Mit einem überraschenden technologischen Erfolg schafft es der Technologiekonzern Microsoft im Wettbewerb um den ersten kommerziellen Rechner in die erste Reihe. Was dahintersteckt und warum rund 25 Prozent Kurschance winken könnten.
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Technologie- und Softwaregigant Microsoft stellte am vergangenen Mittwoch seinen Quantencomputer-Chip „Majorana 1“ vor. Nach eigenen Angaben ist er weit weniger fehleranfällig als die Chips der Konkurrenz. Microsofts Vision: Einsatzfähige Quantencomputer sollen nur noch „Jahre und nicht Jahrzehnte“ entfernt sein.
Computer mit Quantenchips könnten einmal viel schneller sein als ihre herkömmlichen Pendants. Die grundlegende Informationseinheit herkömmlicher Computer ist das Bit. Es kann exakt zwei Zustände einnehmen (0 oder 1). Quantencomputer arbeiten hingegen mit Qubits. Diese Quantensysteme — etwa Atome oder Photonen — gehorchen den Gesetzen der Quantenphysik.
Sie können daher nicht nur 0 und 1, sondern auch Überlagerungen dieser beiden Zustände annehmen. Dadurch können Quantencomputer parallel sehr viele mögliche Ergebnisse auf einmal berechnen. Je mehr Qubits verknüpft sind, desto komplexere Aufgaben können damit erledigt werden. Quantencomputer sollen in Zukunft mathematische Probleme sehr viel schneller lösen als bisherige Computer, etwa beim Verschlüsseln von Daten, in der Materialforschung oder beim maschinellen Lernen für Anwendungen künstlicher Intelligenz. Sie könnten Entdeckungen in der Medizin, der Chemie und vielen anderen Bereichen ermöglichen, in denen die nahezu unendlichen Mengen möglicher Kombinationen von Molekülen klassische Computer überfordern.
Microsoft arbeitet bei Qubits, anders als die Konkurrenz, mit Majorana-Fermionen, subatomaren Teilchen, benannt nach dem italienischen Physiker Ettore Majorana. Erst 2022 gelang es Microsofts Forschern, Effekte nachzuweisen, die von diesen Elementarteilchen verursacht werden. Nur knapp drei Jahre später präsentiert der Konzern nun den Chip „Majora-na 1“ mit acht topologischen Qubits.
Microsoft-Aktie: Es winken Kurschancen von rund 25%
Die Theorie ist vielversprechend: Majorana-Fermionen sollen im Gegensatz zu anderen Teilchen in Supraleitern oder Ionen, die auch als Qubits genutzt werden, robuster gegenüber Störungen und Fehlern sein. Die nächste große Hürde ist nun, eine Million topologische Qubits auf einem Chip unterzubringen. „Was auch immer Sie im Quantenbereich tun, es muss einen Weg zu einer Million Qubits geben. Wenn nicht, werden Sie gegen eine Wand laufen, bevor Sie die Größenordnung erreichen, in der Sie die wirklich wichtigen Probleme lösen können, die uns motivieren“, erläutert Chetan Nayak, Informatiker bei Microsoft. Er fügt hinzu: „Wir haben einen Weg zu einer Million gefunden.“ Doch es gibt auch Kritiker.
Daniel Loss, Professor für Theoretische Physik an der Universität Basel kritisiert, es gebe keine wissenschaftliche Publikation, und dementsprechend sei es unmöglich, Microsofts Behauptungen zum Chip zu verifizieren. Topologische Majorana-Qubits stellten nur einen von vielen möglichen Ansätzen zur Entwicklung von Quantencomputern dar. Es bleibt daher spannend — bei Microsoft und bei den Quantenchips. Ein Kursziel von 480 Euro bietet rund 25 Prozent Luft nach oben.
Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier