Ein Paukenschlag zum Jahresende: Der US-amerikanische Pharmakonzern Pfizer übernimmt für sagenhafte 163 Milliarden Dollar seinen irischen Konkurrenten, den Botox-Hersteller Allergan. Auf dem Papier sieht es allerdings so aus, als würde Allergan Pfizer übernehmen. Auf diese Weise kann Pfizer seinen Sitz nach Irland verlegen. Auf der Insel fallen auf Unternehmensgewinne weniger als 20 Prozent Steuern an, in den USA will der Fiskus 25 Prozent. Verlockende Aussichten für einen Konzern, der jährlich unterm Strich mehrere Milliarden Dollar Gewinn macht.

Aktionäre könnten nun frohlocken. Bedeuten doch geringere Steuern auch mittelbar eine höhere Dividende. Doch bevor es so weit kommt, könnte es erst einmal teuer werden. Bei einem Blick in die Investoreninformationen, die Pfizer auf seiner Internetseite bereitstellt, beruhigt das Unternehmen seine Aktionäre: "Es werden im Rahmen der Übernahme weder in den USA noch in Irland Quellensteuern anfallen." Eine Information sollte deutsche Anleger allerdings aufhorchen lassen: Die Pfizer Inc. verwandelt sich beim Umzug nach Irland in die Pfizer Plc.

Konkret bedeutet das, die alte Pfizer-Aktie wird aus dem Depot ausgebucht und durch eine neue des Unternehmens ersetzt. Noch ist unklar, wie es konkret ablaufen wird, aber in der Vergangenheit haben deutsche Banken einen vergleichbaren Tausch zum Anlass genommen, Kapitalertragsteuer einzubehalten. Denn ganz praktisch betrachtet wird eine Aktie ausgebucht, was einem Verkauf gleichkommt.

In Zahlen: Wer vor vier Jahren Pfizer beispielsweise für 15 Dollar gekauft hat, dem würde, sofern die Aktie zum Zeitpunkt der Fusion bei 35 Euro notiert, ein Gewinn von 20 Euro je Aktie mit gut vier Euro (25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer) versteuert. Fein raus wären lediglich Aktionäre, die Pfizer bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer gekauft haben. Vor 2009 galt die Regel, dass Kursgewinne beim Verkauf steuerfrei sind, wenn die Aktie länger als ein Jahr im Depot gehalten wurde.

"Kapitalmaßnahmen ausländischer Unternehmen haben oft ein steuerliches Nachspiel für deutsche Anleger. Ein Tausch, wie er bei Pfizer geplant ist, fällt unter den Paragrafen 20 Absatz 2 und wird besteuert", sagt Dirk-Ralf Gloger, Steuerberater bei der Frankfurter Kanzlei Roever Broenner Susat Mazars. Sofern die Transaktion aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen erfolgt, würden die neuen Aktien mit den Anschaffungskosten der alten Aktien eingebucht. "In diesem Fall entsteht zunächst kein Gewinn", so Gloger.

Von diesem Szenario geht auch WM-Datenservice aus, ein Unternehmen, das Kapitalmaßnahmen für deutsche Banken steuerrechtlich bewertet. Die Umbuchung sei ein steuerneutraler Vorgang, bei dem die Anschaffungskosten der hingegebenen Anteile in den neuen Anteilen fortgeführt werden. "Wirklich sicher kann man sich aber erst sein, wenn die Kapitalmaßnahme vollzogen ist," ergänzt Steuerberater Gloger. Im Fall Pfizer wird dies wohl noch bis zur Hauptversammlung im nächsten April dauern.

Bei inländischen Transaktionen fällt keine Steuer an. So waren etwa die 2014 an Siemens-Aktionäre ausgegebenen Osram-Anteile steuerfrei. Wenn die Kapitalmaßnahme allerdings im Ausland stattfindet, können auch dort Steuern anfallen. Hintergrund: Unternehmen in anderen Ländern kümmern sich in der Regel nicht um das Steuerrecht der Länder, in denen ihre Kleinaktionäre ansässig sind.

So geschehen, als das US-Unternehmen Medtronic - ebenfalls im Rahmen einer Übernahme - seinen Sitz nach Irland verlegte. In diesem Zusammenhang kassierte der US-Fiskus 30 Prozent Quellensteuer. Mit einem eigens aufgesetzten Schreiben an die US-Behörden konnten die Anteilseigner die Abgabe nachträglich auf 15 Prozent senken. Nun können Medtronic-Anleger versuchen, im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2015 einbehaltene Beträge zurückzufordern.

Anleger von Google hatten damit im vergangenen Jahr Erfolg. Ihnen waren neue Google-Aktien eingebucht worden, die voll besteuert wurden. Nach einiger Zeit gab das Bundesfinanzministerium bekannt, dass die Einbuchung neuer Aktien steuerfrei zu behandeln ist.

Vorsicht bei Wincor Nixdorf



Auch Aktionäre von Wincor Nixdorf müssen sich auf etwas gefasst machen. Der Geldautomatenhersteller wird im Frühjahr 2016 von seinem US-Konkurrenten Diebold übernommen. Wincor-Nixdorf-Aktionäre sollen im neuen Jahr ein Angebot von 38,98 Euro und 0,434 Diebold-Aktien pro Anteil erhalten. Das entspricht einem Wert von 53 Euro. Ein Wincor-Nixdorf-Papier war am Montag 48,02 Euro wert. Für deutsche Anleger kann die Übernahme teuer werden. Sie werden neben der Barabfindung wohl auch die neu eingebuchten Diebold-Aktien versteuern müssen.

Wenn ausländische Unternehmen Kapitalmaßnahmen beschließen, sollten deutsche Anleger vorsichtig sein. Unter Umständen kann es sich lohnen, die Aktie zu verkaufen, um später wieder einzusteigen.