Als ob die Dinge nicht kompliziert genug wären: Jetzt wollen die USA auch noch Sonderzölle auf Oliven aus Spanien einführen. Die seien unzulässig subventioniert. Dabei ist das Land von der iberischen Halbinsel einer der wichtigsten Lieferanten für den amerikanischen Markt. Ohne Spanien geht nichts: insbesondere bei geschnittenen schwarzen Oliven, die für Fertigpizzen gebraucht werden, die wiederum in den USA in großen Mengen verzehrt werden.
Der Oliven-Gau ist aber keinesfalls nur eine Anekdote - er beschäftigt die große Landespolitik. Dabei hat die amtierende Regierung in Madrid dafür eigentlich gar keine Zeit. Die ist mehr mit sich selbst beschäftigt. Erst seit Mitte 2018 lenkt sie die Geschicke Spaniens - und schon ist sie krachend gescheitert.
Ambitioniert wie Kollege Macron
Am 28. April kommt es zu vorgezogenen Neuwahlen, weil Premier Pedro Sánchez zuvor mit seinem Haushaltsentwurf im Parlament gescheitert war: keine Mehrheit für den einstigen sozialistischen Oppositionschef. Dabei waren die Hoffnungen groß in der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone: Sánchez, der nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum im vergangenen Jahr das Amt des Premierministers vom konservativen Mariano Rajoy übernommen hatte, wollte alles besser machen.
Ähnlich ambitioniert wie in Frankreich Emmanuel Macron, hatte er eine eigentlich fähige Regierungsmannschaft aus Politik und Zivilgesellschaft zusammengestellt. Doch für die wirklich wichtigen Projekte fehlte ihm von Anfang an die Unterstützung des Parlaments. Sowohl auf die katalanischen Separatisten, die ihm noch ins Amt geholfen hatten, als auch auf die linksradikale Podemos war kein Verlass.
Ein Déjà-vu: Auch Rajoy konnte in den Jahren davor mit seiner Minderheitsregierung kaum etwas umsetzen. Stillstand prägt weiterhin das Land. Keine großen Reformen - weder auf dem Arbeitsmarkt noch in anderen wichtigen Bereichen wie Bildung oder Forschung. Einziger vermeintlicher Erfolg: Sánchez hob den Mindestlohn für 1,3 Millionen Spanier an. Per Dekret um 22 Prozent - trotz Warnungen der Unternehmer und Ökonomen, dass damit Arbeitsplätze verloren gingen.
Vielleicht erstaunlich: Die relative Untätigkeit der Regierung schlägt sich noch nicht einmal besonders in der Konjunktur nieder. Die Regierung senkte ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr nur marginal von 2,3 auf 2,2 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es 2,4 Prozent - auch weil man den sechsten Touristenrekord in Folge feiern konnte. Insgesamt reisten 2018 rund 83 Millionen Urlauber in das Land und sorgten für Einnahmen von 90 Milliarden Euro. Die Arbeitslosigkeit liegt vor allem auch deswegen inzwischen auf dem niedrigsten Niveau seit 2008. Interessanter Nebenaspekt: Trotz der gut laufenden Konjunktur schwächt sich die Inflation immer weiter ab - auf zuletzt nur noch 1,0 Prozent.
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Besser als CAC, MIB und DAX
Dass die Konjunktur recht stabil ist, zeigt sich auch am Aktienmarkt. Seit Premier Sánchez die Regierung führt, schneidet der spanische Leitindex IBEX 35 im europäischen Vergleich sehr gut ab. Die Leitindizes der drei größten Volkswirtschaften im Euroraum liegen alle hinter dem IBEX, angefangen vom französischen CAC 40 über den italienischen MIB bis hin zum DAX.
Eine Aktie, die sich besonders gut macht, ist Cellnex, ein Betreiber von Mobilfunk-Infrastruktur, der 28 000 Anlagen in Spanien, Italien, den Niederlanden, Großbritannien und der Schweiz unterhält. Damit nicht genug: Das Unternehmen ist weiter auf Expansionskurs. Gerade erst hat Cellnex-Chef Marco Patuano Interesse am italienischen Konkurrenten Inwit bekundet. Das Unternehmen ist ebenfalls im Bereich Netzwerkinfrastruktur tätig und besitzt, betreibt und vermietet rund 11 500 Mobilfunktürme in Italien. Generell will Cellnex seine Position in den Bereichen "Intelligente Städte" und "Internet der Dinge" weiter ausbauen.
