Defensive Branchen bevorzugt
Gute Zeiten also für Anleger, die auf der Suche nach Kaufkursen sind? Einig sind sich die Finanzexperten, dass ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im Herbst die Märkte erneut verunsichern würde. Für Europa ist die Entwicklung in Italien mit der ungelösten Bankenkrise der größte Unsicherheitsfaktor.
Carsten Mumm, Kapitalmarktstratege der Privatbank Donner & Reuschel, rät deshalb zur Vorsicht: "Ein deutliches Kurspotenzial für auf Europa fokussierte Firmen lässt sich aus dem aktuellen Konjunkturverlauf nicht ableiten. Unternehmen mit starkem Fokus auf Nordamerika und asiatische Schwellenländer sollten dagegen von einer robusteren Wirtschaftslage profitieren."
Ähnlich vorsichtig schätzt Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege bei BlackRock, das Marktumfeld ein: "Angesichts der Vielzahl an politischen Risiken bleibt das Umfeld für Investoren schwierig. Wir positionieren uns bei Unternehmen mit breit gestreuten Absatzmärkten in Nordamerika und asiatischen Schwellenländern." Auf Branchenebene favorisiert Herrmann zurzeit Gesundheit und Technologie. Zurückhaltend bleibt er hingegen bei Zyklikern, vor allem bei Banken und Nicht-Basiskonsumgütern. Qualitätsaktien sind in einem solchen Umfeld - wie eigentlich fast immer - das Gebot der Stunde. Wie man diese erkennt und richtig auswählt, lesen Sie im Infokasten auf Seite 2.
Qualität hat ihren Preis
Allerdings räumt der Markt gerade den Unternehmen eine höhere Bewertung ein, die ihre Gewinne stetig steigern und kontinuierlich besser abschneiden als die Konkurrenz. "Anleger zahlen für Firmen mit stabilem Cashflow und hoher Dividendenrendite eine Bewertungsprämie. Das ist in Kauf zu nehmen in Zeiten, in denen von Staatsanleihen keine Rendite mehr kommt", meint Georg von Wallwitz, geschäftsführender Gesellschafter der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz. US-Aktien kämen in der Summe auf eine höhere Bewertung als europäische Titel, was aber die teilweise höheren Wachstumsperspektiven reflektiere.
Solche Vorzeigeunternehmen gibt es in den meisten Branchen - sie sollten die Basis jedes Aktiendepots bilden. "Wichtig im aktuellen Marktumfeld mit einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage sind verlässliche Ertragsstrukturen bei den Unternehmen", meint BlackRock-Experte Herrmann. Darüber hinaus seien stabile, aus dem operativen Cashflow finanzierte Dividendenausschüttungen ein Indikator dafür, dass das Geschäft gut laufe.
"Investoren sollten grundsätzlich auf Branchen mit langfristigen Perspektiven setzen, die nicht nur bei einer dynamischen Konjunkturentwicklung ein stabiles Geschäft erwarten lassen", erklärt Mumm von Donner & Reuschel. Auch er setzt auf Firmen aus dem Technologie- und Gesundheitssektor, dazu auf starke Marken aus den Personal- und Haushaltsgütern: "Das bringt Stabilität ins Portfolio, denn diese Sektoren reagieren in Korrekturen weniger sensibel nach unten. Bei zyklischen und dynamischen Branchen spielen dagegen auch technische Faktoren wie das Momentum eher eine Rolle. Marktnahe Anleger können hier investieren, wenn sie das Risiko begrenzen."
BÖRSE ONLINE hat vier Branchen mit stabilem Wachstum ausgesucht. Die Wahl fiel jeweils auf ein deutsches und ein ausländisches Unternehmen. Damit wollen wir jedem heimischen Player eine kaufenswerte Alternative gegenüberstellen. Ob einheimischer Champion oder internationales Topunternehmen: Die Anleger haben die Qual der Wahl. Bei den ausgewählten Aktien spräche nichts dagegen, dass letztendlich beide im Depot landen.
