Der Beschuss habe seit Mitternacht nicht nachgelassen, sagt er in einer weiteren Videobotschaft. Die Ukraine erhalte täglich Waffenlieferungen von internationalen Verbündeten. Zudem hätten sich bislang 16.000 Freiwillige aus dem Ausland gemeldet, um für die Ukraine zu kämpfen. "Wir haben nichts zu verlieren außer unserer eigenen Freiheit", sagte Selenskyj.
Der britische Militärgeheimdienst meldete, dass die ukrainischen Streitkräfte immer noch die Großstadt Charkiw im Nordosten und Mariupol im Südosten des Landes hielten. In Charkiw seien in den vergangenen 24 Stunden 34 Zivilisten getötet worden, Mariupol sei ohne Wasser und Strom, meldeten ukrainische Offizielle. Prorussische Separatisten drohen nun mit einem Angriff auf Mariupol.
Die vergangene Woche begonnene russische Invasion in dem Nachbarland soll mittlerweile Tausende Menschen das Leben gekostet haben. Die russische Armee räumte knapp 500 getötete eigene Soldaten ein, die ukrainische Seite sprach dagegen von über 7000 gefallenen russischen Soldaten. Angaben zu eigenen Verlusten machte die Ukraine nicht. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Mehr als eine Million Menschen sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) aus dem Land geflohen, seit Russlands Präsident Wladimir Putin den größten Angriff auf einen europäischen Staat seit 1945 angeordnet hat.
Während die Ukraine und westliche Länder von einer Invasion und einem Angriffskrieg mit mehr als 100.000 Soldaten sprechen, bezeichnet Russland sein Vorgehen als "Spezialoperation". Ziel sei nicht die Besetzung der Ukraine, sondern die Zerstörung der militärischen Kapazitäten der Ukraine sowie die Festnahme als gefährlich eingestufter Nationalisten.
Das russische Militär wird nach den Worten von Außenminister Sergej Lawrow den Einsatz in der Ukraine bis zum Ende fortsetzen. Lawrow nannte keine Details. Der russische Präsident Wladimir Putin habe mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron telefoniert, sagte er weiter. Trotz der Entwicklung wurde am Donnerstag eine zweite Runde von Gesprächen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern über einen Waffenstillstand erwartet, nachdem erste Gespräche am Montag ohne Einigung geendet hatten. Frankreich kündigte an, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution für eine Waffenruhe in der Ukraine zu fordern.
KIEWS BÜRGERMEISTER KLITSCHKO - LAGE STABIL
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko bezeichnete die Lage in der ukrainischen Hauptstadt als "schwierig, aber unter Kontrolle". Der dutzende Kilometer lange russische Militärkonvoi, der sich auf Kiew zubewegt, sei noch mehr als 30 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, schrieb das britische Verteidigungsministerium in einem Geheimdienstbericht. Er soll immer wieder durch hartnäckigen ukrainischen Widerstand, Pannen und Staus aufgehalten werden.
Die Einnahme der ukrainischen Stadt Cherson, die strategisch günstig an der Mündung des Flusses Dnipro liegt, wäre dagegen das erste bedeutende städtische Zentrum, das Moskau erobern könnte. Der Gouverneur der Region, Hennadiy Laguta, teilte mit, dass russische Truppen das Gebäude der Regionalverwaltung kontrollierten. Sie sollen auch im Rathaus der Stadt sein. Ukrainische Behörden sagten dagegen, die 250.000-Einwohner-Stadt sei nicht gefallen.
Die russische Bombardierung von Charkiw, einer Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern, hat deren Zentrum laut Augenzeugen bereits in eine Trümmerwüste verwandelt. Die Ukraine fordert Korridore, durch die die Menschen mit Hilfsgütern versorgt werden können. Kinder müssten in Sicherheit gebracht werden, Lebensmittel, Medikamente und Rettungswagen seien dringend nötig, sagte ein Berater des ukrainischen Präsidenten.
DEUTSCHLAND PRÜFT WEITERE WAFFENLIEFERUNG
Die Bundesregierung prüft, ob sie der Ukraine weitere Waffen liefert. Im Gespräch sind dabei 2700 "Strela"-Flugabwehrraketen aus Beständen der ehemaligen NVA. "Die Raketen sind transportbereit, wir warten auf eine Entscheidung des Bundessicherheitsrates", erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen. Bisher hatte Deutschland der Ukraine 1000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Flugabwehrraketen vom Typ "Stinger" zugesagt. Die Ukraine hat um weitere Lieferungen gegeben.
Die internationale Isolierung Russlands setzte sich nach dem klaren Votum der UN-Vollversammlung gegen die Invasion fort. Russische und belarussische Athleten wurden von den Paralympics in Peking ausgeschlossen. Die EU wolle nach Russland auch Belarus vom internationalen Zahlungssystem Swift abschneiden, sagte ein EU-Vertreter. Die britische Außenministerin Liz Truss forderte, dass gar keine russische Bank mehr Zugang zum internationale Zahlungsinformationssystem Swift haben sollte.
rtr