Nicht schlecht, dieser Schub! Ich sitze in einem VW Golf mit 136 PS, die aus einem Elektromotor kommen. Dass der ab der ersten Umdrehung lautlos anschiebt wie ein Raumschiff, wissen mittlerweile auch meine beiden Kinder. "Raketenstart, Raketenstart", skandieren sie von der Rückbank. Und der Papa will seine Kleinen nicht enttäuschen. Also trete ich zum x-ten mal voll aufs Gas. Klar, kein Golf kann Lichtgeschwindigkeit, auch nicht mit E-Motor. Doch es reicht, um Kinder zu bespaßen.

Einen Monat lang hatte die €uro-Redaktion zwei Elektro-Autos zum Test: zwei Wochen den VW e-Golf, der seit 2014 über deutsche Straßen stromt. Und zwei Wochen den Hyundai Kona Elektro, der als erster Kompakt-SUV mit E-Antrieb neu auf dem Markt ist und mit respektabler Reichweite wuchert. Ihre Aufgabe: der harte Einsatz im Pendleralltag und als Familienkutsche. Das Ziel: herausfinden, ob Elektromobilität immer noch Umstand und Verzicht bedeutet und wie tief man dafür in die Tasche greifen muss.

Die Kostenfrage ist scheinbar schnell geklärt: "Papa, der sieht ja aus wie unser Auto, nur in klein", sagt mein Sohn beim Blick auf Lenkrad und Schalter des VW. Er hat recht: In unserem VW Touran sind die gleichen Teile verbaut. Der läuft aber mit Benzin und hat anders als der e-Golf einen riesigen Kofferraum mit zwei aufklappbaren Extrasitzen, falls die Nachbarskinder mal mit müssen. Eine Gemeinsamkeit haben die beiden VWs aber: ihren Preis. Knapp 40 000 Euro kostet der Touran laut Liste. Inklusive Anhängerkupplung, Panoramadach und Kindersitzen. Der viel kleinere Test-e-Golf ist fast genauso teuer. Dafür baut VW schon bei der Basisversion Dinge wie LED-Lichter, großes Navi und Alufelgen ein.

Diese Stille! Der große Preis für den kleinen Wagen ist ein Schock. Und er macht nachdenklich. VW ist schließlich nicht der einzige Autobauer, der seine E-Mobile extrem teuer aber gut ausgestattet anbietet. Ob die Hersteller die Autos mit Technik vollstopfen, um zu zeigen, was geht? Oder tun sie das, um ihren Kunden mehr Geld aus der Tasche zu ziehen und so die Entwicklungskosten, so schnell es geht, reinzuholen? Ich frage bei VW und Hyundai nach, bekomme aber keine Antwort. Es bleibt die Vermutung, dass sich E-Autos mit weniger Ausstattung, aber niedrigerem Preis bei Pendlern und Familien besser verkaufen würden.

Beim Fahren ist die Ausstattung aber bequem und der hohe Preis vergessen. Zumal er sich etwas relativiert, wenn man die Unterhaltskosten einbezieht (siehe Kasten Seite 127). Der e-Golf läuft so perfekt wie jeder andere Golf. Vielleicht sogar noch besser, da die Batterie dem Auto einen tiefen Schwerpunkt gibt. Er fühlt sich fast wie ein Gokart an. Während die aber knattern wie Rasenmäher, herrscht im E-Auto Stille. Die Musik aus der Anlage kommt ohne den Klangteppich aus Selbstzündungen und Motorjaulen ans Ohr. Was für eine Wohltat.

Entspannt rausche ich in die Arbeit. Hin und zurück sind es 80 Kilometer über Landstraße, Autobahn und in der Münchner Innenstadt. Die Kollegen witzeln, mir werde der Strom ausgehen, doch ich gebe mich selbstbewusst. Insgeheim ist sie aber da, die Reichweitenangst. Was das Pendeln angeht, ist sie aber unbegründet. 80 Kilometer sind auch für den technisch etwas betagten e-Golf kein Problem.

