Präsidialerlass aus dem Kreml: BASF-Tochter soll alle Anteile an Gasförderprojekten in der Arktis verlieren. Unternehmen reagiert empört: "Russland ist unberechenbar."
Kremlchef Wladimir Putin hat per Präsidialerlass verfügt, dass die BASF-Tochter Wintershall Dea und der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV alle Anteile an Gasförderprojekten in der russischen Arktis verlieren sollen. Das geht laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters aus Dekreten hervor, die Kremlchef Wladimir Putin am Dienstag unterzeichnet habe. Alle Aktivitäten mit russischer Beteiligung, darunter die Beteiligung von Wintershall Dea an der Gaspipeline Nord Stream sowie die Gemeinschaftsunternehmen mit Gazprom, sollen bis Mitte 2024 rechtlich getrennt werden.
Putin krallt sich deutsche Firmenbeteiligung
Wie es in den von Reuters zitierten Dekreten weiter heißt, sollen die Beteiligungen von OMV und Wintershall Dea am Gasfeld Juschno Russkoje und an den Achimov-Projekten, die beide in der Region Jamal-Nenets im hohen Norden Russlands liegen, auf neu gegründete russische Gesellschaften übertragen werden. Erlöse aus dem Verkauf der Anteile auf Sonderkonten der bisherigen ausländischen Eigentümer überwiesen werden. Alle bisher gültigen Unternehmensverträge sollen mit der Unterzeichnung des Dekrets ihre Gültigkeit verlieren. Aus dem Kreml hieß es dazu weiter, es gebe keine Beschlagnahmung von Vermögenswerten.
BÖRSE ONLINE hat bei Wintershall Dea nachgefragt, inwieweit das Unternehmen Kenntnis über diese Verfügungen Putins hat, welche finanziellen Auswirkungen für Wintershall Dea erwartet werden und wie das Unternehmen darauf reagieren will. Hier die Antwort von Wintershall-Dea-Sprecherin Daria Prokhorova: "Die Information haben wir aus den Nachrichten erfahren und sind derzeit dabei, die Situation im Detail zu analysieren. Der Präsidialerlass ist eine weitere Bestätigung: Russland ist kein verlässlicher Wirtschaftspartner mehr und unberechenbar – in jeder Hinsicht." Die bereits im Jahr 2022 beim Rückzug aus den Russland-Engagements verbuchten Verluste aus Entkonsolidierungen und Wertminderungen bezifferte die Wintershall-Dea-Sprecherin auf insgesamt sieben Milliarden Euro. Der Konzern hatte bereits zu Beginn dieses Jahres das Aus seiner Geschäfte in Russland angekündigt, die zuletzt rund 50 Prozent der gesamten Produktion ausmachten. Vorstandschef Mario Mehren hatte gesagt, die Beteiligungen seien "de facto wirtschaftlich enteignet" worden.
Russisch-israelischer Milliardär Michail Fridman Miteigner bei Wintershall Dea
Der deutsche Chemieriese BASF hält 67 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen Wintershall Dea. Die anderen Anteile hält die Investmentgesellschaft LetterOne des russischen Milliardärs Michail Fridman. Wintershall Dea steht vor dem Rückzug aus Russland, OMV hatte das bereits im vergangenen Jahr zurückgezogen. Fridman, ein gebürtiger West-Ukrainer, war 2013 von Moskau nach London umgezogen, kehrte laut Medienberichten jedoch im Oktober diesen Jahres nach Moskau zurück. Er hat sich bei Ausbruch des Ukraine-Kriegs gegen den Feldzug Russlands positioniert und ihn in einer internen LetterOne-Mitteilung als „Tragödie“ und „sinnloses Blutvergießen“ bezeichnet. Nun sei er aber aus Resignation über die westlichen Sanktionen, aber auch wegen laufender Ermittlungen in Großbritannien gegen ihn wieder nach Moskau gegangen, hieß es in der „Neuen Züricher Zeitung“. Zuvor habe er wegen des dortigen Kriegsausbruchs Pläne verworfen, nach Israel umzuziehen. Fridman ist auch israelischer Staatsbürger.
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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.