Auswahlkriterien zum Qualitätscheck
Geschäftsmodell:
Erste Wahl sind Unternehmen, die ihre führende Position in einzelnen Marktsegmenten durch Marken- und Preissetzungsmacht auch in konjunkturellen Abschwungphasen behaupten. Reichlich Cashreserven geben zudem Spielraum für gezielte Zukäufe.Profitables Wachstum:
Hohe operative Margen und Kapitalrenditen geben Aufschluss über die langfristige Rentabilität. Dazu sollte der operative Cashflow mindestens seit einem Jahr deutlich zulegen.Dividendenstärke:
Ein kontinuierlich steigender Cashflow ermöglicht Dividendenerhöhungen - ein dicker Pluspunkt in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen.Bewertung:
Branchenführer wirken auf klassischer KGV-Basis meist teuer. In solchen Fällen sollten Anleger auf Substanz (vor allem ein akzeptables Kurs-Buchwert-Verhältnis) und einen niedrigen Quotienten aus Unternehmenswert (Marktkapitalisierung plus Schulden) und operativem Gewinn (Ebitda) Wert legen.Fresenius
Der DAX-Konzern ist ein Musterbeispiel dafür, wie Investments in der Gesundheitsbranche eine dauerhaft stabile Rendite bringen können. Allein in den vergangenen zwei Jahren hat der Aktienkurs um gut 80 Prozent zugelegt.
Im Geschäftsjahr 2015 hat Fresenius die Dividende zum 23. Mal in Folge angehoben. Fresenius ist in vier Geschäftsfeldern unterwegs: Der Klinikbetreiber Helios zählt dazu, die Infusionssparte Kabi, die auf die Versorgung von Dialysepatienten spezialisierte Tochter Fresenius Medical Care, die ebenfalls im DAX gelistet ist und in den USA einen Marktanteil von 40 Prozent hat, sowie die im Projektgeschäft und Klinikmanagement aktive Vamed. Leistungskürzungen im Gesundheitssystem hat Fresenius nach eigenen Angaben durch Effizienzsteigerungen gut weggesteckt. Für 2016 rechnet die Gesellschaft laut der erneut angehobenen Prognose mit einem Ergebnisanstieg von elf bis 14 Prozent.
Weil medizinische Produkte ein krisenfestes Geschäft sind, spürt Fresenius auch kaum die konjunkturellen Schwankungen in den Schwellenländern. Nur fünf Prozent der Erlöse erzielt Fresenius in Großbritannien. Die Auswirkungen des Brexit werden sich demnach in Grenzen halten. Bleibt als Fragezeichen, wie Fresenius den Wechsel des langjährigen Vorstands-chefs Ulf Schneider an die Spitze des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé wegsteckt. Unter Schneider hat sich der Umsatz seit 2003 vervierfacht und der Konzerngewinn verzwölffacht. Zugegeben, die stabile Ertragsentwicklung geht einher mit einer stattlichen Aktienbewertung. Für Fresenius spricht die sehr gute Positionierung in wachsenden Märkten, positive Gewinnüberraschungen inbegriffen. Eine weitere Stärke ist, dass größere Zukäufe wie der Klinikbetreiber Rhön-Klinikum im Jahr 2013 geräuschlos integriert werden.
Medtronic
Ob minimalinvasive Methoden in der Herzklappenchirurgie, Geräte für die kontinuierliche Messung des Blutzuckerspiegels oder Arzneimittelpumpen bei chronischen Schmerzen: Der weltweit größte Medizintechnikkonzern mischt überall mit. Im Bereich Telemedizin baut Medtronic die Kooperation mit Samsung Electronics aus. Nach mobilen Apps, die den Glukosespiegel von Diabetespatienten messen, können jetzt die Daten eines Neurostimulators per Smartphone ausgelesen werden - etwa bei Epilepsie und Parkinson.
Dazu kommen regelmäßige Zukäufe. Die 2014 für 42,9 Milliarden US-Dollar übernommene irische Gesellschaft Covidien hat Medtronic mittlerweile integriert. Mit seinem Produktportfolio für die Notfallversorgung in Krankenhäusern wird Covidien einen wichtigen Anteil am jährlichen Umsatzwachstum von vier bis sechs Prozent haben, welches Medtronic in Zukunft anstrebt. Die Synergien aus dem Deal beziffert das Management bis 2018 auf 850 Millionen US-Dollar. Dazu kommen die Steuererleichterungen durch die Verlegung des Firmensitzes nach Irland. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 auf Basis des am 30. April endenden Geschäftsjahres 2017/18 ist Medtronic nicht höher bewertet als die kleineren Konkurrenten Boston Scientific und Abbott Laboratories. Weil sich das Gewinnwachstum bei Medtronic in den nächsten Jahren wieder beschleunigen wird, hat die Aktie weiter Luft nach oben.
