Es herrscht Druck in der Aluminiumbranche: Auf einer Konferenz in Chicago, der größten ihrer Art in Nordamerika, warnten zuletzt etliche Unternehmen, dass die Angebotsprobleme bis weit ins nächste Jahr andauern könnten. Möglicherweise sogar bis zu fünf Jahre. Der Aluminiumpreis ist mit 3000 Dollar je Tonne auf 13-Jahres-Hochs nach oben geschossen. Damit nähert er sich dem ehemaligen Rekord vom Juli 2008 bei knapp unter 3400 Dollar. Umso prächtiger sind die Aussichten für den US-Konzern Alcoa und seine Wettbewerber.

Das silbrig-weiße Industriemetall, das vor allem bei Autoteilen oder Verpackungen zum Einsatz kommt, erfreut sich wegen der deutlichen Belebung der Weltwirtschaft steigender Nachfrage. Zusätzlich wird es verstärkt in den Bereichen erneuerbare Energien und Elektromobilität verwendet. Weil China bei der Produktion der energieintensiven Branche auf die Bremse tritt, um den Stromverbrauch und die Emissionen zu verringern, kommt es zu Angebotsengpässen. China hat im vergangenen Jahr 37 Millionen Tonnen Aluminium hergestellt, womit das Land knapp 60 Prozent der weltweiten Produktion geliefert hat. Dennoch soll die Produktion Chinas 2021 laut den Analysten von Goldman Sachs auf bis zu 40 Millionen Tonnen steigen.

Zunehmende Angebotsdefizite

Allerdings könnte China im Gegensatz zu früher ein immer größerer Nettoimporteur von Primäraluminium, also aus Bauxit hergestelltem Aluminium, werden. Bauxit ist der wichtigste Rohstoff für die Aluminiumproduktion. Einige Experten schätzen, dass die Nettoeinfuhren von Primäraluminium im laufenden Jahr 1,1 Millionen Tonnen erreichen könnten, was noch etwas über dem hohen Vorjahreswert von 1,06 Millionen Tonnen liegen würde. Um den Preisdruck zu dämpfen, gibt das Land Aluminium aus der staatlichen Reserve frei.

Die Experten des Rohstoffhändlers Trafigura prognostizieren, dass 2021 die weltweite Nachfrage das Angebot um 58 800 Tonnen übersteigen wird, nachdem es 2020 noch einen Angebotsüberschuss von 1,9 Millionen Tonnen gegeben hatte. 2022 soll es dann zwar wieder zu einem kleinen Überschuss kommen, umso größer sollen die Defizite aber in den Folgejahren werden und sich 2025 auf 3,6 Millionen Tonnen belaufen. Für zusätzlichen Aufwärtsdruck beim Preis, und damit auf die Aktien, hat der Militärputsch in Guinea gesorgt. Das westafrikanische Land macht fast ein Viertel des weltweiten Angebots an Bauxit aus. Ein weiteres Problem sind die kräftig steigenden Preise für Strom und CO2-Zertifikate in der EU, die die Aluminiumproduktion deutlich teurer machen. "In China und auch in der EU nehmen die politischen Risiken bezüglich des Aluminiumangebots zu", schrieb Jeff Currie, Analyst bei Goldman Sachs.

Absatzprognose erhöht

Das immer besser werdende Umfeld kommt Alcoa zugute. Der größte US-Aluminiumproduzent entstand im November 2016, nachdem er das Geschäft mit Hochleistungsprodukten für die Luftfahrt- und Autoindustrie in das börsennotierte Unternehmen Arconic abgespalten hatte. 2020 hat Alcoa 2,3 Millionen Tonnen des Leichtmetalls hergestellt und war damit die weltweite Nummer 9, Branchenprimus war China Hongqiao (5,6 Millionen Tonnen). Im zweiten Quartal 2021 hat Alcoa den Umsatz um 31,9 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar gesteigert. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hat sich auf 618 Millionen Dollar mehr als verdreifacht. "Alcoa hat ein hervorragendes zweites Quartal gehabt, das beste seit unserem Start als unabhängiges Unternehmen im Jahr 2016", sagte Vorstandschef Roy Harvey. Er erhöhte die Prognose für den Aluminiumabsatz für 2021 von zuvor 2,7 bis 2,8 Millionen auf 2,9 bis 3,0 Millionen Tonnen. Für Rückenwind sorgt zudem das geplante 1,2 Billionen Dollar schwere US-Infrastrukturprogramm.

