Eine 15-jährige Schülerin, aufgewachsen in schwierigen familiären Verhältnissen in der Karibik, gründet eine Mädchenband, wird zufällig von einem Produzenten entdeckt, macht schnell Karriere als Sängerin, landet 14 Nummer-eins-Hits in den US-Charts, wird als "Bad Girl" zur Stilikone einer ganzen Generation, spielt in Filmen mit und startet schließlich eine eigene Modelinie - ausgerechnet für den größten Luxuskonzern der Welt. Fenty heißt diese Modelinie, benannt nach Rihannas Familiennamen: Es ist das erste Mal, dass Bernard Arnaults LVMH einen branchenfremden Weltstar aus dem Popbusiness engagierte, um ein neues Label unter dem Dach seiner Holding zu kreieren.
Rihanna ist die erste farbige Chefdesignerin des Konzerns, zu dem 70 Marken gehören, darunter Louis Vuitton, Dior, Givenchy, Moët & Chandon, Fendi und Bulgari. Er habe in Rihanna "eine echte Unternehmerin und Geschäftsführerin sowie eine großartige Leaderin entdeckt", schwärmte der Firmenchef nach Bekanntgabe der Zusammenarbeit. Rihanna bedankte sich artig: Bernard Arnault habe ihr vollkommene künstlerische Freiheit gelassen. Sie könne sich keinen besseren Geschäftspartner vorstellen als LVMH.
Das unternehmerische Risiko bei dem Deal mit Rihanna liegt größtenteils auf der Seite des Konzerns. Laut Business of Fashion sieht die finanzielle Lastenteilung so aus, dass die Sängerin ihre Zeit und Bekanntheit - allein bei Instagram folgen ihr über 71 Millionen Menschen - investiert und LVMH den Gegenwert in bar auf den Tisch legt: 30 Millionen Euro. Das Risiko dürfte für Arnault trotzdem relativ klein sein. Bereits Rihannas Kosmetiklinie Fenty Beauty wurde 2017 in Kooperation mit LVMH gestartet. Die Make-up-Marke war innerhalb kurzer Zeit extrem erfolgreich.
Für Rihanna ist es nicht der erste Ausflug in die Modewelt. Seit 2018 vertreibt sie Dessous unter ihrem Namen. Sie entwarf eine Schmucklinie für die Schweizer Luxusmarke Chopard, verspiegelte Sonnenbrillen für Dior und Denim-Stiefeletten für Manolo Blahnik. 2020 gab sie bekannt, dass sie mit einer eigenen Hautpflegelinie (Fenty Skin), die vegane, gluten- und ölfreie Inhaltsstoffe verwendet, ins wachstumsstarke Beautysegment einsteigen werde.
Was ist Rihannas Erfolgsgeheimnis? Was macht sie zur weltweit gefeierten und umschwärmten Stilikone, zur "Most Marketable Celebrity"? Diesen Titel des "am besten vermarktbaren Stars" hatte ihr eine renommierte US-Marktforschungsagentur verliehen. Und zweimal nahm das Magazin "Time" sie auf die Liste der 100 weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten. Rihanna sei "die perfekte Unperfekte", urteilte die Musikkritikerin Elissa Hiersemann im Deutschlandfunk. "Sie trinkt, raucht, kifft und flucht - und neben ihr wirkt Beyoncé fast wie eine Streberin."
Und trotzdem ist sie ein perfektes Vorbild. "Einfach, weil sie als Frau in dieser Gesellschaft tut, was sie will, egal, was andere von ihr erwarten." Ihre Stimme sei nicht perfekt, sie könne nicht mit einem besonders großen Stimmumfang glänzen - und tanzen könne sie auch nicht wirklich. "Aber das gleicht sie durch eine unfassbare Gelassenheit und Lässigkeit aus, mit der sie durchs Leben geht. Sie weiß, dass sie nicht perfekt ist - so what." Dadurch sei sie, wenn vielleicht auch wider Willen, eine wahre Feministin.
Rihanna kam 1988 als Robyn Rihanna Fenty auf Barbados zur Welt. "Rihanna" ist arabisch und bedeutet "süßes Basilikum". Ihre Mutter war eine Buchhalterin aus Guyana, ihr Vater Lagerarbeiter in einer Bekleidungsfirma. Als Kind litt sie unter dem Alkoholismus und der Kokainabhängigkeit ihres Vaters, der ihre Mutter wiederholt misshandelte. Die Ehe wurde später geschieden. Rihanna hat zwei jüngere Brüder und drei Halbgeschwister, die aus verschiedenen Beziehungen ihres Vaters stammen. Die ganze Familie wohnte in einer Dreizimmerwohnung in der Hauptstadt Bridgetown.
Rihanna besuchte in Bridgetown eine weiterführende Schule, nahm an einem Kadettenprogramm der Armee von Barbados teil, gewann einen Schönheitswettbewerb, gründete als 15-Jährige mit zwei Mitschülerinnen eine Band und wurde 2003 zufällig von dem amerikanischen Produzenten Evan Rogers entdeckt, der auf der Insel Urlaub machte. Rihanna, die keine Gesangsausbildung genossen hatte, durfte Evans vorsingen, der gleich eine Demo-CD mit vier Songs aufnahm.
Jay-Z, einflussreicher Rapper und Produzent, Boss des Labels Def Jam, lud sie nach New York ein, nahm sie unter Vertrag und wurde ihr Mentor. Ihr Debütalbum "Music of the Sun" stürmte die Hitparaden und wurde weltweit ein Erfolg. Zwei Jahre später kam ihr Album "Good Girl Gone Bad" raus - sie wollte nicht mehr länger das hübsche nette Mädchen von nebenan sein. Neben ihrer Musik sorgten ihre ausgeflippten, freizügigen Outfits, schrillen Frisuren, heißen Posen und skandalösen Videos für Aufsehen. Sie probierte alles aus und machte jeden Trend mit. Oder setzte ihn einfach gleich selbst. Etwa mit einer halbrasierten Glatze, über die nur ein Hauch von Haar fiel.
2009 hatte sie ihr damaliger Partner, der Rapper Chris Brown, auf dem Weg zur Grammy-Verleihung in seinem Lamborghini krankenhausreif geschlagen. Die Polizeifotos ihres blau und grün angeschwollenen Gesichts, der aufgeplatzten Lippen, Blutergüsse und Bissspuren gingen damals um die Welt.
2018 wurde bekannt, das Rihanna mit dem saudischen Milliardär Hassan Jameel liiert sei. Die Beziehung dauerte drei Jahre. Laut "Hollywood Life" war der Geschäftsmann wohl überfordert damit, dass der Superstar ständig im Rampenlicht stand. Rihanna sei zwar wunderschön, aber er und seine Familie hätten sich gewünscht, dass sie "bescheidener, reservierter und zurückhaltender" wäre.
Sie gehört zu den erfolgreichsten Sängerinnen, spielte in mehreren Filmen mit, etwa im Remake von "Ocean’s Eleven", wurde vom US-Magazin "Esquire" zur "Sexiest Woman Alive" gekürt. Zu ihren Ehren wurde der 21. Februar in Barbados zum "Rihanna Day" erkoren. 2014 erschien die Karibikbeauty zum dritten Mal auf dem Cover von "Vogue" und erhielt von der Chefredakteurin Anna Wintour und dem Council of Fashion Designers (CFDA) die offizielle Ehrung als Stilikone. "Du wirst nie stylish sein, wenn du nichts riskierst", sagte Rihanna bei der Preisverleihung.