Anbieter geschlossener Fonds (AIFs) kämpfen nicht nur um begehrte Immobilien, sondern auch mit den Folgen von Mietpreisbremsen und geplanten Mietendeckeln. Welche Lösungswege es gibt, erklärt Fondsexperte Ottmar Heinen im Interview Von Stefan Rullkötter
Wohnimmobilien bleiben bei Kapitalanlegern und Selbstnutzern ein begehrtes Gut. Niedrigzinsen und Politik sorgen derzeit für noch mehr Interesse an den Immobilienmärkten. Die Project Investment Gruppe aus Bamberg, bei Immobilienbeteiligungen und -entwicklungen einer der fünf größten Unternehmensverbünde hierzulande, konzentriert sich bei der Objektauswahl nicht nur auf deutsche Großstädte, sondern verstärkt ihr Engagement auch im benachbarten Ausland. Vorstandssprecher Ottmar Heinen erklärt seine Strategie.
Börse Online: Herr Heinen, wo liegt
aktuell der Schwerpunkt Ihres Geschäfts?
Ottmar Heinen: Insgesamt entwickeln wir im deutschsprachigen Raum derzeit über 130 Immobilienprojekte mit dem Schwerpunkt Wohnen. Wir haben an acht Metropolstandorten in Deutschland und Österreich derzeit eine gefüllte Projektpipeline mit einem Verkaufsvolumen von rund 3,4 Milliarden Euro.
In welchem Bereich glauben Sie im Wettbewerb um Immobilienobjekte besser aufgestellt zu sein als die Konkurrenz?
Das bei Investoren eingesammelte Eigenkapital kann nach erfolgter Ankaufsprüfung schnell in ein passendes Projekt fließen - ohne dass ein finanzierendes Institut dazwischengeschaltet werden muss. Daraus resultiert eine hohe Ankaufgeschwindigkeit, die uns entscheidende Wettbewerbsvorteile verschafft. Wir zahlen quasi bar und sofort.
Mit welchen Alleinstellungsmerkmalen können Sie bei der Akquise von Objekten punkten?
Auch der regionale Marktzugang zu Grundstücken, die sich oft noch gar nicht auf dem Markt befinden, und ein guter Kontakt zu den entscheidenden Behörden und Gewerken sind wichtige Erfolgskriterien für unser Haus.
Warum investieren Sie neben deutschen Metropolen inzwischen auch in Wien?
Wir sind hier 2015 erstmals aktiv geworden, weil die österreichische Hauptstadt für Investoren ein hohes Potenzial bietet. In Wien haben wir derzeit acht Neubauprojekte in der Entwicklung. Die Kaufpreise bewegen sich noch nicht ganz auf dem hohen Niveau wie in Deutschland. Dennoch sorgen auch an diesem Immobilienstandort die weiter sinkenden Zinsen - verbunden mit einer Angebotsknappheit - für Preisdruck.
Was spricht aus Ihrer Sicht sonst noch für die österreichische Hauptstadt?
Wien wächst stetig und gehört zu den lebenswertesten Metropolen der Welt. Nach Berlin ist sie die zweitgrößte Metropole im deutschsprachigen Raum und als Standort internationaler Konzerne und Universitäten ein wichtiger Hub in Richtung Osten und Asien. Als A-Stadt weist Wien auch in schwierigen Zeiten eine stabile Bautätigkeit und Attraktivität für Unternehmen vor.
Wo liegt konkret Ihr Investmentschwerpunkt bei Immobilienprojekten in Wien?
Wir konzentrieren uns mit einem eigenkapitalbasierten Investitionskonzept auf den in der österreichischen Hauptstadt besonders gefragten bezahlbaren Wohnungsneubau, vorzugsweise für Eigennutzer.
Wie bewerten Sie als Fondsanbieter die Wohnungsmarktpolitik in Deutschland?
Beim Vergleich mit Wien wird in deutschen Metropolen der von der Politik verfolgte Irrweg offensichtlich. Staatliche Eingriffe wie der Mietendeckel, wie er jetzt in Berlin beschlossen wurde, beseitigen die Knappheit nicht, sondern erhöhen sie.
Gilt das auch für die Mietpreisbremse?
Vor Kurzem hat die deutsche Bundesregierung auch die Mietpreisbremse für Bestandswohnungen bis 2025 verlängert, obwohl sich die Maßnahme als nachweislich nicht zielführend erwiesen hat, um die Mieten zu senken. In Summe sind die staatlichen Eingriffe eine populistische Bankrotterklärung für die deutsche Wohnungsbau- und Mietpolitik.
Aber auch der Wohnungsmarkt in Wien wird streng reguliert - und gilt damit als einer der mieterfreundlichsten weltweit ...
