Erstmals seit knapp drei Jahren hat der Ölpreis für die Nordseesorte Brent die Marke von 80 Dollar je Barrel überwunden. Es könnte noch nicht das letzte Hoch gewesen sein. Vor allem die Vertreter der Industrie sorgen sich um einen weiteren Anstieg. Aufgrund der Erholung der Wirtschaft rechnen sie damit, dass die Nachfrage nach Erdöl bereits Ende 2021, spätestens aber im ersten Quartal wieder das Niveau wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie erreichen wird. Damals wurden rund 100 Millionen Barrel Erdöl pro Tag verbraucht. Bis zum Frühjahr könnte der fossile Rohstoff also knapp bleiben und der Preis hoch.
Die Produktionsausfälle im Golf von Mexiko sind noch nicht wieder hereingeholt. Zudem haben viele Rohstoffkonzerne in den mageren Zeiten ihre Exploration gegen null gefahren. Um das Angebotsdefizit zumindest etwas abzumildern, könnten sich das Ölkartell OPEC und seine Partnerländer (OPEC+) kurzfristig auf eine Anhebung der Fördermengen einigen. Doch es liegt nicht im Interesse der Ölförderstaaten, den fossilen Rohstoff zu verschleudern. Unterdessen beschert der hohe Ölpreis den Ölkonzernen seit einigen Monaten wieder gute Gewinne und hohe Cashflows. Im Fall von Royal Dutch Shell rechnen die Analysten bei einem Ölpreis im Mittel von 65 Dollar mit einem freien Cashflow von 142 Millionen Dollar bis 2026. Das entspricht in etwa dem aktuellen Marktwert des britisch-niederländischen Ölkonzerns.
Gute Fortschritte beim Umbau
Mit den Mitteln kann Royal Dutch Shell seine Klimaziele noch schneller erreichen. Denn der Umbau des Geschäftsmodells steht an erster Stelle der Agenda - auch weil im Mai ein Gericht in den Niederlanden die Firma zu höheren Klimazielen verdonnerte. Bis 2030 soll Royal Dutch Shell den Ausstoß von Kohlendioxid um netto 45 Prozent im Vergleich zu 2019 senken. Einiges wurde bereits auf den Weg gebracht: Ölprojekte in Ägypten wurden verkauft. In den Niederlanden wird eine Biokraftstoffanlage errichtet, die nachhaltigen Kraftstoff aus Abfällen produzieren soll.
In Lateinamerika soll rund eine halbe Milliarde Dollar in erneuerbare Energien investiert werden. Die Stromsparte Shell Energy wird weiter ausgebaut. Ein wirklich großer Schritt ist der Verkauf eines Schiefergasvorkommens in Texas/USA an den Konkurrenten ConocoPhilips. Stimmen die Behörden zu, soll der Verkauf im vierten Quartal abgeschlossen sein. An dem erwarteten Erlös von 9,5 Milliarden Dollar werden auch die Aktionäre ihre Freude haben. Rund sieben Milliarden Dollar sind für Aktienrückkäufe vorgesehen, zusätzlich zu den bereits laufenden Rückkäufen. Im Juli wurde zudem eine höhere Ausschüttung in Aussicht gestellt. Aktienrückkauf, steigende Dividende und niedrige Bewertung, mehr Kaufargumente braucht es nicht.
Analog zum Preisanstieg beim Erdöl hat der Kurs einen steilen Aufstieg hingelegt. Mit hohem Momentum wurde der Widerstand bei 18 Euro mit Leichtigkeit genommen. Wir erhöhen Kursziel und Stoppkurs. Empfehlung: Kaufen