Enorme Größenvorteile

China Hongqiao hat im ersten Halbjahr die Aluminiumproduktion leicht gesteigert auf 2,8 Millionen Tonnen. Der Umsatz schoss um 31,4 Prozent auf 52,5 Milliarden Renminbi (8,2 Milliarden Dollar) nach oben. Das Ebitda hat sich annähernd verdoppelt auf 17,5 Milliarden Renminbi, was einer Marge von sensationellen 33,3 Prozent entspricht - das zeigt die enormen Größenvorteile. Das Unternehmen erwartet, dass bis zum Jahresende Kapazitäten von einer Million Tonnen in Indonesien aufgebaut sind, sodass die dortige Produktion verdoppelt würde. Der Konzern will zudem die Emission von Treibhausgasen bei der Produktion künftig drosseln und verlagert dazu fast ein Drittel seiner jährlichen Kapazitäten von rund 6,5 Millionen Tonnen vom Firmensitz in Shandong an der Ostküste in einen Industriepark in der südwestlichen Provinz Yunnan. Anstatt wie bislang Kohle plant das Unternehmen dann Wasserstoff in der Produktion einzusetzen.

Der Wettbewerber Aluminum Corporation of China, kurz Chalco, hat im ersten Halbjahr mit 1,96 Millionen Tonnen 5,5 Prozent mehr Aluminium hergestellt. Inklusive des großen Handelsgeschäfts, zu dem auch das mit Kohle gehört, legte der Umsatz um 43,6 Prozent auf 120,7 Milliarden Renminbi zu. Unterm Strich hat sich der Gewinn vervielfacht auf 3,1 Milliarden Renminbi - das beste Resultat seit dem zweiten Halbjahr 2007. Das Handelsgeschäft macht zwar das Geschäftsmodell von Chalco deutlich volatiler als das von China Hongqiao, umso mehr kann aber Chalco bei steigenden Rohstoffpreisen davon profitieren. Daher ist die Aktie in den letzten Wochen erheblich stärker gestiegen als die Titel von China Hongqiao, bietet aber dennoch weiteres Potenzial.

Aussichtsreiche Europäer

In Europa setzen wir auf Constellium. Der französische Konzern stellt Aluminiumprodukte für die Automobil-, Verpackungs- und Luftfahrtindustrie her und ist zudem eines der führenden Unternehmen beim Recyceln von Getränkedosen. Er hat im zweiten Quartal den Absatz um 31 Prozent auf 406 000 Tonnen gesteigert. Der Umsatz schoss um 47 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro nach oben, zudem hat sich das bereinigte Ebitda mehr als verdoppelt, auf den Rekord von 170 Millionen Euro. Vorstandschef Jean-Marc Germain erhöhte die Ebitda-Prognose für das Gesamtjahr auf 545 bis 560 Millionen Euro. Er setzt auf die Wachstumstrends in der Branche: Aluminium sei wegen seiner Recyclingfähigkeit für die Kreislaufwirtschaft geeignet.

Aussichtsreich ist auch die Aktie des kleineren Wettbewerbers AMAG Austria Metall AG. Die Österreicher haben im zweiten Quartal den Absatz um 23,2 Prozent auf 127 600 Tonnen gesteigert. Dabei hat sich das Ebitda fast verdreifacht auf 63,3 Millionen Euro. Vorstandschef Gerald Mayer ist optimistisch für das zweite Halbjahr, zumal das Werk am Firmensitz in Ranshofen bei Braunau am Inn über einen Rekordauftragsbestand verfügt. Mayer sagt für das Gesamtjahr ein Ebitda von 155 bis 175 Millionen Euro vorher, was deutlich über dem 2019er-Wert von 143,0 Millionen Euro liegt. Auch dieser Titel bleibt aussichtsreich.

 


Auf einen Blick

Aluminium

Die Branche wird von China dominiert. Laut Experten soll die weltweite Nachfrage in den nächsten Jahren um zwei bis drei Prozent pro Jahr wachsen.