Alarmstimmung im sonst so beschaulichen Kanada: Am 21. Januar hat die Notenbank überraschend die Zinsen auf 0,75 Prozent gesenkt. Damit rückt das Rekordtief von 0,25 Prozent aus dem Jahr 2009 näher. "Der wesentlich niedrigere Ölpreis wird für die kanadische Wirtschaft uneingeschränkt negativ sein", sagte Notenbankchef Stephen Poloz. Er hat die Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 2,4 Prozent auf 2,1 Prozent zurückgenommen.

Laut Schätzungen braucht die Ölsandindustrie Preise von mindestens 80 Dollar je Barrel Rohöl, um profitabel zu arbeiten. Der Branchenverband Canadian Association of Petroleum Producers prognostiziert, dass die Ölunternehmen im Westen Kanadas 2015 ihre Investitionen um 23 Milliarden Kanadische Dollar (18,4 Milliarden US-Dollar) kürzen werden. Nachdem der Rohstoffboom der jüngsten Jahre die Immobilienpreise und die Schulden der Kanadier nach oben getrieben hat, zeigen sich nun die Folgen: Die Schulden der privaten Haushalte sind auf horrende 162,6 Prozent des verfügbaren Jahreseinkommens gestiegen. Das Niveau liegt so sogar meilenweit über dem Spitzenwert von rund 120 Prozent für US-Haushalte im Jahr 2007, als die Blase am dortigen Immobilienmarkt kurz vor dem Platzen war.

Nun wächst die Gefahr, dass die Blase am kanadischen Häusermarkt platzt. Laut Schätzungen der Deutschen Bank ist der landesweite Immobilienmarkt im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt um 63 Prozent überbewertet. Gemessen am jeweiligen Haushaltseinkommen sind Häuser in Vancouver teurer als in London oder New York. In Erwartung weiterer Zinssenkungen ist der Wechselkurs auf 1,26 Kanadische Dollar je US-Dollar gefallen - das tiefste Niveau seit 2009. Die sich eintrübenden Konjunkturperspektiven und damit die wachsenden Risiken spiegeln sich in den Bankaktien wider: Papiere wie die der Royal Bank of Canada sind auf Talfahrt. Da die Banken ein guter Frühindikator sind, ist diese Talfahrt ein Warnsignal für den gesamten Aktienmarkt.

Auf Seite 2: Loblaw auf dem Vormarsch



Aktien, die kaum von der Konjunktur abhängen, sollten sich einem negativen Markttrend jedoch entziehen können - so wie Loblaw. Der Einzelhändler profitiert davon, dass sich der US-Riese Target überraschend vom kanadischen Markt zurückzieht. Loblaw hat im März 2014 die heimische Apotheken- und Drogeriemarktkette Shoppers Drug Mart gekauft, was bei dem Konzern im Jahr 2014 zu einem Umsatzund Gewinnsprung um rund ein Drittel geführt haben dürfte. Die Ergebnisse legt Loblaw am 26. Februar vor. Vorstandschef Galen G. Weston will nun die Synergien aus der Übernahme heben. Schon im ersten Jahr nach dem Abschluss sollen sich die Einsparungen auf 100 Millionen Kanadische Dollar belaufen.

Vielversprechend sind die Perspektiven von Valeant Pharmaceuticals. Der Pharmakonzern verlor zwar die Übernahmeschlacht um Botox-Hersteller Allergan, der für 66 Milliarden Dollar an Actavis ging. Valeant-Chef Mike Pearson hat Investoren jedoch Anfang Januar mit einem optimistischen Ausblick begeistert, weshalb wir die Aktie auf "Kaufen" hochstufen. 2015 soll der Umsatz auf 9,2 bis 9,3 Milliarden US-Dollar steigen. Das lag ebenso über den vorherigen Erwartungen der Analysten wie die Gewinnprognose. Laut Pearson will der Pharmakonzern die bisherige Akquisitionspolitik fortsetzen. Der Konzern habe mehr als 100 kleinere Übernahmeziele im Auge, von denen die meisten nicht börsennotiert sind. Der Valeant- Chef geht zudem von einem organischen Umsatzwachstum von beachtlichen zehn bis zwölf Prozent für 2015 aus.

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Wasserschaden treibt Kalipreise

Weil das Geschäft auch bei Potash Corporation of Saskatchewan besser läuft als erwartet, stufen wir das Papier ebenfalls auf "Kaufen" hoch. Der Kaliabsatz war im vierten Quartal deutlich höher als von Analysten erwartet, vor allem wegen des hervorragenden Geschäfts in Nordamerika. Im vergangenen Jahr war der Kalipreis in der Region um 17 Prozent gestiegen, nicht zuletzt, weil ein Wassereinbruch in einer Mine des russischen Konkurrenten Uralkali dessen Produktion deutlich verringert hat. Solange unklar ist, wie groß die Schäden tatsächlich sind, könnten die Kalipreise weiter zulegen. Potash-Chef Jochen Tilk erwartet zwar, dass der weltweite Kaliabsatz gegenüber dem 2014er-Rekord leicht auf 58 bis 60 Millionen Tonnen sinken wird. Potash peilt jedoch einen Kaliabsatz von 9,2 bis 9,7 Millionen Tonnen nach 9,3 Millionen für 2014 an.



Im Telekomsektor favorisieren wir BCE. Der Konzern bietet Mobilfunk- und Festnetztelefonie, Internetzugänge und Satellitenfernsehen an. Der größte Telekomkonzern des Landes gewann im vierten Quartal 117 000 neue Mobilfunkkunden und nahm damit dem Konkurrenten Rogers Communications Marktanteile ab. BCEChef George Cope will Investoren an der guten Geschäftsentwicklung teilhaben lassen. Die Dividendenrendite liegt bei 4,5 Prozent. Für 2015 stellt Cope ein Umsatzplus von einem bis drei Prozent in Aussicht. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll auf 3,28 bis 3,38 Kanadische Dollar zulegen, 2014 waren es 3,18 Dollar. Mit unseren vier Favoriten sollten sich Anleger entspannt zurücklehnen können, auch wenn es an Kanadas Aktienmarkt zu Turbulenzen kommen könnte.

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