Von seiner Form ähnelt der Kunststoffbehälter einer Tintendrucker-Kartusche. Diese Einwegkartusche mit dem Produktnamen QIAstat-Dx Respiratory Panel Cartridge hat das Zeug zu einem wichtigen Schlüsselprodukt, um in der drohenden Coronavirus-Pandemie infizierte Personen schnell zu identifizieren. Genauer gesagt innerhalb von einer Stunde. Dann sind die Abstriche aus der Nasenschleimhaut über das Gensequenzierungsverfahren PCR auf ihr genetisches Material ausgewertet.
Insgesamt 21 verschiedene Erreger für Atemwegserkrankungen, darunter vier Corona- und neun Grippeviren, lassen sich mit der vollautomatischen Diagnostikplattform QIAstat-Dx identifizieren. Während Finanzmärkte und Politik angesichts der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus delirieren, könnte Qiagen zu den Nutznießern der Pandemie zählen. Rund 700 Euro kostet das von der Diagnostikfirma entwickelte Set mit sechs QIAstat-Kartuschen, bis zu 30 000 Euro das komplette Analysesystem für die Auswertung.
Lukrative Marktnischen
Kai Brüning, Fondsmanager bei Apo Asset Management, geht davon aus, dass das im Herbst 2018 eingeführte Produkt für einen Umsatzschub sorgen wird: "Die Implementierung des Covid-19-Tests in das QIAstat-Dx zeigt, wie schnell Qiagen auf Marktumstände reagieren kann. Schafft es das Unternehmen, nach dem Anlaufstadium in den Kliniken schnell Umsätze mit dem Coronavirus-Test zu generieren, kann das 2020 für erheblichen Rückenwind im operativen Geschäft sorgen."
Aktuell wird das Gerät in vier chinesischen Kliniken getestet. Zeigen sich damit Fortschritte hinsichtlich schneller Identifizierung der vom Virus befallenen Patienten, könnte das sofort Aufträge in die Kasse von Qiagen spülen. Dann könnte der molekulare Virendetektiv in Kliniken ebenso zum Einsatz kommen wie etwa an Flughäfen - in China und weltweit. Branchenexperten hatten die jährlichen Spitzenumsätze für QIAstat-Dx schon vor dem Auftreten des Coronavirus auf bis zu 350 Millionen US-Dollar beziffert.
Die Qiagen-Aktie zählt schon jetzt zu den Nutznießern. In einer turbulenten Börsenwoche, in der die globalen Leitindizes deutlich einbrachen, hielt sich der MDAX-Titel stabil. Aber auch im operativen Geschäft hat sich das Unternehmen aus Hilden nach einem heißen Herbst mit zwei Gewinnwarnungen und dem Abgang des langjährigen Firmenchefs Peer Schatz gefangen.
Qiagen reagierte - und verabschiedet sich vom Geschäftsfeld Next-Generation Sequencing. Dieses Verfahren zur superschnellen Auswertung genetischer Daten galt als Eckpfeiler der 2016 eingeleiteten Neuausrichtung. "Dass sich Qiagen nach dem Abschied vom teuren Abenteuer Gensequenzierung ganz auf diagnostische Testsysteme konzentriert, ist der richtige Weg", meint Hanns Frohnmeyer, Portfolio Manager bei BB Adamant. "Damit sind keine größeren Investitionen für den Einsatz von teuren Sequenziergeräten notwendig und Qiagen kann seine Kapitalressourcen ganz auf die Entwicklung von neuen molekularen Diagnostiksystemen konzentrieren."
Spekulative Anleger setzen jetzt darauf, dass Qiagen nach den roten Zahlen vom Vorjahr die Umsatz- und Gewinnziele für 2020 übertrifft. Stefan Riedel