Tobias Tretter ist einer der wenigen deutschen Fondsmanager, die im internationalen Rohstoffbusiness mitmischen. Nachdem die Entwicklung der meisten Rohstoffe in den vergangenen Jahren enttäuschte, sieht der 35-Jährige nun das Ende des Bärenmarkts in diesem Sektor gekommen und setzt auf das sinkende Angebot an Basismetallen. Auf Investorenseite stehe ohnehin ein Paradigmenwechsel bevor, so der Diplom-Kaufmann gegenüber BÖRSE ONLINE.

Herr Tretter, Minenaktien und Rohstoffe befinden sich inzwischen im vierten Baissejahr in Folge. Noch nie gab es fünf schlechte Jahre hintereinander. Wann dreht der Markt denn wieder?
Gute Frage. Aber es stimmt: wir hatten noch nie einen fünf Jahre währenden Bärenmarkt. Dabei ist diesmal nicht nur die Dauer historisch, sondern auch die Höhe der Abschläge. Was jetzt wieder für höhere Kurse spricht, ist der Zusammenhang zwischen Mining-Aktien und den Rohstofflebenszyklen. 2014 wurden beispielsweise 60 Milliarden US-Dollar weniger in neue Minen investiert als 2012. Das macht sich einerseits bei den Lagerbeständen bemerkbar. Auf der anderen Seite ist es aufgrund der ausgebliebenen Investitionen nun nicht einfach möglich, neue Projekte in Produktion zu bringen. Bereits jetzt steht fest, dass in den kommenden Jahren die Produktion zurückgehen wird. Das kann man auch gut an den Produktionszahlen der Branchengrößen ablesen. So hat Glencore beispielsweise im letzten Quartal neun Prozent weniger Kupfer sowie jeweils acht Prozent weniger Nickel und Zink gefördert.

Gilt dieser Trend denn für alle wichtigen Rohstoffe?
Das gilt beispielsweise nicht für Öl und Gas. Diese Tendenz lässt sich vielmehr bei Basismetallen wie Zink, Kupfer oder Blei feststellen. Nickel ist ein Spezialfall, das ist ein etwas undurchschaubarer Markt. Hier sind einige große Projekte in Arbeit. Wenn diese in Produktion gehen, dann gibt es ein mehr als ausreichendes Angebot.

Was der Zinkmarkt zu bieten hat





Viele Investoren sehen derzeit große Chancen im Zinkmarkt, da hier die bevorstehende Lücke bei Angebot und Nachfrage am größten zu sein scheint.
Zwei größere Zinkminen haben bereits geschlossen, drei weitere sind am absoluten Minenlebensende und fallen demnächst komplett aus. Inzwischen weiß das auch die Branche. Es ist wie beim Öl: Jeder wusste, dass es durch das Fracking einen Angebotsüberschuss gab. Der Preisverfall kam dann doch überraschend. Bei Zink ist es genau andersherum. Alle wissen, dass das Angebot sinken wird. Die Lagerbestände haben sich am Handelsplatz London Metall Exchange binnen zweieinhalb Jahren auf unter 500 000 Tonnen mehr als halbiert. Der Zinkpreis ist schon angesprungen, liegt aber noch etwa ein Fünftel unter dem Allzeithoch.

Sollten Anleger denn jetzt noch in Zink investieren?
Ich glaube ja. Dabei ist mir kurzfristig der Preis nicht wichtig. Ich achte auf die fundamentalen Daten, und da steht nun einmal fest, dass das Angebot vorerst nicht steigen wird - ganz im Gegenteil. Die Märkte ignorieren solche Fakten leider und agieren sehr kurzsichtig.

Die Märkte ignorieren Fakten gern auch über längere Zeiträume.
Dennoch ärgere ich mich immer noch darüber. Am deutlichsten wird das am Fall China. Die Wirtschaft wächst relativ gesehen langsamer als vor einem Jahrzehnt, aber in absoluten Zahlen wächst sie in einem größeren Tempo. Letztes Jahr lag das BIP-Plus bei 7,4 Prozent, in absoluten Zahlen sind das rund 680 Milliarden US-Dollar. Vor zehn Jahren wuchs das Land zwar um etwa 20 Prozent, in absoluten Zahlen entsprach das aber "nur" 450 Milliarden Dollar. Für mich steht fest: China braucht mehr Rohstoffe als je zuvor.

Dennoch meiden Investoren derzeit den Rohstoffmarkt und verweisen auf die schwache Weltkonjunktur.
Ich kann nicht sagen, ob wir konjunkturelle Probleme bekommen. Ich kann aber sagen, dass die allgemeinen Aktien sehr sportlich bewertet sind und die niedrigen Zinsen gefährlich werden können. Viele Bluechip- Unternehmen nehmen Kredite auf, um Aktien zurückzukaufen. Das ist ein Warnsignal. Das Problem heute ist, dass die Fundamentaldaten nur eine untergeordnete Rolle bei Investments spielen.

Auf Seite 3: Entwicklung von Markt und Aktie - Parallelen?





