Der chinesische Internet-Händler Alibaba hatte in der vorigen Woche mit 25 Milliarden Euro den größten Börsengang aller Zeiten hingelegt. Auch bei Rocket Internet gieren die Investoren nach den Aktien.

Mit Hilfe des erhofften Emissionserlöses von 1,6 Milliarden Euro will Rocket Internet künftig finanziell und operativ die Fäden bei seinen vor allem in Schwellenländern aktiven Firmen in der Hand behalten. Bisher habe Rocket stets Anteile an seinen neu gegründeten Unternehmen schnell an andere Investoren verkaufen müssen, "weil wir nicht das ausreichende Kapital hatten". An den elf wichtigsten Beteiligungen - von den Modehändler Dafiti und Lamoda bis zu den Möbelhändlern Home24 und Westwing - hält Rocket bisher nur 21 bis 49 Prozent.

Das soll sich nun ändern: Künftig wolle Rocket in die Firmen über die Anschubfinanzierung hinaus investieren und die Mehrheit längerfristig behalten. Verkauft oder - wie den Online-Modehändler Zalando - an die eigenen Investoren verteilt würden künftig nur noch Firmen, die man nicht zum Kerngeschäft zähle. Börsengänge weiterer Beteiligungen schloss Samwer dennoch nicht aus. "Es kann sein, dass einige unserer größeren Unternehmen über die Zeit vielleicht auch gelistet werden." So könnten ihnen zusätzliche Finanzmittel zufließen. Das werde aber eher die Ausnahme bleiben. Als nächste Börsenkandidaten aus dem Portfolio von Rocket gelten Westwing und Home24.

Auf Seite 2: ORDERBUCH BEREITS GEFÜLLT

ORDERBUCH BEREITS GEFÜLLT

Im blauen Hemd und ohne Krawatte, eine Hand lässig in der Hosentasche, referierte der 41-jährige Oliver Samwer 45 Minuten über seine Pläne. Der Anwaltssohn aus Köln und seine Brüder Marc und Alexander kopieren bewährte Geschäftsmodelle für Internet-Firmen und übertragen diese auf Länder wie Russland, Brasilien oder Nigeria, wo der Online-Handel noch in den Kinderschuhen steckt. "Unser Geschäftsmodell erlaubt außerordentliche Renditen", sagte Samwer. Rocket habe aus Investitionen von 169 Millionen Euro 4,2 Milliarden Euro gemacht. Die von den Samwers gegründeten Firmen schreiben jedoch anders als Zalando und Alibaba noch teils hohe Verluste.

Bei dem für den 9. Oktober geplanten Börsengang wird Rocket Internet mit bis zu 6,7 Milliarden Euro bewertet. Der Erfolg des chinesischen Online-Händlers Alibaba an der New Yorker Börse hat einen Internet-Euphorie an den weltweiten Börsen ausgelöst. Auch bei Rocket Internet greifen die Investoren zu: Schon gut eine Stunde nach dem Beginn der Zeichnungsfrist zählten die Investmentbanker schon Aufträge über mehr als 900 Millionen Euro. Zusammen mit den knapp 600 Millionen Euro, die mehrere Ankerinvestoren unabhängig vom Preis schon reserviert hatten, ist das Orderbuch damit schon einmal gefüllt.

Die Zeichnungsfrist läuft bis 7. Oktober, zwei Tage später soll Rocket sein Debüt an der Frankfurter Börse feiern. Die Preisspanne für die bis zu 37,9 Millionen Aktien reicht von 35,50 bis 42,50 Euro. Mit bis zu 1,6 Milliarden Euro soll Rocket Internet der größte Börsengang in Deutschland seit 2007 werden. In dem Jahr, in dem Rocket erst gegründet worden war, hatte der Motorenbauer Tognum 2,0 Milliarden Euro eingesammelt. Seit dem Jahr 2000 hat es nur vier größere Aktien-Neuemissionen in Deutschland gegeben. Die ebenfalls von den Samwers angeschobene Zalando, die eine Woche vor Rocket Internet ihr Börsendebüt feiern will, peilt einen Erlös von gut 600 Millionen Euro an.

Experten halten Rocket für ein riskantes Investment, Samwer sieht dennoch auch Privatinvestoren als Zielgruppe: "Unsere Märkte sind noch in der Entwicklung. Man wird auf diese Märkte und ihre Entwicklung warten müssen." Rocket sei aber für alle Anleger mit einem langfristigen Anlage-Horizont geeignet.

Reuters