In einer leergeräumten Fabrikhalle informiert Carsten Rodbertus auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz über die Folgen der Insolvenz. Dutzende Journalisten sind am Donnerstag in das Gewerbegebiet am Rande von Itzehoe nahe Hamburg gekommen. Von den 75.000 Kleinanlegern, die ihr Erspartes in das Unternehmen gesteckt haben und nun darum bangen müssen, ist niemand zu sehen. Das bunte Transparent am Eingang ist wohl auch nicht für sie bestimmt: "Wir für eine lebenswerte Zukunft", steht darauf.

Auch etwa 50 der 1300 Prokon-Mitarbeiter sind in die Halle gekommen. Sie applaudieren und jauchzen, als Rodbertus das aus aufgeschichteten Industriepaletten bestehende Podium betritt: "Wir haben in den vergangenen Wochen viel gemeinsam durchgelebt", sagt er an die Belegschaft gerichtet und verspricht für die Zukunft "größtmögliche Transparenz." Es dauert einige Minuten, bis klar wird, dass dies keine Mitarbeiterversammlung ist, sondern die angekündigte Pressekonferenz. Prokon hat eingeladen, um die Kleinanleger zu beruhigen. Rodbertus räumt Fehler ein, die zu der Insolvenz geführt hätten, und kündigt Veränderungen an. Er spricht von einem Beirat, damit die Anleger künftig besser über die Unternehmensführung informiert werden. Einzelheiten verrät Rodbertus nicht. Wer nach Itzehoe gekommen ist, um die Gründe für die Pleite zu erfahren, ist vergebens dort.

VERKAUF VON WINDPARKS

Rodbertus kündigt an, einen Teil der Windkraftanlagen zu verkaufen, um Geld in die Kassen zu bekommen. Darüber habe er bereits Gespräche mit mindestens fünf Marktteilnehmern geführt. Angesichts des vorläufigen Insolvenzverfahrens sei die Verhandlungsposition von Prokon zwar schlecht. Er hoffe jedoch, mit einem erfolgreichen Verkauf von Windparks nachweisen zu können, dass es stille Reserven im Unternehmen gebe. Damit will er das Vertrauen der verbliebenen Investoren zurückgewinnen, dass ihre Papiere sicher sind. "Wir wollen das Geschäftsmodell weiter verfolgen."

75.000 Anleger hatten in der Hoffnung auf hohe Renditen Prokon insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Genussrechtskapital zur Verfügung gestellt und zittern nun um ihr Geld. Denn Halter von Genussscheinen müssen sich in der Insolvenz hinter anderen Gläubigern anstellen. Prokon hatte mit hohem Werbeaufwand im Fernsehen, auf Bussen und Straßenbahnen oder durch Postwurfsendungen Käufer für seine Papiere angelockt. Die Stiftung Warentest hatte vor den Scheinen gewarnt. Das Geld steckte Prokon in Windkraftanlagen. Jährlich flossen rund acht Prozent Zinsen. Als viele Anleger angesichts der drohenden Krise ihre Papiere gekündigt haben und das Investment zurückgefordert haben, geriet das Unternehmen in Schieflage.

ANLEGER TAPPEN WEITER IM DUNKELN

Prokon-Anleger tappen weiter im Dunkeln, ob sie von ihrem Geld etwas zurückbekommen. Da Firmenchef Rodbertus seit 2011 die Veröffentlichung von Bilanzen schuldig geblieben ist, muss der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin zunächst einen Kassensturz machen. Der Rechtsanwalt aus Hamburg erklärt auf der Versammlung, dass er eine Fortführung des Kerngeschäfts in der Windenergie für möglich hält. Das "stehe außer Frage", fügt er hinzu. Dies werde aber nur mit der Belegschaft möglich sein. Für Montag kündigt Penzlin eine Betriebsversammlung an, auf der über das Insolvenzgeld informiert werden soll.

Der Verwalter zeigt sich guten Mutes, dass genug Liquidität vorhanden sei, um das Unternehmen vorerst weiterzubetreiben. Es sei auch denkbar, dass die Prüfung durch das Insolvenzgericht zu dem Ergebnis komme, dass gar keine Insolvenzgründe vorlägen, macht Penzlin den Mitarbeitern Hoffnung. An die Anleger appelliert er, abzuwarten. "Es ist jetzt nichts damit gewonnen, das Unternehmen mit Forderungen zu konfrontieren." Diese könnten eingereicht werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet sei. rtr