Die Aktionäre werden außerdem in den Genuss einer höheren Dividende kommen. Von den 40 Milliarden US-Dollar an freiem Cashflow, die in den kommenden fünf Jahren in die Kassen des Unternehmens fließen sollen, plant Medtronic rund die Hälfte an die Anteilseigner auszuschütten.
Gerresheimer
Mit stabilen Cashflows und Erträgen eignet sich das MDAX-Unternehmen gerade in unruhigen Börsenzeiten als defensives Investment. Gerresheimer erzielt 83 Prozent der Erlöse mit Glas- und Kunststoffbehältern für feste und flüssige Medikamente. Dazu kommen Flacons für die Kosmetikindustrie. Konzernlenker Uwe Röhrhoff glückte 2015 ein strategischer Schachzug, als er das margenschwache Röhrenglasgeschäft verkaufte und im Gegenzug die US-Firma Centor übernahm. Über Centor sichert sich das MDAX-Unternehmen den Zugang zum Endkundenmarkt für Kunststoffverpackungen und Verschlüsse für verschreibungspflichtige Medikamente.
Die mit dem Centor-Coup erzielten Synergien drücken sich in niedrigeren Kapitalkosten und höheren Margen aus. Im zweiten Quartal des am 30. November endenden Geschäftsjahres 2015/16 toppte der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (Ebitda) die Erwartungen. Mit einem Plus von 17,5 Prozent auf 84,7 Millionen Euro sorgte er für eine Margenverbesserung von 20,2 auf 22,8 Prozent. Zugleich verbesserte sich der operative Cashflow von 40,1 auf 60,5 Millionen Euro. Einziger Wermutstropfen war das aktuell schleppende Geschäft in Brasilien. Der Gesamtumsatz verbesserte sich dank der robusten Nachfrage aus der Pharmaindustrie in Europa und Nordamerika um vier Prozent auf 370,5 Millionen Euro.
Fürs Gesamtjahr rechnet Röhrhoff mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro, was bei konstanten Wechselkursen einem Zuwachs um neun Prozent entspricht. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisation (Ebitda) soll von 278 auf 320 Millionen Euro anziehen. Die Aktie erreichte vor Kurzem ein neues Allzeithoch. Es empfiehlt sich, Rücksetzer zum Einstieg zu nutzen.
Vidrala
Das in Llodio im spanischen Teil des Baskenlands ansässige Unternehmen ist im Gegensatz zu Gerresheimer ganz auf die Herstellung von Glasflaschen und Glasbehältern für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie ausgerichtet. Mit mehr als 3000 Mitarbeitern ist Vidrala in sechs europäischen Ländern präsent. Ähnlich wie bei Gerresheimer sorgte eine Übernahme für einen Umsatzschub. 2015 übernahm Vidrala Encirc Glass, das Glasgeschäft des insolventen irischen Unternehmers Sean Quinn.
Vidrala produziert jetzt europaweit flächendeckend vor Ort für relativ krisensichere Märkte. Sorgten die Anlaufkosten für die Akquisition im vergangenen Jahr noch für eine rückläufige operative Marge auf 20,1 Prozent, geht es jetzt deutlich nach oben. Im ersten Halbjahr kam der operative Gewinn bei nahezu gleichbleibenden Erlösen um 9,1 Prozent auf 85,6 Millionen Euro voran. Unterm Strich verdiente Vidrala 33,8 Millionen Euro, was einem Zuwachs um 18,3 Prozent entspricht.
Dank sinkender Kapitalkosten erhöhte sich der freie Mittelzufluss auf 49,7 Millionen Euro. Zugleich wurde die Nettoverschuldung gegenüber dem Vorjahr von 473,9 Millionen weiter auf 369,9 Millionen Euro zurückgefahren. Dementsprechend reduzierte sich der Faktor Nettoverschuldung zum Ebitda von 2,9 auf 2,2. Für die zweite Jahreshälfte rechnen Branchenexperten mit weiter steigender Profitabilität. Weil 40 Prozent des Geschäfts auf Großbritannien ausgerichtet sind, geriet die Aktie wegen Sorgen um einen bevorstehenden Brexit-Effekt Ende Juni vorübergehend unter Druck. Dieser Risikoabschlag wird durch mögliche positive Absatzentwicklungen wegen der Schwäche des Britischen Pfund aber mehr als kompensiert.