Regulierungen des Wohnungsmarkts sind in Wien, wo die Stadt historisch den größten Teil der Mietwohnungen besitzt, seit Langem gang und gäbe - und somit für Investoren kein neues Reizthema. Zumal diese lediglich Altbauten betreffen. Die übertriebene Spekulation auf Grundstücke soll limitiert werden, allerdings sind die Restriktionen lokal auf bestimmte Bauzonen begrenzt. Erkennbar ist aber auch in Wien, dass das Interesse an den eigenen vier Wänden deutlich zunimmt.
Der Berliner Senat hat im Oktober einen sogenannten Mietendeckel beschlossen, der rückwirkend zum 18. Juni gelten soll. Was würde ein solches Gesetz für den Immobilienstandort Deutschland bedeuten?
Die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung sieht in einem Gutachten erhebliche Gründe dafür, dass der Mietendeckel verfassungswidrig ist. Andere Metropolen, die kein Stadtstaat wie Berlin sind, wären daher gut beraten, erst einmal abzuwarten.
Welche rechtlichen Folgen hätte es, wenn der Mietendeckel verfassungswidrig wäre?
Sollte das Bundesverfassungsgericht nach einem vermutlich langwierigen Prozess die Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels feststellen, kann der Vermieter gegebenenfalls die nicht gezahlte Mietdifferenz nachfordern und im Zweifel die außerordentliche Kündigung - bei einer nicht sofortigen Nachzahlung - aussprechen. Das Gesetz könnte sich somit zum Bumerang für die Berliner Mieter entwickeln.
Gibt es dazu eine historische Parallele?
Das mahnende Beispiel der Schweizer Stadt Genf zeigt, wie fatal sich ein Mietendeckel auf die Bausubstanz und die Bereitschaft von Investoren auswirkt, in den Neubau zu investieren. Alleine die Diskussionen über die Mietpreisbremse oder gar Enteignungen schädigen das Bild des Investitionsstandortes Deutschland und schaffen keine einzige zusätzliche bezahlbare Wohnung.
Sehen Sie Auswege aus dem Dilemma?
Nur mehr Baulandausweisung, beschleunigte Genehmigungsverfahren und die Eindämmung von Baukostensteigerungen können helfen, das Wohnraumangebot langfristig zu erhöhen, Kauf- und Mietpreise zu senken.
Die Folgen eines knappen Objektangebots bekommen auch die Immobilienfonds zu spüren. Haben Immobilien-AIFs für Privat-
anleger noch eine Zukunft?
Immobilien-AIFs nehmen als reguliertes Finanzprodukt einen wichtigen Platz in der Sachwertwelt ein. Für Privatanleger stellen sie eine Alternative zu Immobiliendirektinvestments dar und ermöglichen die Beteiligung an renditeträchtigen Projekten, die sonst nur für finanzstarke Großinvestoren möglich sind.
Wie wollen Sie das als Anbieter umsetzen?
In unseren Produkten ist insbesondere die Diversifikation über den breit gestreuten Portfolioansatz und die reine Eigenkapitalbasis als risikominimierend und chancenoptimierend zu erwähnen. AIF-Produkte erfordern aber generell einen höheren Beratungsaufwand. Deshalb gehen wir davon aus, dass Immobilien-AIFs auch in einer zunehmend digitalisierten Welt mit Robo-Advisor die Kompetenz eines Finanzanlagenvermittlers als Begleiter des Privatkunden erfordern - und nur vereinzelt direkt gezeichnet werden.
Immobilienbeteiligungen gelten bei vielen jüngeren Anlegern als "altbacken". Wie lässt sich deren Attraktivität im Digitalzeitalter steigern?
Wir haben dafür eine neue App für unsere in der Platzierung befindlichen Publikumsfonds entwickelt. Die Besonderheit ist ihre Augmented-Reality-Funktionalität: Mit der integrierten Kamera des mobilen Endgeräts kann eine Immobilienentwicklung unseres Hauses inklusive Musterwohnung virtuell projiziert und bewegt werden. Zudem sind so Verkaufs- und Zeichnungsunterlagen, Investitionsübersichten, Filme und Nachrichten zu den Fondsprojekten für Privatinvestoren mobil abrufbar. Mit dieser App haben wir einen wichtigen Meilenstein in unserer Digitalisierungsstrategie erreicht.
Welche Produktalternativen zu Immobilien-AIFs für Privatanleger sehen Sie?
Bei der Wahl des Investitionsvehikels können wir uns prinzipiell auch die Emission einer langlaufenden Anleihe für Privatanleger als Alternative zum Immobilien-AIF vorstellen, wenn diese breit gestreut investiert und nicht im Nachrang besichert ist.
Immobilienaktien sind bei Anlegern derzeit gefragt. Ist ein Börsengang für die Project
Investment Gruppe eine Option?
Hier ein ganz klares Nein! Ein Börsengang ist für unser Haus nicht vorgesehen.