Der 78 Jahre alte Bischoff scheidet mit der Hauptversammlung 2021 aus dem Aufsichtsrat aus. "Pischetsrieder ist einer der international anerkanntesten Automobilexperten", begrüßte er die Festlegung auf seinen Nachfolger. Investoren sprachen aber von einer Verlegenheitslösung. Eigentlich war der frühere Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche für den Posten vorgesehen. Er hatte aber im September nach wachsender Kritik von Investoren an seiner Bilanz in Diensten des Oberklasse-Herstellers verzichtet.
Fondsmanager Michael Muders von Union Investment sprach von einer überraschenden Nominierung. "Seine fachliche Kompetenz ist unbestritten, aber er kann das Amt aufgrund seines Alters nur bis 2024 ausüben." Pischetsrieder gehört dem Aufsichtsgremium von Daimler seit 2014 an, sein Mandat läuft noch bis 2024. Dann ist er für eine Wiederwahl für eine weitere Amtszeit eigentlich zu alt. Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats sieht "in der Regel" eine Altersgrenze von 72 Jahren vor; Pischetsrieder wäre dann schon 76. Ein Sprecher betonte, die Regel sei eine "Kann-Bestimmung", auch Bischoff sei bei seiner letzten Wahl schon älter gewesen. Marc Tüngler von der Aktionärsvereinigung DSW nannte Pischetsrieder eine "Not- und maximal Übergangslösung".
Bischoffs Abschied stand schon länger fest. Der ehemalige Dasa-Chef und EADS-Aufsichtsratschef steht seit 2007 an der Spitze des Gremiums. Für seine Nachfolge war der scheidende Siemens-Chef Joe Kaeser als aussichtsreicher Kandidat gehandelt worden. Dem "Handelsblatt" zufolge könnte Telekom-Chef Tim Höttges Pischetsrieder in zwei oder vier Jahren ablösen. Er genieße Akzeptanz bei Betriebsräten und Politik. Höttges sitzt seit dem Sommer im Daimler-Aufsichtsrat. Der Vertrag des 58-Jährigen bei der Telekom läuft 2024 aus.
BEI BMW UND VW GESCHEITERT
Bischoff erklärte, er schätze Pischetsrieder menschlich und fachlich sehr: "Er hat die Entscheidungen, den Konzern zu digitalisieren und das Produktportfolio zu elektrifizieren und damit neu auszurichten, intensiv begleitet." Zetsche waren nach dem Führungswechsel auf Ola Källenius unter anderem Versäumnisse bei der Elektroauto-Strategie vorgeworfen worden. Sowohl bei BMW als auch bei VW hatte Pischetsrieder vorzeitig gehen müssen. In München wurde ihm 1999 die unglückliche Übernahme von Rover zum Verhängnis, in Wolfsburg hatte er sich 2006 mit Großaktionär und Aufsichtsratschef Ferdinand Piech überworfen. Pischetsrieder war bis 2019 Aufsichtsratschef des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück, wo er für den ehemaligen Vorstandschef Nikolaus von Bomhard Platz machte.
Nach der Daimler-Hauptversammlung am 31. März 2021 sollen drei neue Mitglieder in den Aufsichtsrat einziehen: Die frühere Nestle-Managerin Petraea Heynike und BASF-Aufsichtsratschef Jürgen Hambrecht scheiden gemeinsam mit Bischoff aus. Gewählt werden sollen dann die Cisco-Managerin Elizabeth Centoni, Shell-Chef Ben van Beurden und BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller.
rtr