Obwohl es Minusgrade hat, die Heizung immer voll aufgedreht ist und der Digitaltacho so oft es geht die Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h zeigt. Das alles frisst Strom. Statt der versprochenen 300 Kilometer schaffe ich mit einer Ladung trotzdem knapp 200. Ähnlich weit verfehle ich auch mit einem Verbrenner die Werksangaben für Verbrauch und Reichweite. So gesehen alles wie gewohnt.

Auf Seite 2: Ein paar Ehrenrunden





Ein paar Ehrenrunden. Was anders ist: Ich kann nicht mal schnell tanken, sondern muss jeden Ladestopp gut planen. Auch das Bezahlen ist nicht so einfach. Die rund 13 500 Stromstationen in Deutschland haben unzählige Anbieter, deshalb bestelle ich gleich drei Ladekarten (Plugsurfing, Maingau Energie und EnBW), die an vielen Säulen funktionieren. Sie kommen mit Apps, die zeigen, wo es überhaupt Stationen gibt. Etwa 20 Ladestellen nennen sie in Gehweite der €uro-Redaktion in München.

Zuversichtlich steuere ich bei meiner ersten Fahrt die vier Säulen in der Landwehrstraße an, die mir mein Smartphone als frei meldet. Tatsächlich lädt hier kein E-Auto, ich kann aber trotzdem nicht "tanken", weil auf den für E-Autos reservierten Plätzen vor den Säulen zwei Lieferwagen, ein SUV und ein Kombi stehen - alle mit Verbrenner. Deshalb geht es weiter um den Block zum "Haus der Elektrotechnik", wo es ebenfalls eine Station geben soll. Klingt passend! Doch die ist kaputt, und das schon länger, wie die Frau im Sekretariat genervt erklärt. Die Verzweiflung wächst, ich fahre weiter. Bei der ebenfalls nahen Hopfenpost komme ich an sechs Ladestellen vorbei, die keine meiner Apps kennt. Alle sind frei. Schnell stecke ich das Auto an. Die Plugsurfing-Karte weigert sich, aber die von EnBW geht. Endlich Saft!

Trotz holprigem Start wird die Suche schnell Routine. Zielsicher navigiere ich bald zu freien Säulen und bleibe locker, wenn eine mal vollgeparkt oder kaputt ist. Gut 30 Minuten mehr bin ich so pro Tag unterwegs, dafür gibt es einen schönen Nebeneffekt: Das Parken in der Innenstadt ist plötzlich umsonst und das Laden in der Nähe meiner Arbeit kostet oft pauschal nur einen Euro. Das macht die Fahrten ins Büro billig. Zu Hause hängt das Auto dann in der Garage am normalen Hausstrom. Der lädt zwar nur behäbig, aber die Montage einer schnellen Wallbox für rund 1000 Euro war mir für den Test zu teuer.

Auf Seite 3: Mehr Bewegungsfreiheit?





Mehr Bewegungsfreiheit? Zwei Wochen später ist der e-Golf zurückgegeben. Schade, meint mein Sohn. Dafür parkt nun ein Hyundai Kona Elektro bei uns. Der Mini-SUV sieht ein bisschen aus wie eine Schildkröte, was meine Tochter super findet. Technisch ist er brandneu: In der großen Version hat seine Batterie 64 Kilowattstunden Kapazität, fast doppelt so viel wie die im e-Golf. Sie schiebt den schweren Hyundai in nur sieben Sekunden auf Tempo 100, weshalb die Kinder sehr viele "Raketenstarts" fordern. Der Hyundai klingt sogar ein bisschen wie ein Raumschiff und riecht nach dem Start ein paar Mal kurz wie ein Föhn. Das ist wohl der elektrische Zuheizer.

Das Auto hat aber seinen Preis: Mit großer Batterie startet der Kona Elektro bei 39 000 Euro. Die getestete Premium-Variante mit belüfteten Ledersitzen und Head-up-Display liegt bei 45 600 Euro. Das schmerzt - für Pendler ebenso wie für Familien, die im Kona auch nicht mehr Platz haben als im e-Golf und für die es noch gar kein großes und zugleich bezahlbares E-Auto gibt. Immerhin: VW bietet Fahrern von e-Golfs für Urlaube und lange Reisen 30 Tage im Jahr kostenlose Leihwagen, das aber leider nur die ersten beiden Jahre nach dem Kauf.