Wenn die Märkte heiß laufen, gilt das dann nicht auch für Minenaktien?
Der Zusammenhang zwischen den allgemeinen Aktienmärkten und den Minenpapieren ist nicht so groß, wie viele denken. Bestes Beispiel ist das Jahr 2000, als es bei den Rohstoffunternehmen an der Börse bestens lief und ein Boom begann. Parallel platzte die Tech-Blase. Grundsätzlich stelle ich mir ohnehin die Frage, wohin Minenaktien denn noch fallen sollen? So niedrige Bewertungen hatten wir noch nie am Markt, sie sind historisch einmalig.

Wie sieht denn Ihre Investmentstrategie in solch einem Umfeld aus?
Wir meiden die Branchengrößen, denn die stehen vor erheblichen Problemen. Barrick Gold etwa, die acht Millionen Unzen Gold im Jahr produziert, muss das auch in den nächsten Jahren können. Dafür gehen die Konzerne meines Erachtens erhebliche Risiken ein, denn sie brauchen große, teure Minen. Die gibt es aber nur noch in politisch oder rechtlich problematischen Ländern oder in Gegenden, in denen die entsprechende Infrastruktur fehlt. Das erhöht die Risiken. Immer mehr Rohstoffinvestoren sehen das so, hier kündigt sich ein Paradigmenwechsel an.

Inwiefern?
Man setzt auf kleinere Unternehmen, die ein Projekt von Beginn an bis zum Minenbau durchziehen. Man muss sich heute auf ein gutes Projekt konzentrieren, um Erfolg zu haben. Ein Beispiel ist die Kupferproduktion in Chile. Große Unternehmen wollen große Projekte, die aber bis zu 800 Kilometer von der Küste entfernt liegen. Die Kupferförderung braucht zudem viel Wasser, insofern steigen die Kosten enorm, zumal man das Wasser in die Anden bringen muss. Da ist es smarter, auf ein kleineres Projekt zu setzen, das vielleicht nur 50 oder 100 Kilometer von der Küste entfernt liegt. Und genau auf diese Projekte und Unternehmen konzentrieren wir uns. Die Majors wiederum ändern inzwischen auch ihre Strategie und setzen bei diesen Unternehmen früh den Fuß in die Tür.

Auf Seite 4: Tretters Tipp: Gold





Tobias Tretter hat für die Leser von BÖRSE ONLINE zwei Rohstoffaktien herausgepickt, denen er eine gute Performance zutraut und in die er auch selbst mit seinen Fonds investiert hat.

Zum einen findet der Fondsmanager Gefallen an Osisko Gold Royalties. Dabei handelt es sich um ein Spin-off der inzwischen von Agnico Gold und Yamana übernommenen Osisko. Durch die Übernahme sicherte sich das Unternehmen neben Cash eine fünfprozentige, monatlich sichere Zahlung für die Malartic-Mine zu, der größten Goldmine in Kanada. Diese Zahlungen hat Osisko Gold Royalties bereits in Anteilscheine an anderen Mining- Firmen gesteckt. Aktuell verfügt das Unternehmen über 350 Millionen US-Dollar in Cash und kann in diesem Umfeld günstig in weitere Firmen einsteigen. Die Aktie eignet sich für Anleger, die auf anziehende Rohstoffpreise setzen wollen, ohne allzu hohe Risiken einzugehen. Tretter urteilt: "Osisko Gold Royalties verfügt über ein exzellentes Management. Ich sehe die Aktie als Call-Option auf den Goldpreis, allerdings mit einer Absicherung nach unten. Anleger sollten hier aber auch keine Wunder erwarten, das ist ein konservatives Goldaktieninvestment."



Auf Seite 5: Tretters Tipp: Zinl





Im Zinkbereich gibt es nur wenige interessante Aktien, eine davon ist Trevali Mining - ein typisches Juniorunternehmen. Im vergangenen Jahr brachte es in Peru die Santander-Mine in Produktion. Jüngst gab es eine Kapitalerhöhung, um den Produktionsstart der zweiten Mine (Caribou in Kanada) zu finanzieren. Somit hat Trevali vorerst keinen Kapitalbedarf mehr. Für die Aktie dürfte zunächst das Peru-Engagement interessant sein. Trevali hat dort mit Santander eine historische Mine in kürzester Zeit mit einer Investition von lediglich 30 Millionen US-Dollar in die Förderung bekommen. Praktischerweise konnte die benachbarte Verarbeitungsanlage mitgekauft werden, sodass das Unternehmen hohe Margen aufweist. Im ersten Quartal gelang Trevali bereits auf Ebitda-Basis ein Gewinn, in den nächsten Quartalen sollten die Anlaufkosten für die neue Mine sukzessive wegfallen und auch unterm Strich schwarze Zahlen stehen. Tretter sagt zu Trevali: "Hier hat man eine gute Mischung aus Zink, Blei und Silber. Das Management ist extrem kostenbewusst, die Caribou- Mine weist ein IRR (Internal Rate of Return) von 70 Prozent auf. Die Investoren werden also ihr Geld in weniger als zwei Jahren zurückverdienen. Anleger können mit Trevali den Trend zu kleineren Minen mit niedrigen Anfangsinvestitionen spielen und haben dementsprechend ein hohes Chance-Risiko-Verhältnis. Diese Aktie könnte sich verdoppeln." Da sie in Deutschland selten gehandelt wird, sollten Anleger auf die Heimatbörse in Toronto ausweichen.