"Das ist die dritte Senkung des Ausblicks im Werbegeschäft in diesem Jahr", erklärte Analystin Laurie Davison von der Deutschen Bank die Reaktion der Anleger. Zudem komme die Aussage nur drei Wochen nach der Vorlage des Halbjahresberichts. Auch Analystin Lisa Yang von Goldman Sachs sowie ihre Kollegin Sonia Rabussier von der Commerzbank strichen ihre Empfehlungen. Die Warnung vor einem schwächeren TV-Werbegeschäft sei eine "große negative Überraschung", begründet Yang die Abstufung des Dax-Wert auf beobachten. Rabussier wiederum sieht "kein Licht am Ende des Tunnels" und setzte die Bewertung der Aktie zunächst aus.
Wegen eines schwächelnden Fernsehwerbegeschäftes setzt ProSiebenSat.1 schon länger auf Sparten außerhalb der angestammten Sender. Trotz der schlechten Entwicklung im Stammgeschäft bekräftigtes das Unternehmen seine Umsatz- und Gewinnziele für 2017. Dabei setzt der TV-Sender auf und hofft weiter auf eine Erholung der Fernsehwerbung zum Jahresende hin. Demnach soll der Umsatz 2017 im Vergleich zum Vorjahr von 3,8 Milliarden Euro unverändert mindestens im hohen einstelligen Prozentbereich steigen. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll ebenfalls zulegen. Hier hatte der Konzern im vergangenen Jahr 1,02 Milliarden Euro erreicht.
Um sich besser auf den Wandel der Medienlandschaft auszurichten nehmen die Münchner nun die eigene Konzernstruktur unter die Lupe. Kern der Überlegungen sei die Schaffung einer Unterhaltungssparte, teilte der Dax-Konzern mit. Dazu könnten die TV-Aktivitäten mit den Online-Unterhaltungsplattformen zu einer Unterhaltungssparte kombiniert werden. Hiervon verspricht sich das Management mittelfristig spürbare Einsparungen.
Zudem will ProSiebenSat.1 in den Bereichen Content Production und Commerce schneller wachsen. Dafür könnte sich der Konzern nach eigenen Angaben Investoren an Bord holen und auch über Zusammenschlüsse sprechen. "Die Überprüfung beinhaltet auch die Möglichkeit für potenzielle künftige Börsennotierungen", erklärte das Unternehmen. Details sollen am 9. November vorgestellt werden.
Für einen außerordentlichen Gewinn von 319 Millionen Euro im laufenden Quartal sorgt der Verkauf des Flugreiseportals Etraveli an den Finanzinvestor CVC, wie der Konzern mitteilte. Dem steht aber eine Abschreibung auf das klassische Fernsehgeschäft gegenüber. Auf die Cash-Position - also das Geld auf der hohen Kante - wirke sich das aber nicht aus.
Auf Seite zwei: Einschätzung der Redaktion
Einschätzung der Redaktion
Die Sendergruppe zählt seit Jahresbeginn zu den schlechtesten Werten im Dax. Die wiederholt gesenkten Erwartungen für die klassischen TV-Werbeeinnahmen deuten auf ein strukturelles Problem der Branche hin. Immer mehr Werbung fließt ins Internet statt über die Mattscheibe zu flimmern. Dass die Münchner selbst die Digitalisierungswelle reiten, ist den Börsianern dabei offensichtlich nicht genug. Noch macht der Konzern etwa die Hälfte seiner Umsätze mit den klassischen TV-Werbespots.
Auch der geplante Konzernumbau scheint für die Aktionäre kein Trost zu sein. Dabei legt Vorstandschef Thomas Ebeling damit weiter Hand an die von Kritikern als "Gemischtwarenladen" bezeichnete Konzernstruktur. Kürzlich verkaufte er für mehr als eine halbe Milliarde Euro das Flugreiseportal Etraveli -innerhalb von zwei Jahren hat sich der Wert dieser Beteiligung damit mehr als verdoppelt. Der Ausstieg lässt die ohnehin gut gefüllte Kasse weiter wachsen. Bereits per 31. März türmten sich liquide Mittel von knapp 1,3 Milliarden Euro auf der hohen Kante der Münchner. Zumindest die Verkaufserlöse von Etraveli will Ebeling in den Ausbau des Digitalgeschäftes sowie neue Internet-Beteiligungen stecken.
Nachdem der Wert unseren Stoppkurs bei 28 Euro knapp unterschritt, stufen wir den Dax-Wert vorerst auf Verkaufen zurück. Die Probleme im traditionellen TV-Werbegeschäft scheinen größer als gedacht. Die Hoffnung auf ein Anziehen der Einnahmen im vierten Quartal teilen wir nach den wiederholten Fehleinschätzungen des Management nicht. Auch wenn der Wandel zu einem digitalen Unterhaltungskonzern vorangetrieben wird, die Transformation scheint das Wegbrechen der TV-Einnahmen derzeit nicht kompensieren zu können.
Empfehlung: Verkaufen