Hyundai spart sich das. Schließlich hat der Kona Elektro eine für e-Autos enorme Reichweite. 449 Kilometer weit soll er kommen. Bei mir sind es trotz Kälte und viel Vollgas immerhin 300 bis 350. Außerdem kriegt man die Batterie an Schnellladestationen in einer Stunde fast voll. Die sind allerdings noch sehr selten.

Das rückt Ziele in Sicht, die bisher elektrisch nur mit einem teuren Tesla erreichbar waren. Schon mit dem e-Golf bin ich neben der Pendelei problemlos zum Sport oder zum Einkaufen gekommen. Weil Schnee lag, ging es am Wochenende sogar zu einem kleinen Skilift im Münchner Umland. Nun soll der Kona beweisen, dass sich neue E-Autos auch für weite Fahrten eignen. Und das bei einem Wellness-Wochenende, das meine Frau lange vor dem Test gebucht hatte. Der Plan: freitags während der Arbeit das Auto komplett laden, dann nach Hause und um 17 Uhr gut 200 Kilometer in die Einsamkeit des Bayerischen Walds, wo um 20 Uhr das Abendessen wartet. Dort am nächsten Tag ab in eine Therme, vor der eine Ladestation steht, und danach die 200 Kilometer wieder zurück.

Es kommt anders, wie so oft. Weil eines der Kinder zum Arzt muss, nehme ich spontan Urlaub. Mit dem halb geladenen Auto fahre ich zum Arzt, dort gibt es keine Ladestation. Langsam setzt Panik ein: Wie bekomme ich die Kiste voll? Um 13 Uhr gebe ich die Kinder schließlich bei den Schwiegereltern ab und fahre zu einer Ladestation im 20 Kilometer entfernten Indersdorf. Es ist die einzige, die in der Nähe unseres Dorfs steht. Dort stecke ich das Auto an und kaufe ein. Dann sitze ich in einem Café rum, löse Kreuzworträtsel, trinke drei Espresso und esse eine Sahnerolle. Als ich endlich wieder am Auto bin, klappt mir die Kinnlade runter: Die Säule hat statt mit den angegebenen 13 mit drei Kilowattstunden geladen, meine Restreichweite ist in den gesamten drei Stunden von 150 nur auf 190 Kilometer gestiegen.

Ich schleiche die 20 Kilometer zurück nach Hause und versuche meine Frau zu überzeugen, trotzdem mit dem E-Auto zu fahren. Auf den 200 Kilometern in den Bayerischen Wald gibt es an der Strecke keine einzige Schnellladestation, doch das werden wir schon hinkriegen. Und notfalls machen wir einen Umweg oder einen längeren Stopp. Ist doch ein Abenteuer, oder? Meine Frau zieht die Augenbrauen hoch. Sie hat Hunger und will das Abendessen nicht verpassen. Wir lassen das E-Auto in der Garage und fahren dann doch mit unserem Benziner.

Auf Seite 5: Sind E-Autos wirklich teuerer?





Sind E-Autos wirklich teurer?



Elektro-Autos sind richtig teuer - zumindest auf den ersten Blick: 35 900 Euro kostet der e-Golf in der Basis-Version. Ohne Ladekabel und ohne Ladestation für die Garage, die "Wallbox", deren Kosten inklusive Montage bei über 1000 Euro liegen. Auch den Hyundai Kona Elektro gibt es mit kleiner Batterie erst ab 34 900 Euro. Für das Modell mit großer Batterie und Style-Ausstattung werden 42 500 Euro fällig, für die Premium-Version sogar 45 900 Euro. Ganz schön happig. Trotzdem kann sich der Kauf eines E-Autos lohnen.