Henkel
Gut die Hälfte seines Umsatzes und operativen Gewinns erzielt der Düsseldorfer DAX-Konzern mit den Sparten Reinigungsmittel und Körperpflege. Markenprodukte wie Persil, Perwoll oder Schauma sorgen auch in konjunkturell schwierigen Zeiten für blitz-saubere Gewinne und Cashflows. Allein in den zurückliegenden fünf Jahren hat Henkel die operative Marge auf Basis des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 360 Basispunkte gesteigert - ein Verdienst das langjährigen Konzernlenkers Kasper Rorsted.
Rorsteds Nachfolger Hans van Bylen hat fünf Milliarden Euro für Zukäufe zur Verfügung - und hier muss Henkel aktiv werden, um seine Margen- und Umsatzziele zu erreichen. 20 Milliarden Euro Umsatz bei acht bis elf Prozent mehr Gewinn -lautet die Vorgabe für 2016. Damit muss Henkel 10,5 Prozent mehr einnehmen als im Vorjahr. Ein erster Schritt ist die im Juni bekannt gegebene Übernahme der auf Waschmittel und Haushaltsprodukte spezialisierten US-Firma Sun Products für 3,2 Milliarden Euro. Beim Klebstoffverkauf muss sich Henkel einer global sinkenden Nachfrage stellen. Während das Geschäft in den USA läuft, bremst in China der Abbau von Lagerbeständen. Hinzu kommen negative Währungseffekte in den Schwellenländermärkten Mexiko und Russland. Umgekehrt sorgen die niedrigen Preise für Roh- und Palmöl für sinkende Produktionskosten. Auch bilanziell steht Henkel auf gesunden Füßen. Die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei stattlichen 67,6 Prozent und das Verhältnis von Nettoverschuldung zu Ebitda unter dem Faktor 1. Vom Allzeithoch bei 115,70 Euro ist die Aktie nur noch einen Tick entfernt. Wie für andere defensive Qualitätstitel gilt auch für Henkel: Günstig ist die Aktie selten zu haben.
Reckitt Benckiser
Reinigungsprodukte und Haushaltswaren wie Sagrotan, Lysol oder Kukident, dazu Kondome von Durex, die Fußpflegemarke Scholl, Produkte zur Haarentfernung oder Schmerzmittel - der britische Konzern ist mit seinen Alltagsprodukten breit aufgestellt. Nach der Abspaltung der Pharmasparte konzentriert sich Reckitt Benckiser (RB) ganz auf seine drei Kerngeschäftsfelder. Von Umsatz- und Gewinneinbußen durch den Brexit wird RB nach Expertenmeinung verschont bleiben.
Die jüngsten Halbjahreszahlen untermauern das konjunkturresistente Geschäftsmodell. Der Umsatz legte um 4,8 Prozent auf umgerechnet 3,9 Milliarden Euro zu, das Ganze bei einer von 57,6 auf 60 Prozent gestiegenen Bruttomarge. Besonders stark zeigte sich die Gesundheitssparte mit einem Plus von acht Prozent. Zugleich verbesserte sich die operative Marge von 21,9 auf 23,7 Prozent - mehr als bei Wettbewerbern wie Procter & Gamble (23,6 Prozent) oder Henkel (18,7 Prozent). Fürs zweite Halbjahr erwartet Konzernchef Rakesh Kapoor eine moderate Aufwärtsentwicklung. Dass der Nettogewinn um 25,8 Prozent auf umgerechnet 446 Millionen Euro schrumpfte, hängt mit einem Sondereffekt zusammen. 300 Millionen Britische Pfund hat RB für einen ausstehenden Rechtsstreit in Südkorea zurückgestellt. Dabei geht es um mehr als 100 Todesfälle, die auf die Verwendung einer Chemikalie in einem Luftbefeuchter-Desinfektionsmittel zurückzuführen sein sollen. Finanziell ist RB ebenfalls top. Der Free Cashflow stieg von umgerechnet 640 auf 795 Millionen Euro. Zugleich wurde die Nettoverschuldung auf 1,35 Milliarden Euro weiter verringert. Dieser Mix aus glänzender Bilanz und starken Produkten sollte dem Aktienkurs weiteren Auftrieb geben.
