Werbung für Produkte des grauen Kapitalmarkts ist oft intransparent und irreführend. Erstmals liefert eine Studie dazu auch Zahlen. Von Maren Lohrer
Werbung am grauen Kapitalmarkt ist mit Vorsicht zu genießen. Das hat die Pleite des Brennstoffherstellers German Pellets zuletzt gezeigt, dem Tausende von Anlegern auf den Leim gegangen waren. Verbraucherschützer präsentierten dazu jetzt erstmals Zahlen. 91 Werbeanzeigen für Produkte des grauen Kapitalmarkts hat das Marktwächterteam der Verbraucherzentrale Hessen im Oktober und November 2015 unter die Lupe genommen. Ergebnis: In 77 Fällen wurden die Vorteile der Geldanlage einseitig hervorgehoben. Risiken werden häufig zwar erwähnt, aber nicht angemessen dargestellt.Fast jeder zweite Anbieter der untersuchten Werbung (43 Fälle) weist nicht auf hohe Verlustmöglichkeiten hin. "Bei einigen Angeboten war nicht einmal erkennbar, um was für eine Art von Kapitalanlage es sich handelte oder in welches konkrete Produkt investiert werden sollte", kritisiert Wolf Brandes, bei der Verbraucherzentrale (VZ) Hessen Teamleiter Marktwächter Finanzen.
Für Anleger ist das Verlustrisiko am grauen Kapitalmarkt hoch, wie auch die Fälle um die Ökofirma Prokon und die Immobiliengruppe S & K zeigen. Doch: "Viele Verbraucher, die am grauen Kapitalmarkt investieren, glauben ihr Geld in einer sicheren Anlage gut aufgehoben - nicht zuletzt weil die Anbieter ein zu vorteilhaftes Bild von Produkten zeichnen", sagt Jutta Gelbrich, Vorstand der VZ Hessen.
Frühwarnsystem für Betrug
Aufgabe der Marktwächter Finanzen ist es insbesondere, solche Betrügereien künftig frühzeitig zu erkennen. Zusammen mit dem Wächter für Digitales erhalten sie dazu 5,6 Millionen Euro im Jahr vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV). Hierzu werten sie vor allem Beratungsfälle der Verbraucherzentralen empirisch aus. Rund 110 000 und damit knapp neun Prozent aller Beratungsfälle drehten sich dort 2014 um Finanzdienstleistungen. Aber die Wächter setzen auch selbst Themen - wie Werbung am grauen Kapitalmarkt. Der Windkraftspezialist Prokon etwa konnte auch deshalb viele Kleinanleger gewinnen, weil er massiv in Bussen und Bahnen geworben hatte.
Die Beobachtungen der Marktwächter ziehen nicht automatisch Konsequenzen nach sich. Es gibt keine speziellen Werbevorgaben für Produkte des grauen Kapitalmarkts. Zudem kann der Finanzmarktwächter nicht handeln, sondern nur die Finanzaufsicht BaFin. Die wiederum ist nicht verpflichtet, auf Hinweise der Wächter zu reagieren. Als "Wachhunde, die schnüffeln, bellen und notfalls auch beißen", bezeichnete Justizminister Heiko Maas (SPD) die Finanzmarktwächter. Doch davon sind sie aktuell noch weit entfernt.