Nachdem die US-Notenbank ihre Leitzinsen, die sieben Jahre lang nahe null lagen, wieder leicht erhöht hat, muss sich nun zeigen, ob die US-Wirtschaft eine Zinserhöhung überhaupt verkraftet. Wahrscheinlich tut sie das nicht. Die US-Unternehmen sind hoch verschuldet, sodass Zinserhöhungen Gift sind. Zudem hat das verarbeitende Gewerbe aufgrund des starken US-Dollar bereits rezessive Signale gesendet. Darüber hinaus lahmt mit China der wichtigste Handelspartner der USA. Als Risikofaktor für den US-Aktienmarkt kommt die enorme Summe an Börsenkrediten hinzu, mit denen im Aufwärtszyklus spekuliert wurde. Bei US-Aktien sind daher größere Rückschläge 2016 gut möglich, der S&P 500 könnte bis auf 1600 Punkte fallen.

Insgesamt hat die Finanzwelt auch im Jahr sieben nach Lehman noch immer nicht zur Normalität zurückgefunden. Die EZB und die Notenbanken in aller Welt haben die Märkte mit der Droge Liquidität vollgepumpt. Dadurch wurden die Risiken von Aktien weitgehend ausgeblendet. Im Nullzinsumfeld gelten Aktien inzwischen als alternativlos. Entsprechend gehen die Anleger für 2016 von einem weiteren deutlichen Anstieg der europäischen Aktienmärkte, insbesondere von DAX und Euro Stoxx 50, aus. Dieser optimistischen Sicht für Aktien stehen allerdings wachsende Risiken gegenüber. Dazu zählen neben der US-Zinserhöhung unter anderem Währungsturbulenzen, schwache Wirtschaftsdaten und eine befürchtete harte Landung in China, die 2016 für alle offensichtlich werden kann. Zudem belasten wachsende Risiken in den Abschlüssen der Unternehmen die Märkte. Die Parallelen zur Internetmanie im Jahr 2000 - als Risiken weitgehend ausgeblendet wurden - werden immer deutlicher.

Auf Seite 2: Einbrechende Einzeltitel als Vorbote für einen Crash



Erste Vorboten für Kurseinbrüche an den Aktienmärkten waren in den vergangenen Wochen bereits auf Gesamtmarktebene sowie bei kräftig einbrechenden Einzeltiteln zu sehen. Aufgrund der positiven Entwicklung der Aktienmärkte und dem unablässigen Glauben an die rettende Hand der Notenbanken halten viele Anleger ein effektives Risikomanagement derzeit für entbehrlich. Doch war es angesichts hoher Risiken und fehlender Risikokompensation eines entwerteten Rentenmarktes nie sinnvoller als jetzt. Insbesondere drohen 2016 auch größere Rückschläge für den DAX. Durch Skandale wie bei VW oder immer neue Hiobsbotschaften der Deutschen Bank wurde das Image deutscher Unternehmen stark ramponiert. Zudem könnten eine steigende Arbeitslosigkeit die Konsumneigung negativ beeinflussen. Spätestens bei einem DAX-Stand unter 9500 dürfte der Verkaufsdruck massiv werden. Das bearishe Potenzial im DAX reicht dann bis an die 8000-Punkte-Marke.

Im Gegensatz zu früheren Jahren wird der Anleihemarkt keinen Ausgleich liefern. Mit einem Ausverkauf von Rohstoffen dürfte im ersten Quartal 2016 der Bärenmarkt dieses Sektors vollendet sein. Ab dann beginnen die Inflationsraten aufgrund von Basiseffekten wieder zu steigen. Zusätzlich wird ein Renditeanstieg für zehnjährige Bundesanleihen durch die Aufgabe der Sparpolitik in Europa infolge der Flüchtlingskrise begünstigt. Insgesamt dürfte 2016 ein bescheidenes, aber kein katastrophales Jahr für Bundesanleihen werden. Dies liegt zum einen am Ankaufprogramm für Staatsanleihen der EZB. Zum anderen bleibt die Regulierung, die Banken zwingt in diesem Segment zu investieren.

Die in den vergangenen Jahren bewährte Strategie "kaufen und liegenlassen" dürfte 2016 sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen nicht mehr funktionieren. Risikomanagement wird zur Königsdisziplin. Die Lösung stellen Total-Return-Strategien dar, wie wir sie bei Sentix Asset Management anbieten. Aber auch deren Performance wird durch den negativen Geldmarktzins belastet, denn bei Nullzinsen ist die Performance einer sicherheitsorientierten Strategie niedriger als in einer Hochzinsphase. Gleichwohl bietet sie wertvollen Schutz in turbulenten Märkten.

Patrick Hussy
Der studierte Bankbetriebswirt (BA) und CEFA-Investment-analyst hat als Fondsmanager mehr als zehn Jahre bei Deka Investment gearbeitet. Seit 2010 ist der 44-jährige Miteigentümer und verantwortlicher Fondsmanager der Sentix Asset Management GmbH. Dort steuert er nach den Erkenntnissen der Behavioral Finance den Sentix Fonds 1, den Sentix Fonds Aktien Deutschland sowie mehrere Spezialfonds.