Zum G 7-Gipfel in Elmau war Wladimir Putin nicht geladen. Doch Russlands Präsident lässt sich und sein Land nicht dauerhaft isolieren. Er schafft Fakten, die den Westen zum Dialog zwingen sollen. In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung vergangene Woche bot er den westlichen Regierungschefs eine große Allianz im Kampf gegen den alle Nationen bedrohenden Terrorismus im Nahen Osten an. 48 Stunden später bombardierten russische Kampfflugzeuge Ziele in Syrien. Wer den Konflikt lösen will, so Putins Botschaft, darf Russland nicht ausgrenzen.
Gleichzeitig deeskaliert der Kreml-Chef den Konflikt in der Ostukraine. Seit September hält der im Minsker Abkommen vereinbarte Waffenstillstand. Mit seinem außenpolitischen Kurs verfolgt Putin jedoch nicht nur das Motiv, in den Kreis der Mächtigen zurückzukehren. Er will den Westen dazu bringen, die nach der Annexion der Krim gegen Russland verhängten Sanktionen zu lockern, sagt Donald Jensen vom Center for Transatlantic Relations.
Der versperrte Zugang zu westlichen Finanzierungsquellen und die Handelsbeschränkungen treffen Russlands Wirtschaft hart. Verschärft wird der Abschwung durch den Verfall des Ölpreises. Im Juli 2014 notierte das Barrel bei 115 Dollar, derzeit kostet es weniger als 50 Dollar. Russlands Konjunktur ist extrem abhängig von Energieexporten. Sie tragen 50 Prozent zu den Staatseinnahmen bei. Damit der Staatshaushalt im Lot bleibt, müsste der Preis mindestens 105 Dollar betragen.
Putin muss handeln: Nach einer Prognose der Weltbank wird das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 3,8 Prozent schrumpfen. 2016 erwarten die Analysten einen weiteren Rückgang von 0,6 Prozent. Denn auch die Binnennachfrage ist schwach, die Rezession macht den Privathaushalten zu schaffen. Hinzu kommt eine Inflationsrate von 15 Prozent, die jegliche Lohnzuwächse auffrisst. Die Weltbank fürchtet inzwischen einen signifikanten Anstieg der Armutsrate. "Die aktuelle Entwicklung bedroht den in den vergangenen zehn Jahren erzielten Wohlstand", warnt Andras Horvai von der Weltbank.
Unter den Sanktionen leiden aber auch westliche Firmen. Der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft veranschlagt den Exportschaden, der deutschen Unternehmen in diesem Jahr entstanden ist, auf zehn Milliarden Euro. Der Ruf nach einem Ende beziehungsweise einer Lockerung der Beschränkungen wird lauter.
Gelingt es Putin, den Westen umzustimmen, zieht zudem der Ölpreis an, so wie das nach den Luftschlägen in Syrien bereits der Fall war. Dann dürften die Aktienkurse in Moskau wieder steigen. Wann die beiden Katalysatoren wirken, lässt sich nicht vorhersagen. Doch nach einem Rückgang von 28 Prozent binnen eines Jahres erscheint das weitere Abwärtspotenzial begrenzt. Viele Titel sind extrem günstig, das KGV des in Dollar notierenden RTS-Index liegt bei 6,7. Gegenüber dem MSCI Emerging Markets ist dies ein Bewertungsabschlag von rund 50 Prozent.
Für Rohstoffguru Jim Rogers ist Russland einer der attraktivsten Märkte der Welt. Der Mitgründer des Quantum Fund hat sich bereits im vergangenen Jahr engagiert und will seine Positionen weiter ausbauen. Auch Value-Investor David Iben von Kopernik Global Investors favorisiert russische Werte. "Eine ganze Reihe von Unternehmen notieren unter ihrem Buchwert", sagt er. Im Kopernik Global All-Cap Fund ist Russland mit 18 Prozent gewichtet, im MSCI Emerging Markets sind es dagegen nur 3,8 Prozent. Zum Einstieg motiviert auch eine Analyse von BCS Financial Group. Das Investmenthaus traut dem RTS-Index in den nächsten zwölf Monaten ein Plus von mindestens 20 Prozent zu.
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Gazprom findet neuen Kunden
Zu den vielen aussichtsreichen Werten zählt X5 Retail Group. Das zweitgrößte Konsumunternehmen Russlands, das Discountläden unter dem Namen Pjatjorotschka betreibt, profitiert davon, dass auch besser verdienende Russen mittlerweile sparen müssen. Im zweiten Quartal stiegen die Verkaufszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 28 Prozent.
Eine der langfristig aussichtsreichen Aktien ist Gazprom. Der staatliche Energiekonzern steigerte von Juli bis September im Vergleich zum Vorjahresquartal den Gasexport nach Europa und der Türkei um 23 Prozent. Eine Reduzierung der Importe seitens der EU - wie von den USA gewünscht - muss Gazprom nicht fürchten. In den nächsten 30 Jahren wird der Konzern pro Jahr 38 Milliarden Kubikmeter an China liefern. Das entspricht der Menge, die auch Deutschland abnimmt.
Um die Risiken gegenüber einer Einzelanlage zu senken, empfehlen sich Fonds, etwa der Parvest Equity Russia Opportunities Classic. Das Management weicht immer wieder stark vom Vergleichsindex ab -und der Mut wird belohnt: Trotz des Gegenwinds erzielte der Fonds seit Jahresanfang ein Plus von knapp 17 Prozent und zählt damit zu den besten Russland-Investments. Unter den Top-Ten-Werten im Portfolio findet sich der Börsenbetreiber Moscow Exchange Micex.
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