Finanzminister Christian Lindner preschte mit dem Vorschlag vor, zeitlich befristet einen Tank-Rabatt einzuführen. Das würde den Staat Milliarden kosten. Die Grünen sind hier skeptisch. Es zeichnet sich zudem ab, dass der bereits geplante Heizkostenzuschuss für ärmere Haushalte noch einmal aufgestockt wird.

FDP-Chef Lindner sagte, Mittel für den Tank-Rabatt könnten aus dem Haushalt bereitgestellt werden. Eine Reduzierung um zehn Cent pro Liter Diesel und Benzin würde den Staat pro Monat 550 Millionen Euro kosten. "Es wird, wenn es nach mir geht, mehr als zehn Cent und mehr als ein Monat sein müssen." Die Abrechnung würde über die Tankstellenbetreiber oder Mineralölkonzerne erfolgen. Die Hilfe wäre befristet, käme aber schnell und ohne große Bürokratie. Es sei bisher nur ein Vorschlag und noch kein Regierungsbeschluss, betonte Lindner.

Kritik kam bereits vom Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG): Dies sei der falsche Weg, sagte ZTG-Geschäftsführer Jürgen Ziegner dem "Handelsblatt". "Das wäre in der Tat eine hochbürokratische Maßnahme, umso mehr, wenn damit tatsächlich gemeint sein sollte, dass jede Tankstelle dafür auch noch die jeweiligen Tankquittungen beim Finanzamt einreichen muss." Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich bereits am Sonntagabend skeptisch geäußert. "Von dem vorgeschlagenen Tank-Rabatt halte ich gar nichts", sagte nun Franziska Brantner (Grüne), parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, dem "Handelsblatt". Das würde denjenigen zu wenig helfen, die es am meisten brauchten.

"SCHWERREICHE SUV-FAHRER PROFITIEREN"


Auch Ökonomen zeigten sich skeptisch. Der Lindner-Vorstoß sei komplett verfehlt, sagte Jens Südekum von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, der auch das Wirtschaftsministerium berät. "Der Spritpreisdeckel entlastet auch die Tankrechnung von schwerreichen SUV-Fahrern. Das ist zum Fenster herausgeschmissenes Geld." Energie einzusparen, müsse nun das Motto lauten. "Dafür müssen die Menschen, wo immer möglich, das Auto stehen lassen. Hohe Benzinpreise sorgen genau dafür." Bei einer Abhängigkeit vom Auto könne der Staat punktuell helfen, sei es über den Grundfreibetrag der Einkommensteuer oder noch besser durch ein pauschales Energiegeld.

Der Steuerexperte Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Institut für Weltwirtschaft sagte der Nachrichtenagentur Reuters, im vergangenen Jahr seien in Deutschland rund 60 Milliarden Liter Benzin und Diesel verbraucht worden. Wegen der hohen Preise sei mit einem etwas geringeren Verbrauch zu rechnen. Bei einem Tank-Rabatt von 20 Cent pro Liter würde sich für den Staat eine Belastung von etwa zehn bis 13 Milliarden Euro pro Jahr ergeben. Bei 30 Cent je Liter wären es 15 bis 19 Milliarden Euro.

Die Grünen erwarten eine rasche Entscheidung der Ampel-Koalition über weitere Entlastungen. "Ich gehe davon aus, dass wir hier bis Ende der Woche einen großen Schritt weiter sein werden", sagte Parteichefin Ricarda Lang. Sie plädiert für ein Energiegeld. Dies würde pro Kopf und in gleicher Höhe für alle ausgezahlt. Entlastungsvorschläge dürften nicht nur beim Benzinpreis ansetzen. Gaspreise und steigende Lebensmittelpreise seien für viele Menschen eine noch größere Belastung.

Im Februar - kurz vor der russischen Invasion in der Ukraine - hatte die Bundesregierung bereits ein erstes Entlastungspaket vorgestellt.Read full story Mit zehn Maßnahmen sollten vor allem ärmere Haushalte wegen der hohen Gas-, Strom- und Spritpreise unterstützt werden. Darunter sind auch Steuer-Entlastungen für Fernpendler, die Abschaffung der Umlage für Erneuerbare Energie ab Juli und ein Zuschlag von 100 Euro für Hartz-IV-Empfänger. Lindner hatte das Volumen des Pakets auf etwa 13 Milliarden Euro beziffert.

rtr