Wenige Stunden vor den Beratungen zur Verlängerung der Griechenland-Hilfen steigt die Fieberkurve an den europäischen Aktienmärkten. Der Dax kletterte am Freitag zwischenzeitlich auf ein Rekordhoch von 11.081,81 Zähler, fiel aber anschließend zurück unter 11.000 Punkte. Der Markt sei sehr nervös und reagiere auf alle Neuigkeiten zum Thema Griechenland, sagte ein Händler. Laut einem "Spiegel"-Bericht bereitet sich die Europäische Zentralbank (EZB) auf einen Ausstieg des Landes aus der Währungsunion vor. Gleichzeitig vermeldete die Eurogruppe, dass das für 15.00 Uhr geplante Krisentreffen zu den Griechenland-Hilfen auf 16.30 Uhr verschoben wurde. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras zeigte sich indes optimistisch für eine Lösung des Schuldenstreits.
Die Stimmung in den Handelsräumen blieb dennoch angespannt. "Eine Einigung heute ist noch keine ausgemachte Sache", prognostizierte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. "Doch die Zeit drängt." Bis Montag müsse sich ein Kompromiss abzeichnen, sonst reiche die Zeit eventuell nicht mehr aus, um die Zustimmung aller Euro-Länder und des griechischen Parlaments einzuholen. "Erst dann ist eine Verlängerung beschlossen und ein Grexit fürs Erste abgewendet", sagte die Expertin. Ohne eine Verlängerung des Hilfsprogramms droht dem hoch verschuldeten Griechenland die Staatspleite - und damit auch der so genannte "Grexit", das Ausscheiden aus der Euro-Zone. Die Regierung in Athen lehnt bislang Teile der verabredeten Reformen, die sie im Gegenzug für die Hilfsgelder umsetzen soll, wegen sozialer Härten ab.
Der Dax notierte am Nachmittag 0,2 Prozent niedriger bei 10.976 Zählern, der EuroStoxx50 gab 0,7 Prozent nach. Börsianer verwiesen mit Blick auf die starken Kursschwankungen auch auf den kleinen Verfall, bei dem Optionen auf Indizes und einzelne Aktien auslaufen. Der Athener Leitindex lag 0,4 Prozent im Minus. Die Renditen der zehnjährigen griechischen Anleihen gingen auf 10,042 Prozent (Vortag: 10,236 Prozent) zurück. Der Euro notierte 0,5 Prozent schwächer bei 1,13 Dollar.
ANLEGER TRENNEN SICH VON VERSICHERUNGSWERTEN
Zu den größten Verlierern im Dax zählten die Versicherungswerte. Die Aktien der Münchener Rück und der Allianz verloren nach einem Analystenkommentar 1,8 und 1,2 Prozent. Händlern zufolge hat das Bankhaus Lampe die Allianz auf "Hold" von "Buy" heruntergenommen. Die Münchener Rückversicherung setzten sie auf "Sell" von "Hold".
Spitzenreiter im Dax waren dagegen die Titel von Adidas. Die Aktien kletterten in der Spitze um 2,2 Prozent auf 69,36 Euro, den höchsten Stand seit fast sieben Monaten. Am Vortag hatten die Titel bereits fünf Prozent gewonnen, nachdem Vorstandschef Herbert Hainer sich in einem Brief an die Mitarbeiter zuversichtlich über die Geschäfte zum Jahresauftakt geäußert hatte. Die jüngste Entwicklung der Aktie zeige, dass jede gute Nachricht das Potenzial habe, eine positive Kursreaktion hervorzurufen, schrieb Equinet-Analyst Ingbert Faust. Die Deutsche Bank setzte die Titel hoch auf "Hold" von "Sell".
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PFEIFFER VACUUM NACH ZAHLEN AUF TALFAHRT
Im MDax konnten Fuchs Petrolub die Anleger mit ihrem Zahlenwerk nicht überzeugen. Die Titel verloren 3,5 Prozent. Der Schmierstoff-Produzent ist mit dem Gewinn 2014 kaum über das Rekordniveau des Vorjahrs hinausgekommen.
Noch deutlicher auf Talfahrt ging es für die Aktien von Pfeiffer Vacuum, die in der Spitze um 9,4 Prozent auf ein Viereinhalb-Wochen-Tief von 74,69 Euro abrutschten. Der Spezialpumpen-Hersteller blieb 2014 mit Umsatz und Ergebnis hinter den eigenen Zielen zurück.
Spekulationen auf einen Hacker-Angriff der Geheimdienste NSA und GCHQ schickten Gemalto auf Talfahrt. Die Aktien des niederländischen Anbieters von SIM-Karten für Mobiltelefone fielen um bis zu zehn Prozent auf 65,43 Euro.
Reuters