Der MDAX-Konzern senkt deshalb seine Jahresziele. Das Management um Unternehmenschef Thierry Bernard setzt seine Hoffnungen nun vor allem auf jene Produktgruppen ohne Covid-19-Bezug - und gerade dort zieht die Nachfrage derzeit kräftig an. An der Börse verlor die Aktie am Dienstagmorgen erneut an Wert, nachdem sie bereits am Vorabend knapp drei Prozent eingebüßt hatte.
In den ersten Handelsminuten ging es für das Papier um mehr als vier Prozent abwärts. Wegen seines umfangreichen Covid-19-Testangebots galt Qiagen im vergangenen Jahr an der Börse noch als ein wichtiger Corona-Gewinner, was der Aktie reichlich Auftrieb bescherte. Doch in diesem Jahr fährt das Papier bislang einen recht unbeständigen Kurs mit starken Schwankungen. Seit Jahresbeginn beträgt der Kursverlust inzwischen 6,6 Prozent.
Für das Gesamtjahr 2021 erwartet das Qiagen-Management nunmehr einen währungsbereinigten Anstieg des Umsatzes von mindestens noch 12 Prozent, wie das Unternehmen am Montagabend im niederländischen Venlo mitgeteilt hatte. Bisher war der Konzern von einem Plus von 18 bis 20 Prozent ausgegangen.
Die Zielsenkung für 2021 sei eine Enttäuschung, kommentierte Jefferies-Analyst Peter Wolford die Nachrichten, wenngleich die von Qiagen vorab veröffentlichten Umsätze sowie das Ergebnis je Aktie im zweiten Quartal über den Konsensschätzungen gelegen hätten. Die Geschäftsentwicklung sei jedoch stärker von der Pandemie abhängig als gedacht, kritisierte der Branchenkenner.
Die Qiagen-Führung jedoch betont derzeit die Chancen, die sich anderweitig für den Konzern ergäben: Das Management hat bereits vor einiger Zeit fünf Wachstumspfeiler definiert, die unter anderem verschiedene Diagnostik-Geräte und ein Tool zur Gensequenzierung umfassen. Damit zielt der Konzern etwa auf Trends in der Pharmaindustrie wie Genanalyse und individualisierte Therapien ab. In den Produktgruppen außerhalb der Covid-19 verzeichne Qiagen ein starkes Wachstum, sagte Konzernchef Thierry Bernard daher laut Mitteilung.
Vorläufigen Berechnungen zufolge stieg der Erlös im zweiten Quartal um 28 Prozent - und 24 Prozent währungsbereinigt - auf rund 567 Millionen US-Dollar (478 Mio Euro), wobei das stärkste Wachstum im amerikanischen Markt erreicht wurde. Dabei verzeichneten jedoch die Produktgruppen mit Covid-19-Bezug einen währungsbereinigten Rückgang um 17 Prozent, weil die Impfkampagnen zu einer geringeren Testnachfrage geführt hätten.
Außerhalb des Covid-Testgeschäfts seien die Erlöse mit einem währungsbereinigten Plus von 52 Prozent auf knapp 408 Millionen Dollar stärker als gedacht angestiegen, hieß es weiter. Damit verschieben sich die Erlöse mit einem Anteil von zuletzt 72 Prozent am Gesamtumsatz weiter zugunsten des Nicht-Covidgeschäfts - zu Jahresauftakt lag der Anteil noch bei 64 Prozent.
Beim bereinigten Gewinn je Aktie erwartet Qiagen für das zweite Jahresviertel 0,66 bis 0,67 Dollar, währungsbereinigt ist das etwas mehr als zuvor in Aussicht gestellt. Auch hier passt das Unternehmen die Prognose für das Gesamtjahr an. So soll der Gewinn je Aktie nun mindestens 2,42 Dollar zu konstanten Wechselkursen erreichen. Bisher war die Rede von 2,42 bis 2,46 Dollar.
Unternehmenschef Bernard hatte bereits zum Jahresstart darauf hingewiesen, dass die Pandemie zwar Rückenwind liefere, Qiagen aber nicht hiervon abhänge. Für das laufende dritte Quartal rechnet das Management allerdings mit einer Stagnation der Erlöse. Der Gewinn je Aktie dürfte gar zurückgehen und währungsbereinigt zwischen 0,52 und 0,53 Dollar landen nach 0,58 Dollar ein Jahr zuvor.
Das Unternehmen kündigte zudem ein weiteres Aktienrückkaufprogramm im Umfang von bis zu 100 Millionen Dollar an. Auf Grundlage der Schlussnotierung am vergangenen Freitag sei das ein Rückkaufvolumen von etwa zwei Millionen Aktien, hieß es.
dpa-AFX