Günstiger Unterhalt. Laut einer Kalkulation des ADAC ist der Kona Elektro Style mit kleiner Batterie nämlich ab 15 000 Kilometer Fahrleistung pro Jahr in den Gesamtkosten bereits minimal billiger als ein vergleichbar motorisierter und ausgestatteter Benziner. Selbst mit großer Batterie hat man kaum Mehrkosten. Der e-Golf rentiert sich noch früher und hängt bei den Kosten auch den Diesel ab. Wer 10 000 Kilometer pro Jahr fährt, spart mit dem Stromer von VW im Vergleich zum Benziner zwei Cent und im Vergleich zum Diesel sogar vier Cent pro Kilometer (siehe Tabelle unten).

Dass die E-Autos ihren hohen Kaufpreis irgendwann amortisieren, liegt nicht nur an der staatlichen Förderungen von 4000 Euro, die der ADAC bei seiner Rechnung berücksichtigt hat. Vor allem bei den laufenden Kosten sind elektrische Modelle günstig. Denn Strom ist in der Regel billiger als Benzin oder Diesel. Der ADAC hat bei seiner Kalkulation einen Strompreis von 30 Cent je Kilowattstunde (KWh) angesetzt. Damit würde man den Kona mit großer Batterie und theoretischer Reichweite von fast 500 Kilometern für weniger als 20 Euro laden. Wer sein Auto meist zu Hause lädt, kann sogar noch günstiger wegkommen, wenn er seine Wallbox über eine Solaranlage auf dem Dach der Garage speist - vor allem, wenn die bereits installiert ist. Selbst unterwegs wird es nur bei Schnellladestationen teuer. An den langsameren Stromtankstellen in der Münchner Innenstadt zahlten wir im Test oft pauschal einen Euro fürs Laden.

In zwei, drei Stunden floss dann immerhin Energie für rund 100 Kilometer in die Autos. Zu den niedrigen Betriebskosten kommen weitere Vorteile. Relativ geringe Ausgaben für Wartung und Verschleiß etwa. "Auch die Batterien halten nach ersten Erfahrungen viel länger als gedacht", so ein ADAC-Sprecher gegenüber €uro. Zudem sind E-Autos über zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit und können je nach Modell auch bei der Versicherung minimal im Vorteil sein.

Risikofaktor Restwert. Ein echter Risikofaktor ist jedoch der Restwert. Noch sind drei bis vier Jahre alte E-Autos als Gebrauchtwagen recht teuer. Das muss nicht so bleiben. Denn kommen mehr neue Modelle mit geringerem Neupreis und höherer Reichweite auf den Markt, sinkt auch der Restwert der einst teuren gebrauchten Flitzer rapide, weil sie plötzlich technisch veraltet sind. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich überlegen, ob er lieber auf ein Leasingangebot zurückgreift. Dabei zahlt man eine monatliche Nutzungsgebühr für das E-Auto und gibt es nach Ende der Laufzeit einfach zurück. So kann einem dessen Restwert auf dem Gebrauchtwagenmarkt egal sein.

Genau rechnen. E-Autos sind also doch ein guter Deal? Kommt darauf an. Man muss wissen, dass sie schon in der Basis üppig mit Navi und anderen Extras aus-gestattet und außerdem stark motorisiert sind. Für die Kostenvergleiche zieht der ADAC deshalb immer Autos mit ähnlich guter Ausstattung und starkem Motor -heran. Beim Kona war das zum Beispiel ein Benziner mit 177 PS, Automatik und Allrad.

Nicht jeder leistet sich das. Geht es um das günstige Pendeln, reicht auch der billigste Kona-Benziner mit 120 PS und Handschaltung für 17 730 Euro. Selbst gegen den Diesel mit 136 PS und mittlerer Ausstattung ist der Kona Elektro bei den Kosten chancenlos. Ähnlich der e-Golf. Er ist fast doppelt so teuer wie der Einsteiger-Golf mit 85 PS für 19 300 Euro. Für seinen Preis von 36 000 Euro bekommt man sogar einen VW-Bus ("Multivan Family"). Der hat dann zwar viel Platz und kein Reichweitenproblem, aber nur magere 115 PS und eine Ausstattung Marke Holzklasse. Hier muss jeder anhand seiner Bedürfnisse selbst abwägen, was für ihn wichtiger ist.



Sie wollen weitere Artikel aus dem aktuellen €uro Magazin lesen? Hier kommen Sie zur Digital-Ausgabe.