Mehr als 80 Prozent Börsenwert hat die Aktie von Plug Power in den letzten sechs Wochen gewonnen. Mit diesem Comeback hebt sich das US-Unternehmen auch von der zuletzt wieder positiven Wertentwicklung aller auf Wasserstofftechnologien spezialisierten Firmen ab. Noch vor einem Jahr hatte eine enorme Euphorie den gesamten Sektor befeuert, die von der Frühjahrskorrektur abrupt beendet wurde. Dass Plug Power im dritten Quartal die Umsatzerwartungen leicht verfehlte, hat der neuen Begeisterung keinen Dämpfer versetzt. 143,9 Millionen Dollar und damit 35 Prozent mehr als noch vor einem Jahr hat Plug Power erlöst. Zugleich erhöhte sich der Konzernverlust von 65,2 auf 106,7 Millionen US-Dollar.
Im Hinblick auf die Kommerzialisierung seiner Produkte ist das Geschäftsmodell von Plug Power reifer als das der meisten Wettbewerber. Die Amerikaner setzen besonders auf den sogenannten grünen Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. "Mit drei Milliarden US-Dollar an Cashreserven, einem vertikal integrierten Produktsortiment und einem dynamischen Umsatzwachstum sehen wir im Segment grüner Wasserstoff kaum Investments mit einem größeren Hebeleffekt", begründet Analyst James West von Evercore seine Kaufempfehlung. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Alexander Funk, Fondsmanager bei Ökoworld, der aktuell nicht in Wasserstoffunternehmen investiert ist: "Plug Power bietet Skalierbarkeiten in der Produktion. Zugleich bilden langjährige Partnerschaften mit Industriekonzernen auf allen Kontinenten die Basis für regelmäßige Einnahmen vor der eigentlichen Kommerzialisierung von Produkten." Dank der Kooperationen muss Plug Power selbst geringere Summen investieren, kann schneller größere Projekte realisieren, sichert sich Absatzkanäle und senkt das eigene Risiko. Denn neben den technologischen Hürden bilden die hohen Anlaufkosten für den Aufbau einer Infrastruktur aus Tankstellen, Transportwegen und Produktionsstätten für grüne Energie das größte Hindernis für technologische Weiterentwicklungen. Zum Einsatz kommen die Brennstoffzellen und Elektrolyseure von Plug Power bislang bei Kunden aus Transport und Logistik, etwa bei Herstellern von Gabelstaplern.
Bahnbrechende Kooperationen
Das im Juni 2021 zusammen mit dem französischen Autokonzern Renault ins Leben gerufene Gemeinschaftsunternehmen Hyvia soll ein komplettes Ökosystem errichten. Dazu gehören leichte Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb, die Versorgung mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff, Tankstellen, Wartung und Flottenmanagement. Den ersten Wasserstoff-Van mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern, der in wenigen Minuten betankt werden kann, hat Hyvia gerade vorgestellt. Dazu hat Plug Power eine Kooperation mit Airbus gestartet. Im Rahmen dieser Vereinbarung sollen Einsatzszenarien für eine grüne Wasserstoffinfrastruktur an Flughäfen entwickelt werden.
Ein Joint Venture für die Wasserstoffmärkte in Asien läuft mit SK E & S, der Energie-Tochtergesellschaft des südkoreanischen Konzerns SK. Bis 2024 sollen eine Wasserstoff-Gigafabrik und ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Südkorea stehen. Des Weiteren wurde mit Fortescue Future Industries ein 50-50-Joint-Venture eingegangen, um eine Gigafactory in Australien zu bauen. Im Rahmen der Partnerschaft beabsichtigen die beiden Unternehmen den Bau einer Zwei-Gigawatt-Fabrik zur Herstellung von großtechnischen Protonenaustauschmembran-Elektrolyseuren (PEM).
Für 2022 hat Plug Power gerade die Umsatzprognose auf 900 bis 925 Millionen US-Dollar angehoben. Eine Rolle spielt die gerade übernommene Frames Group aus den Niederlanden, die seit 2017 bei der Systemintegration der sogenannten Stack-Technologie für die Elektrolyse mit Plug Power kooperiert. Drei Milliarden US-Dollar Jahresumsatz, eine im Branchenvergleich stramme Bruttomarge von 30 Prozent und unterm Strich schwarze Zahlen hat sich Plug Power für 2025 zum Ziel gesetzt. Schafft das US-Unternehmen diese Zielvorgabe, wäre der Hersteller von Systemen für Wasserstoff-Brennstoffzellen weltweit das mit Abstand größte Unternehmen, das ausschließlich Umsätze mit der Produktion von grünem Wasserstoff erzielt. Im Erfolgsfall würde Plug Power mit den in den nächsten Jahren erwarteten Milliardenumsätzen auch in die sportliche Aktienbewertung zügig hineinwachsen. Die aktuelle Marktkapitalisierung entspricht dem 40-Fachen des 2021 erwarteten Umsatzes. Dann sollte die Aktie in dreistellige Kursregionen abheben. Die politischen Rahmenbedingungen für einen solchen Höhenflug haben sich verbessert. So sind im 1,2 Billionen US-Dollar schweren Infrastrukturpaket, das der US-Kongress verabschiedet hat, 130 Milliarden US-Dollar für die Förderung von erneuerbaren Energien vorgesehen.
Klar ist aber auch: Plug Power ist keineswegs ein Witwen-und-Waisen-Papier, sondern bleibt eine hochspekulative Aktie. Wer sich den Titel ins Depot legt, muss auch größere Kurseinbrüche aushalten können - oder besser konsequent Stoppkurse einhalten und bei einer Bodenbildung wieder zuschlagen. Langfristig hat der US-Konzern das Zeug, ähnlich wie Tesla bei den Elektroautos, zum Vorreiter in seiner Marktnische aufzusteigen. Wir erhöhen das Kursziel und ziehen den Stopp nach.
Mit Brennstoffzellen und Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, verfügt Plug Power über zwei schnell wachsende Einnahmequellen. Spekulativ kaufen. Empfehlung: Kaufen