Técnicas Reunidas wiederum bietet Komplettlösungen im Bereich Entwicklung, Akquisition und Konstruktion von Industrie- und Kraftwerken an. Seit April 2008 gehört das Unternehmen zum IBEX-Leitindex. 70 Prozent des Geschäfts werden im Ausland gemacht, vor allem in Lateinamerika und China, aber auch im Nahen Osten. Nach schwachen Monaten läuft es seit Ende 2018 wieder besser. So gab es Aufträge in Milliardenhöhe in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in Abu Dhabi.
Amadeus IT ist ebenfalls interessant. Das Software-Unternehmen ist marktführend im Bereich Flugreservierungssysteme sowie IT-Lösungen für Airlines und die gesamte Touristikindustrie. Das Unternehmen profitiert direkt von der steigenden Zahl von Urlaubs- und Geschäftsreisen. Die Mittelzuflüsse werden für den Aufbau neuer Geschäftsfelder verwendet, etwa für Cloud-basierte Buchungssysteme an Flughäfen oder Reisedatendienste für Fremdenverkehrsämter.
Für das neue Jahr stellt Amadeus-Chef Luis Maroto ein Umsatzwachstum im niedrigen zweistelligen Prozentbereich in Aussicht. Das Wachstum beim Gewinn soll im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich liegen. "Wir sind hinsichtlich unserer finanziellen Entwicklung im Jahr 2019 zuversichtlich", so Maroto. Ausblick und Zahlen wurden an der Börse indes mit Enttäuschung aufgenommen. Die Aktie verlor zunächst recht deutlich. Dennoch: Die starke Marktstellung und die Konsolidierung sprechen für einen Einstieg auf verbilligtem Niveau.
Und schließlich Viscofan aus dem Baskenland: Das in der Nähe von Pamplona beheimatete Unternehmen ist weltweit führender Hersteller von künstlichen Wursthüllen. Die Spanier vertreiben ihre Produkte aus Zellulose, Collagen und Kunststoff in mehr als 100 Ländern. Produziert wird auch weltweit, in Belgien, Brasilien, China, Deutschland, Mexiko, Serbien, Tschechien und Uruguay.
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Weil die Produktion sehr kapitalintensiv ist, muss sich Viscofan nicht allzu sehr vor Konkurrenten fürchten. Dazu kommt die steigende Nachfrage durch mehr Fleischkonsum und bessere Lebensmittelsicherheit in den Schwellenländern. Ebenfalls ein Pluspunkt ist die ordentliche Dividendenpolitik des Unternehmens. Aktuell liegt die Rendite bei 3,2 Prozent.
Weniger zu holen gibt es am Anleihemarkt. Vorbei sind die Zeiten, als wegen der Eurokrise mit zehnjährigen Spanien-Anleihen Renditen von sechs Prozent drin waren. Im Gegenteil: Papiere aus Madrid gelten inzwischen als solide. Im Januar sorgte das Land am Markt für Aufsehen. Die Iberer bekamen für eine neue Anleihe, mit der sie zehn Milliarden Euro einnehmen wollten, Aufträge im Gegenwert von 46,5 Milliarden Euro - das größte Orderbuch für eine Anleihe in der Geschichte des Landes. Die Anleger bekamen das zehnjährige Papier schließlich zu einer Rendite von knapp über 1,46 Prozent. Aktuell sind es sogar nur noch 1,1 Prozent. Zum Vergleich: Die zehnjährige Bundesanleihe rentiert bei ungefähr 0,09 Prozent. Spaniens Kreditwürdigkeit wird mit "A-" respektive "BBB" benotet.
Schwierig zu beurteilen bleibt, ob die Neuwahl der guten Börsenentwicklung ein Ende setzt. Laut einer aktuellen Umfrage könnten die Sozialisten unter dem Nochpremier Sánchez weiterhin stärkste Kraft bleiben. Allerdings - und das ist der Knackpunkt in Sachen Regierungsmehrheit - hätte das konservative Lager insgesamt knapp die Nase vorn. Ein Bündnis aus der Volkspartei Partido Popular, den liberalen Ciudadanos und der recht staken rechtsnationalen Vox wäre demnach auch möglich.