"Wir wollen international wachsen, aber nicht mit Fernsehsendern", sagte Vorstandschef Thomas Ebeling am Donnerstag zur Bilanzvorlage in Unterföhring bei München. Während sich der Konzern mit seiner werbefinanzierten Senderflotte um die Flaggschiffe ProSieben und Sat.1 nur noch auf die deutschsprachigen Länder beschränkt, soll vor allem das Geschäft mit Spielen und Online-Handel weltweit ausgebaut werden. Dafür will Ebeling seine Einkaufstour in der Onlinebranche, aber auch bei TV-Produzenten fortsetzen.

Die Digitalsparte trug im vergangenen Jahr wesentlich dazu bei, dass der Konzernumsatz um elf Prozent auf einen Rekordwert von 2,6 Milliarden Euro zulegte. Das Betriebsergebnis (bereinigtes Ebitda) stieg um sechs Prozent auf 790 Millionen Euro, unter dem Strich stand ein Gewinnplus von elf Prozent auf 360 Millionen Euro. Trotz steigender Werbeerlöse sank deren Anteil an den Gesamteinnahmen auf 70 Prozent von 75 Prozent. Knapp 20 Prozent erwirtschafteten Online-Angebote, darunter mehrere Reiseportale wie weg.de, Tropo oder Mydays. Der Rest stammt aus dem TV-Produktionsgeschäft.

Ebeling sprach von einem erfolgreichen Start ins laufende Jahr, in dem er weitere Zuwächse erwarte, und bekräftigte die Wachstumsziele bis 2018. Die Nachrichten kamen an der Börse gut an: Die Aktie legte um bis zu 3,4 Prozent zu und war damit einer der größten Gewinner im Nebenwerteindex MDax.

Der Konzern verfolgt die Strategie, sich mit Zusatzangeboten unabhängiger von den schwankenden TV-Werbeerlösen zu machen. ProSiebenSat.1 gibt für Online-Beteiligungen meist nur einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag aus und päppelt sie dann mit vergünstigten TV-Werbespots, so dass sie rasch einem Millionenpublikum bekannt werden. Im Ausland, wo der Konzern nach dem jüngst bekanntgegebenen Verkauf seiner osteuropäischen Sender keine TV-Kanäle mehr besitzt, sucht Ebeling dafür nach örtlichen Medienpartnern. Der Manager hatte die Auslandssender aufgegeben, weil er aufgrund der unterschiedlichen Zuschauergewohnheiten nicht genug Synergien sah.

WECHSEL IM AUFSICHTSRAT SOLL EXPERTISE BRINGEN

Fachwissen und Kontakte für die internationale Expansion verspricht sich Ebeling auch von künftigen Aufsichtsratsmitgliedern. Nach dem endgültigen Ausstieg der langjährigen Haupteigner KKR und Permira zu Jahresbeginn werden sie ihre Vertreter aus dem Gremium abziehen und zur Hauptversammlung im Juni Nachfolger vorschlagen. Die Suche nach Kandidaten läuft. "Wir brauchen digitales Know-how und Leute, die im amerikanischen Markt gut vernetzt sind", sagte Ebeling. Wegen des hohen Streubesitzes kann sich das Unternehmen Hoffnungen auf einen Aufstieg in den Dax machen. Die beiden Finanzinvestoren hatten keinen strategischen Käufer gefunden, der bereit war, ihren Mehrheitsanteil zu übernehmen.

Am Donnerstag gab ProSiebenSat.1 eine Vertriebspartnerschaft mit der Deutschen Telekom bekannt. Die Online-Videothek Maxdome des Senders wird künftig auch den Kunden des Telekom-TV-Portals Entertain angeboten. Zudem stärkt ProSiebenSat.1 sein Spielegeschäft mit einer Übernahme, die den Konzern nach eigenen Angaben in die Top-Liga der Online-Spieleverleger in Europa katapultiert. ProSiebenSat.1 kauft für einen nicht genannten Betrag die europäische Tochter des US-Unternehmens Aeria, das auf Angebote für Computer und Mobilfunkgeräte spezialisiert ist.

Reuters

Einschätzung der Redaktion:

ProSiebenSat.1 kommt beim Ausbau des Digitalgeschäfts rasch voran und verschafft sich damit ein zwar noch margenschwaches, aber immer wichtigeres Standbein neben den klassischen Fernsehsendern und der Fernsehproduktion. Zusätzliches Kurspotenzial verspricht der Aufstieg des MDAX-Unternehmens in den DAX, den Analysten spätestens im Herbst erwarten. Die Dividendenrendite von fast fünf Prozent macht die Aktie zusätzlich attraktiv. Kaufen.

Wolfgang Ehrensberger