Umwelt- und Klimaschutz werden die politische Agenda weltweit wesentlich mitbestimmen. Die Finanzbranche reagiert ebenfalls. Mit Anbietern wie La Française erweitert sich laufend auch das Fondsangebot. Wir haben mit Fondsmanagerin Nina Lagron gesprochen.


Börse Online: Wie sehen Sie das Ergebnis der Klimakonferenz von Madrid?
Nina Lagron: Es war eine große Enttäuschung, aber absehbar. Wir gehen nun davon aus, dass es im nächsten Jahr konkrete Zielsetzungen geben wird. Bis zur nächsten Klimakonferenz muss außerdem Thema sein, wie konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können. Letztlich bringt das Ergebnis die Firmen aber nicht von ihrem verfolgten Weg ab. Bei der Automobilindustrie und anderen stark regulierten Industrien wären klarere Vorgaben jedoch besser gewesen.

Wenn man die Top-Positionen Ihres Fonds mit Titeln wie Microsoft, Amazon, Visa oder Walmart betrachtet, vermutet man, dass es sich wohl um einen weiteren Fonds mit Best-in-Class-Ansatz handeln muss?
Bis 2013 haben wir bei La Française tatsächlich einen Best-in-Class-Ansatz in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen, kurz ESG, verfolgt. Das bietet aber wenig Wahlmöglichkeiten. Seit dem Einstieg bei Inflection Point, einem Analyse- und Beratungsunternehmen, das wir inzwischen vollständig übernommen haben, erzielen wir mit unserem Konzept der ESG-Integration bessere Ergebnisse, wir nutzen ein stärkeres ESG-Momentum. So wählen wir viele Unternehmen aus, die noch einen recht großen CO2-Fußabdruck haben und diesen merklich vermindern. Bei Best-in-Class ist der Abdruck dagegen oft schon relativ klein. Unser Ansatz differenziert und wir richten den Blick nach vorne. Wer hat mit seinem Handeln großen Einfluss? Allerdings filtern auch wir zunächst die 20 Prozent der schlechtesten Unternehmen heraus.

Wie gehen Sie bei der Gewichtung vor?
Wir unterscheiden zwischen Übergangs­unternehmen, Wegbereitern und Lösungsanbietern. Derzeit enthält unser Portfolio etwa 40 Prozent Übergangsunternehmen, die in allen Sektoren tätig sein können, sich aber auf eine geringere CO2-Bilanz einstellen. Etwas unter 60 Prozent sind Wegbereiter aus weniger CO2-intensiven Sektoren, die Technologien zur CO2-Reduktion bereitstellen. Gering ist dagegen der Anteil der Lösungsanbieter aus der reinen Umweltbranche, die schon heute nahezu keine CO2-Emissionen mehr haben. Hier handelt es sich meist um kleine Firmen, die auch an den Börsen sehr volatil sein können. Übergangsunternehmen können mit einer klaren Strategie zur Dekarbonisierung Kosten reduzieren und so Marktanteile halten oder steigern. Die Wegbereiter weisen im Allgemeinen ein starkes Wachstum im Vergleich zu anderen Unternehmen ihrer Industrie auf. Außerdem haben sie meist einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck als ihre Wettbewerber.

Welche Datenbasis nutzen Sie bei der Einschätzung der CO2-Emissionen der Unternehmen? Wie verlässlich ist sie?
Die Daten kommen vom Carbon Disclosure Project (CDP), an das sie von den Unternehmen gemeldet werden. Aus unserer Sicht sind es die besten verfügbaren Daten, wobei sie zum Teil auditiert sind, zum Teil nicht. Künftig erwarten wir hier strengere Anforderungen durch die Regulatoren. Wir gehen außerdem davon aus, dass völlig transparente Emissionsdaten einmal so selbstverständlich in die Bewertung eines Unternehmens einfließen wie heute schon Finanzkennzahlen.

Was können Investitionen in Unternehmen wie Amazon oder UPS, die unter anderem für lange Lieferketten stehen, für den Umwelt- und Klimaschutz bewirken?
UPS optimiert allein in den USA täglich 55 000 innerstädtische Lieferwege und schon kleine Emissionsreduktionen pro Fahrzeug entfalten hier große Wirkung. Und als Branchenführer regt UPS zugleich Konkurrenten wie Fedex an, ebenfalls aktiv zu werden. Die Wettbewerbsspirale in Sachen CO2-Reduktion ist im vollen Gange - zum Nutzen der Umwelt und der Investoren. Amazon hat gerade sein Ziel, CO2-neutral zu werden, von 2050 auf 2040 vorgezogen. Bis 2022 will man 200 000 elektrische Lieferfahrzeuge auf die Straße bringen. Auch hier sorgt die Größe für einen entsprechenden Impact.

Wie beurteilen Sie die neue VW-Strategie?
Natürlich ist es immer risikoreich, 40 Milliarden in eine neue Technologie zu investieren. Wir sind aber schon lange in Volkswagen investiert. Aus unserer Sicht bedeutete Dieselgate entweder den Untergang oder den Start in eine neue Ära. Seit Ende Oktober wird jetzt der ID3 produziert, und wir sind relativ zuversichtlich. Im Allgemeinen wird 2024 die Kostenparität von Elektrofahrzeugen erwartet, bei Volkswagen sehen wir sie eher schon 2022. Aber natürlich müssen bei der Ladeinfrastruktur auch die Regierungen noch nachlegen.