Die Razzia stand in Zusammenhang mit schon seit 2017 laufenden Ermittlungen gegen Kunden und Mitarbeiter, wie ein Sprecher der Deutschen Börse erklärte. In ganz Deutschland gibt es immer wieder Durchsuchungen wegen der mutmaßlich illegalen Steuertricks mit Aktiendividenden. Auch bei der Deutschen Bank, der Commerzbank und der DZ Bank haben die Fahnder schon einmal Akten und Computer durchleuchtet.
Bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit (lateinisch: "cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch. Laut Bundesfinanzministerium sind dem Fiskus in Deutschland mehr als fünf Milliarden Euro entgangen, bevor die Gesetzeslücke 2012 geschlossen wurde. Andere Experten gehen eher von einem doppelt so hohen Schaden aus. Nach Reuters-Informationen sind von den hoch umstrittenen Geschäften neben Deutschland und Dänemark auch Österreich, Belgien und Norwegen betroffen.
Laut "Handelsblatt" geht es bei den Ermittlungen bei der Börse um den Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Clearstream soll Kunden dabei geholfen haben, eine Mehrfacherstattung von Kapitalertragsteuern zu erlangen. Verschiedene Banken sollen entsprechend beraten worden sein. Auch bei der luxemburger Einheit von Clearstream sollen die Fahnder aktiv geworden sein.
Landgericht Bonn knöpft sich Händler und Banken vor
Clearstream verwahrt als eine Art Sammelbank in- und ausländische Wertpapiere und übernimmt die Abwicklung auch von außerbörslichen Wertpapiergeschäften. Nach der Derivate-Tochter Eurex ist Clearstream die zweitwichtigste Sparte der Deutschen Börse. Im ersten Halbjahr erzielte sie Erlöse von 385 Millionen Euro und war damit für rund ein Viertel der Gesamtumsätze des Konzern verantwortlich. Anleger der Deutschen Börse reagierten verschreckt auf die Durchsuchungen. Die Aktien der Deutschen Börse verloren zeitweise zwei Prozent und lagen am Dax-Ende.
Erstmals stehen in der Cum-Ex-Sache ab Mittwoch nächster Woche zwei Händler vor Gericht. Zudem müssen fünf Geldhäuser den Richtern am Landgericht Bonn Rede und Antwort stehen. Bei den mutmaßlich illegalen Aktiengeschäften soll der Fiskus um mehr als 440 Millionen Euro geprellt worden sein. Den Angeklagten droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Steuerexperten hatten Cum-Ex-Geschäfte lange als legalen Steuertrick erachtet. Seit einigen Jahren bewerten Ermittler und Strafverfolger das Vorgehen aber fast einhellig als Steuerhinterziehung und treiben ihre Ermittlungen voran.
rtr