Bernd Raffelhüschen ist ein Mann, der gerne unbequeme Wahrheiten ausspricht und dafür bisweilen sogar mit dem Leben bedroht wird. In der aktuellen Ausgabe von €uro wunderte sich der Volkswirt und Regierungsberater, dass junge Menschen zwar fürs Klima aber nicht für ihre Rente auf die Straße gehen. Für die Rente? Ist die nicht für junge Leute erstens weit weg und zweitens laut dem ehemaligen Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) sicher? Doch Raffelhüschen hat verdammt Recht, vor allem mit Blick auf die Rente mit 63.
Dieses Bonbon, das auch dafür gedacht war, Menschen, die ihr Arbeitsleben lang körperlich hart gearbeitet haben und fleißig in die Rentenkasse eingezahlt haben, früher in den verdienten Ruhestand zu versetzen, wird zunehmend zu einem Milliardengrab, das unser Rentensystem noch weiter aushöhlen könnte.
Laut Recherchen von "Bild" kostet die Rente mit 63 den Bund inzwischen monatlich mehr als zwei Milliarden Euro. Denn nicht mehr, wie ursprünglich erwartet, höchstens 200.000, sondern inzwischen fast 240.000 Menschen, die 45 Jahre oder länger in die Rentenkasse eingezahlt haben, ziehen jedes Jahr den Joker, bereits mit 63 abschlagsfrei in Rente zu gehen.
Und es ist absehbar, dass noch mehr Menschen früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Einige geburtenstarke Jahrgänge werden in naher Zukunft noch 63. Das kostet. Und zwar das Geld der Jüngeren, die nun für eine halbwegs anständige Rente mehr einzahlen und womöglich auch noch länger arbeiten müssen, als ihnen heute von der Rentenversicherung vorhergesagt wird. Warum diese Gruppe, nicht bereits vor fünf Jahren als die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die Rente mit 63 einführte, auf die Straße gegangen ist, bleibt ein Rätsel - vielleicht ist die Rente für viele unter 50 tatsächlich noch zu weit weg…
Was aber wäre die Lösung dieser Malaise? Die Rente mit 63 abzuschaffen, ist unumgänglich. Stattdessen sollte man individuell fördern. Einfach wäre es nicht und würde auch etwas kosten. Aber statt mit der Gießkanne, viele, auch recht gut situierte Anfangssechziger zusätzlich zu fördern, könnte der Bund auch denen, die tatsächlich viel geleistet haben, die mit 63 faktisch nicht mehr körperlich arbeiten können und wenig zum Leben haben, ein Extra gewähren.
Alle anderen sollten weiter arbeiten und einzahlen. Zum einen wird diese Generation auch noch in ihrem dann aufgeschobenen Ruhestand einige goldene Jahre, wenn nicht Jahrzehnte haben. Zum anderen könnte durch die Abschaffung der Rente mit 63 die staatliche Rente wieder mehr gestützt werden und wieder mehr zu dem werden, was sie einmal war: Ein Vertrag zwischen den Generationen in dem die Jungen für die Alten zahlen, aber die Alten auch die Pflicht haben, nur soviel zu verbrauchen, dass am Ende die Jungen nicht mit leeren Händen dastehen. Das mag nach einem frommen Wunsch klingen, aber wann soll man sich nicht etwas wünschen können, wenn nicht zu Weihnachten.