mittelständler aus Georgia, registriert Wachstumsraten von weit über 20 Prozent. Fox stellt qualitativ hochwertige Stoßdämpfer etwa für Mountainbikes, aber auch für Wohnmobile oder Schneefahrzeuge her. Hinzu kommen weitere Teile für Offroad-Fahrzeuge, die stark nachgefragt werden. Solche Zuwächse sind Anleger vornehmlich von Internetriesen wie Amazon oder Netflix gewohnt. Die Fox-Aktie hat sich seit April mehr als verdreifacht.

Viele Neuabenteurer kaufen auch Zelte und andere Outdoor-Ausrüstung. Der börsennotierte Nischenplayer Yeti Holdings aus Austin in Texas bedient dieses Klientel und erlebt eine unglaubliche Zeit. Outdoor-Kleidung, Getränkekühler oder wasserfeste Taschen gehen weg wie nie. Im dritten Quartal schnellte der Gewinn um 142 Prozent nach oben.

Viele Naturliebhaber setzen auch auf das Wohnmobil. Der bekannte US-Hersteller Winnebago Industries meldet ein Spitzenquartal nach dem nächsten. Die Marke Winnebago gilt unter Campingfans als Ikone. Die Werke in Iowa, Indiana, Minnesota und Florida laufen auf Hochtouren. Chef Michael Happe rechnet damit, dass sich der Boom im laufenden Jahr noch verstärkt. Das spielt auch Campingplatzvermietern wie Equity LifeStyle Properties in die Karten, der Hunderte Areale in Nordamerika besitzt. Über 90 seiner Flächen liegen in begehrten Lagen an einem See oder Fluss, 120 sind in Küstennähe. Die Bewirtschaftungskosten sind gering, die Profite groß.

Auch Wassersport ist sehr beliebt, auch, weil auf dem Wasser die Ansteckungsgefahr gering ist. Bootsbauer wie die Firma Marinemax profitieren. Das Unternehmen aus Clearwater in Florida verkauft neue und gebrauchte Boote für Angler und Sportfans und bietet Service für Jachtbesitzer. "Wir freuen uns, dass viele Menschen die Vorteile des Bootslebens wiederentdeckt haben", sagt Chef Brett McGill. Er rechnet mit langfristigem Wachstum. McGill glaubt, dass seine Kunden mit der Zeit noch größere Jachten und Boote kaufen.

Brunswick, ein Hersteller von Booten und Bootsmotoren der bekannten Marke Mercury, erlebt Ähnliches. Mitten in der Rezession stapeln sich die Bestellungen, die Lagerbestände der Händler sinken schneller, als sie aufgefüllt werden können. Dabei kosten die Boote ab etwa 75.000 Dollar aufwärts. Wer will, kann 80 Prozent des Kaufpreises finanzieren. Vor allem das margenstarke Geschäft mit Ersatzteilen und Zubehör läuft auf Hochtouren.

Das Unternehmen aus Illinois glänzt überdies mit guten Ideen: Die Tochter Freedom Boat Club will im Frühjahr in Delran/New Jersey den 250. Standort eröffnen, direkt am Delaware River. Der Klub kümmert sich um Kauf, Wartung, Versicherung und Lagerung der Gefährte. Die Mitgliederzahl schnellte seit Mai 2019 um 61 Prozent nach oben. 2020 organisierte der Klub mehr als 400.000 Übungskurse für Anfänger. Mitglieder können Boote nach einer Reservierung auch mieten.

Renaissance der Wasserski

Wer was auf sich hält, feiert auch Familienfeste und Partys auf dem Wasser. Zum Cocktail passt dabei der obligatorische Wasserskiläufer. Die Firma Malibu Boat aus Tennessee rollt seit 39 Jahren den Markt auf. In den USA ist Malibu Boat im Bereich der kleinen Sportboote zur Nummer 1 geworden. Doch noch nie war die Nachfrage so stark wie heute. "Unser Team hat einen phänomenalen Start in das Geschäftsjahr 2021 hingelegt", freut sich Chef Jack Springer.

Häuslichere Naturen bauen sich unterdessen einen Pool in den Garten - sehr zur Freude des US-Marktführers für Verbrauchsmaterialien und Pumpen, Pool Corporation. "Wir erleben gerade eine ungemein starke Nachfrage", sagt Chef Peter Arvan. Wer einen Pool hat, muss ihn pflegen, sonst wird das Wasser schnell unappetitlich grün, weil sich Algen breitmachen. Die hohen Ausgaben für einen Pool lassen sich aber rechtfertigen, wenn der Urlaub ins Wasser fällt. Wer an Reisekosten wie Hotels oder Airlines spart, kann das Geld eben anderswo ausgeben.
 


INVESTOR-INFO

Brunswick

Tempo im Wasser

Das Unternehmen stellt Boote und Bootsmotoren her (Mercury) und dominiert zusammen mit Yamaha den US-Markt. Zum Konzern gehört daneben die Fitnessgerätemarke LifeFitness, die in Corona-Zeiten eher leidet. Die Konzernzahlen stimmen dennoch: 2020 stieg der Umsatz von 4,1 auf 4,3 Milliarden Dollar, die operative Marge kletterte von 11,5 auf 12,4 Prozent. 2021 sollen es bis zu fünf Milliarden Dollar Umsatz werden. Analysten rechnen mit über 20 Prozent Gewinnplus.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 90,00 Euro
Stoppkurs: 59,00 Euro

Fox Factory

Attacke im Gelände

Hochpreisige Stoßdämpfer für Offroad-Fahrzeuge und Mountainbikes verkaufen sich bestens. Die Verlegung des Sitzes von Kalifornien nach Georgia war ein kluger Schachzug, die Firma hat jetzt Platz für zusätzliche Kapazitäten. Die Bilanz ist nahezu frei von Schulden. Die Bewertung ist hoch, das Wachstum jedoch auch: Analysten rechnen 2021 mit einem Umsatzplus von 17 Prozent, der Gewinn soll um rund 20 Prozent steigen.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 135,00 Euro
Stoppkurs: 96,00 Euro

Pool Corp.

Planschen im Garten

Das Unternehmen aus Louisiana vertreibt Schwimmbadzubehör in Nordamerika, Europa, Südamerika und Australien. Mit Utensilien wie Reinigern, Filtern oder Heizungen lässt sich sehr gut verdienen, Zubehör steht für 85 Prozent des Geschäfts. Kennzahlen wie Umsatz und Ergebnis sind auf Rekordjagd. Die Aktie ist ein Dauerläufer. Die Bewertung ist derzeit allerdings sehr hoch. Beobachten.

Empfehlung: Behaupten
Kursziel: 332,00 Euro
Stoppkurs: 259,00 Euro