Takkt
Das Geschäftsmodell der im SDAX gelisteten Firma aus Stuttgart ist schnell erklärt. Takkt ist ein Spezialversandhändler, der - Tochterfirmen mit eingerechnet - in mehr als 25 Ländern präsent ist. Zum Sortiment zählen Betriebs- und Lagereinrichtungen, Büromöbel oder Displayartikel. Diese langlebigen und preisstabilen Güter garantieren stabile Margen und hohe freie Cashflows. Die Absatzmärkte verteilen sich auf Deutschland, Resteuropa und die USA. Dabei ist Takkt nicht von einer bestimmten Kundengruppe abhängig.
Die jüngsten Halbjahreszahlen ließen den Aktienkurs auf ein neues Allzeithoch abheben. Während der Umsatz währungsbereinigt um 9,9 Prozent auf 280,4 Millionen Euro kletterte, schnellte der operative Gewinn auf Ebitda-Basis um 17,2 Prozent auf 95,3 Millionen Euro nach oben. Die freien Mittelzuflüsse stiegen auf 60,9 Millionen Euro. Mit einer auf weiter auf 50,4 Prozent gestiegenen Eigenkapitalquote ist Takkt bilanziell sehr gut aufgestellt. Für Unternehmenszukäufe stehen laut Management 200 Millionen Euro an ungenutzten Kreditlinien zur Verfügung.
Trotz dieser starken Verfassung tritt das traditionell konservativ planende Management auf die Euphoriebremse. Finanzvorstand Claude Tomaschewski rechnet für das zweite Halbjahr "aufgrund zunehmender konjunktureller und politischer Unsicherheiten" mit abgeschwächtem Wachstum. Gemeint sind damit die möglichen negativen Auswirkungen eines Brexit. Dabei hat das Geschäft in der Vergangenheit allen konjunkturellen Turbulenzen getrotzt. Außerdem lässt Takkt mit der vorsichtigen Prognose Spielraum für positive Überraschungen, denn die operative Marge für 2016 soll sich weiter im oberen Bereich des angepeilten Korridors von 12 bis 15 Prozent bewegen.
Fila
Mit Bleistiften von Lyra verbinden Anleger am ehesten Erinnerungen an ihre Schulzeit. Kaum jemand hat die gleichnamige Firma aus Nürnberg als Tochter der seit Ende 2015 im Nebenwertsegment STAR der Mailänder Börse gelisteten Fila auf dem Radar. Die 1920 gegründete Gesellschaft aus Mailand ist mit einem breiten Markensortiment einer der weltweiten Top-Spezialisten für Farbstifte, Füller und Zeichengeräte. Europa, USA und Lateinamerika stellen in dieser Reihenfolge insgesamt mehr als 90 Prozent der Endabnehmer.
In einem noch fragmentierten Markt erschließt sich das Unternehmen durch Zukäufe neue Märkte und Produkte. Die Akquisition von Daler & Rooney aus Indien zu Jahresanfang für 80,8 Millionen Euro war ein wichtiger Schritt. Ein noch größeres Kaliber wäre die Übernahme der französischen Cranson Group. Der Hersteller von hochwertigem Papier für Kunst und Design, Zeichenpapier für Kinder und Materialien für digitale Zeichnungen erzielte 2015 Erlöse von 100 Millionen Euro. Fila selbst kam auf 275,3 Millionen Euro.
Ist die Transaktion wie von Fila beabsichtigt bis Oktober unter Dach und Fach, würde das nicht nur einen Umsatzsprung bedeuten, sondern auch neue Synergien auf der Vertriebsseite eröffnen. Dabei zahlt sich die Einkaufstour bereits aus. Im ersten Quartal verbuchte Fila ein Umsatzplus von 43,8 Prozent auf 85 Millionen Euro. Der operative Gewinn (Ebitda) legte um 21,7 Prozent auf 10,1 Millionen Euro zu. Angesichts des Steigerungspotenzials der Margen ist die Aktie ein Farbtupfer im Depot. Bei vielen Online-Finanzseiten ist die Aktie mit der WKN A1W 96K noch unter dem Namen Space geführt. So hieß die Zweckgesellschaft, die die "alte" Fila 2015 übernahm und in die neue Rolle des Branchenkonsolidierers überführte.