In zwei Hallen auf dem Hamburger Messegelände versammelten sich mehrere Tausend Gläubiger, um über einen Insolvenzplan für Prokon abzustimmen. Der Zugang zu der Versammlung wurde durch zahlreiche Justizbeamte geregelt. Nieding zufolge waren etwa 7000 Gläubiger anwesend. Einschließlich der durch Vollmachten vertretenen Anleger seien 800 Millionen Euro Kapital präsent gewesen, sagte Nieding.
Graefe warf dem Gericht verfassungswidriges Vorgehen vor. Durch den Ausschluss seien 15.000 Gläubiger praktisch rechtlos. Die Rechtspflegerin, die die Veranstaltung leitete, war zunächst nicht zu erreichen.
Prokon hatte mit hohem Werbeaufwand im Fernsehen, auf Bussen und Straßenbahnen oder durch Postwurfsendungen bei 75.000 Anlegern insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Genussrechtskapital eingesammelt. Das Geld steckte Prokon in Windkraftanlagen. Jährlich flossen acht Prozent Zinsen. Als viele Anleger angesichts der drohenden Krise ihre Papiere kündigten und das Investment zurückforderten, geriet das Unternehmen in Schieflage. Seit der Insolvenz müssen die Anleger um ihr Geld bangen. Nach ersten Schätzungen des Insolvenzverwalters werden sie mindestens 40 Prozent ihrer Einlagen in den Wind schreiben müssen.
Drei große Gläubigergruppen hatten sich im Vorfeld für eine Fortführung des Kerngeschäfts von Prokon ausgesprochen. Sie wollten den Verwalter Dietmar Penzlin auf der Versammlung mit der Entwicklung eines Insolvenzplans beauftragen. Die drei größten Gläubigergruppen sind die "Freunde von Prokon", ein Verein von mehr als 7000 Genussrechts-Anleger, sowie die Kleinaktionärsvereine SdK und DSW.
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TAUZIEHEN UM DIE MEHRHEIT
In den vergangenen Wochen hatte sich ein beispielloses Tauziehen um die Mehrheit auf der Gläubigerversammlung entwickelt. Firmengründer Rodbertus hatte nach Angaben von Gläubigervertretern in Rundbriefen, Anrufen und über das Internet bei den Anlegern darum geworben, den Insolvenzverwalter abzuwählen. Er wirft Penzlin vor, das Unternehmen zerschlagen zu wollen. Dem hat der Insolvenzverwalter widersprochen. Er will das Kerngeschäft von Prokon fortführen und 300 der zuletzt 450 Arbeitsplätze langfristig erhalten.
Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt gegen Rodbertus wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und anderer Wirtschaftsdelikte. Der Firmengründer hatte 2013 vergeblich versucht, die Genussrechte-Inhaber dazu zu bewegen, ihr Geld im Unternehmen zu belassen. Nach wochenlangem Ringen stellte das Management im Januar Insolvenzantrag. Im Mai eröffnete das Amtsgericht Itzehoe das Insolvenzverfahren über die Prokon Regenerative Energien GmbH.
Reuters