Porsche
ein Ausrufezeichen nach dem andern setzen. Die vorläufige Modellbezeichnung des Fahrzeugs: Mission E. Für Oliver Blume ist dieser Name auch Programm. Er hat den Mission E zu seiner Mission gemacht. Der 47-Jährige ist seit 1. Oktober 2015 Vorstandsvorsitzender von Porsche. Er folgte auf Matthias Müller, der an die Spitze des Mutterkonzerns Volkswagen rückte. BÖRSE ONLINE sprach mit dem promovierten Maschinenbauingenieur über die Mobilität der Zukunft und die neue Konkurrenz aus der Hightechbranche.Börse Online: Herr Blume, der Mission E ist Porsches erstes rein batteriegetriebenes Auto. Damit betreten Sie allerdings Neuland. Wie groß ist das Risiko?
Oliver Blume:
Ja, es ist ein neues Auto. Aber nein, es ist keineswegs so, dass wir bei der Elektromobilität ganz von vorn anfangen müssten. Vielmehr besinnen wir uns auf unsere vorhandenen Stärken. Erstens: Porsche hat den Hybridantrieb erfunden. Das ist lange her, deshalb vergisst man das leicht. Zweitens: Wir waren der erste Premiumhersteller, der Hybridantriebe in drei unterschiedlichen Fahrzeugklassen angeboten hat. Wer hat uns das zugetraut? Aber das ist - drittens - alles nichts gegen das, was wir im Rennsport mit Elektro erreicht haben. Nach einer perfekten Saison sind wir im November Weltmeister auf der Langstrecke geworden.Zugegeben: Mit dem 919 Hybrid sind Sie der Konkurrenz auf und davon gefahren. Aber was davon hat wirklich Nutzen für die Serie?
Das Auto ist unser Technologieträger, Neues zu testen, das dann in der Serie angewandt wird. Nehmen Sie zum Beispiel das weltberühmte 24-Stunden-Rennen in Le Mans, das wir gewonnen haben. Es ist ein extremer Härtetest für die Haltbarkeit von Batterien. Sie erleben dort mehr Ladezyklen als während der gesamten Lebensdauer eines Plug-in-Hybrids für die Straße.
Das in Le Mans erworbene Know-how kommt allerdings nur einem sehr kleinen, erlesenen Kundenkreis zugute. Porsche trägt bekanntlich nicht gerade zur Massenbewegung bei.
Dafür sind unsere Autos auch nicht da. Aber es sind unsere Ideen, die Elektromobilität massentauglich machen.
Der Ölpreis fällt, das macht vielen Menschen den Einstieg in die teure Elektromobilität noch schwerer. Hat sich die Politik mit ihren ehrgeizigen Prognosen verschätzt?
Tatsache ist: Wir wollen und können das Rad nicht zurückdrehen, wir haben keine Wahl. Und man muss kein Hellseher sein, um beim Ölpreis wieder eine Gegenbewegung vorauszusagen. Die aktuelle Entwicklung ist trügerisch. Tatsache ist aber auch, dass wir ohne Anschubhilfe nicht das erreichen werden, was uns als Idealbild auf breiter Ebene vorschwebt: der Ruck in eine neue Zeit.
Sie denken an Steuererleichterungen?
Nein, nicht unbedingt. Viel wichtiger ist eine solide Ladeinfrastruktur. Will man den Durchbruch für Elektroautos schaffen, wird es ohne nicht gehen.
Der Satz könnte auch von Elon Musk stammen, dem Gründer Ihres Konkurrenten Tesla. Wie stehen Sie zu Ihrem Mitbewerber?
Tesla hat viele neue Aspekte eingebracht. Das hat der Branche echte Impulse gegeben. Das verdient Respekt. Wirtschaftlich erfolgreich ist das trotzdem noch nicht. Unsere Antwort ist: Traditionelle Sportwagen-Gene aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung mit frischen Ideen und mutigen Denkweisen zu verknüpfen. Doch das ist noch nicht alles. Die Investition in eine neue Baureihe bei Porsche ist immer auch ein Renditeversprechen. Andernfalls lassen wir es lieber.
Innovationen zum Thema Mobilität kommen längst nicht mehr nur aus der Autoindustrie. Wie ernst nehmen Sie neue Wettbewerber wie Apple, Google oder Microsoft?
Kann Apple einen vergleichbaren Porsche bauen? Nein. Will Apple einen Porsche bauen? Nein. Muss Porsche dann Apple als Konkurrenz fürchten? Dreimal nein. Können wir Apple & Co deshalb ignorieren? Auf gar keinen Fall! Mich beeindruckt die ungeheure Technologiedynamik dieser Unternehmen. Wir können nur davon lernen, und wir müssen sehen, wie es um unsere Kompetenzen bestellt ist, um mit diesen Spielern umgehen zu können. Entweder wir haben sie, oder wir müssen sie aufbauen. Es wäre geradezu fahrlässig, wenn wir die stark veränderte Welt der Mobilität nicht zur Kenntnis nehmen und unsere Schlüsse daraus ziehen würden. Vernetzung etwa ist ein großes Thema. Unsere Autos sollen sich sinnvoll mit der Umgebung verbinden. Doch für uns gehört ein iPhone in die Tasche, nicht auf die Straße.
Die Automobilindustrie entwickelt sich vom reinen Fahrzeughersteller zum Mobilitätsanbieter. Muss sich auch Porsche wandeln?
Selbstverständlich. Auch wir kommen nicht daran vorbei, dass sich die Ansprüche der Kunden an unsere Fahrzeuge verändern. Elektrifizierung, Digitalisierung, Konnektivität - das sind die großen Drei des Automobilbaus im neuen Jahrhundert. Es wird künftig entscheidend darauf ankommen, wie wir das Kauf- und Nutzungsverhalten unserer Kunden auf neue Fahrzeuggenerationen übertragen und trotzdem unseren Grundfesten treu bleiben. Wo Porsche drauf steht, muss immer auch Porsche drin sein. Ich nenne das emotionale Sportlichkeit.
Wird der Mission E ein selbstfahrendes Auto?
Gehen Sie davon aus, dass dieses Fahrzeug alles bieten wird, was man von einem echten Porsche erwarten kann, vor allem ein unverwechselbares Fahrerlebnis inklusive Fahrspaß. Die Technik des Autos ist radikal neu. Aber die Philosophie dahinter ist Porsche pur. Unser Ziel ist es immer gewesen, das sportlichste und technologisch anspruchsvollste Fahrzeug in jedem unserer Marktsegmente anzubieten. Das ist so bei den reinen Sportwagen 911 und 718, das ist so bei Cayenne, Macan und Panamera - und das wird so sein beim Mission E.
Was halten Sie von der Idee eines autonom fahrenden Porsche?
Nicht allzu viel. Einen Porsche will man selbst fahren. Es gibt aber viele interessante Teilfunktionen.
Der Mission E ist der erste rein batteriegetriebene Porsche. Wird es weitere geben?
Wir konzentrieren uns erst einmal darauf - und auf die Hybridisierung unserer Flotte. Wir wollen bei allen Baureihen eine solche Lösung anbieten.
Auch beim 911?
Auch beim 911.
Wann?
Ab 2018. Der 911-Plug-in-Hybrid hat dann eine mehr als 50 Kilometer rein elektrische Reichweite, so wie wir es nächstes Jahr schon im Panamera anbieten werden.
Und wann kommt der Mission E auf den Markt?
Ende des Jahrzehnts ist es so weit.
Wie viele davon werden Sie bauen?
Auf jeden Fall genug.