"Ich habe mich dazu entschieden, die Politik zu verlassen", sagte Blümel am Donnerstagabend in einem veröffentlichten Statement. Wie es nun weitergeht innerhalb der konservativ-grünen Regierung und wer neuer Kanzler wird, ist noch offen. Mehrere Tageszeitungen berichten unter Berufung auf Regierungskreise, dass Innenminister Karl Nehammer den Kanzlerposten übernehmen soll. Am Freitag tagen die Parteigremien der ÖVP. Politologen halten Neuwahlen für eher unwahrscheinlich.
Blümel, der familiäre Gründe für seinen Rücktritt angab, galt als enger Vertrauter von Kurz. Der finale Rücktritt von Kurz aus allen politischen Funktionen sei der letzte Anstoß für seinen endgültigen Entschluss gewesen, sagte er. Blümel war ebenso wie Kurz ins Visier der Justiz geraten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit möglichen Spenden des Glücksspielkonzerns Novomatic an die ÖVP. Blümel hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Der frühere Kanzler Kurz hatte am Vormittag überraschend seinen Rückzug aus der Politik verkündet. Bereits im Oktober war er auf Druck des Koalitionspartners, den Grünen, als Kanzler abgetreten. Auslöser war eine Razzia im Kanzleramt, im Finanzministerium und in der ÖVP-Parteizentrale im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen gegen Kurz und enge Mitarbeiter. Der 35-jährige, der als politisches Ausnahmetalent galt, begründete seinen Rückzug nun einerseits mit der Geburt seines Sohnes und andererseits auch damit, dass seine Leidenschaft für Politik nach den Vorwürfen gegen ihn weniger geworden sei.
"Für mich beginnt ein neues Kapitel in meinem Leben. Ich freue mich auf Zeit mit meinem Kind und meiner Familie, bevor ich mich im neuen Jahr neuen beruflichen Aufgaben widmen werde", sagte Kurz. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen. Er empfinde aber keine Schwermut. Beigetragen hätten auch die Entwicklungen der vergangenen Monate, räumte er ein. Er sei mit der Abwehr von Vorwürfen und Anschuldigungen beschäftigt gewesen. "Ich hatte ein bisschen das Gefühl, gejagt zu werden", sagte Kurz. Die Korruptionsvorwürfe gegen ihn wies er erneut zurück. Allerdings räumte er auch Fehlentscheidungen ein, ohne näher darauf einzugehen.
KANZLER SCHALLENBERG TRITT NACH WENIGEN WOCHEN WIEDER AB
Nur wenige Stunden nach Kurz kündigte Kanzler Schallenberg seinen Rücktritt an. Er stelle sein Amt zur Verfügung, sobald parteiintern die entsprechenden Weichenstellungen vorgenommen worden seien, teilte Schallenberg in einer schriftlichen Stellungnahme mit. "Es ist nicht meine Absicht und war nie mein Ziel, die Funktion des Bundesparteiobmanns der Neuen Volkspartei zu übernehmen", sagte Schallenberg. "Ich bin der festen Ansicht, dass beide Ämter - Regierungschef und Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei Österreichs - rasch wieder in einer Hand vereint sein sollten." Der frühere Außenminister hatte im Oktober den Kanzlerposten übernommen, nachdem Kurz nach Korruptionsvorwürfen zurückgetreten war. Der 52-Jährige Jurist und Diplomat machte nie einen Hehl daraus, den Posten niemals anstrebt zu haben. Er kündigte eine enge Zusammenarbeit mit Kurz an, was ihm den Vorwurf einbrachte, Kurz ziehe weiterhin als "Schattenkanzler" die Fäden. Ob Schallenberg nun wieder ins Außenministerium zurückkehrt, war zunächst nicht bekannt.
Beschäftigt war Schallenberg zuletzt vor allem mit Corona-Maßnahmen. Angesichts rasant gestiegener Neuinfektionen verhängte das Land erneut einen harten Lockdown. Experten hatten schon länger auf schärfere Maßnahmen gepocht, da die Kapazitäten in den Krankenhäusern an die Belastungsgrenze stießen. Schallenberg hatte sich bis zuletzt gegen Einschränkungen für Geimpfte gewehrt.
rtr