US-Vizepräsident Joe Biden warnte, Russland sei auf einem "dunklen Pfad" in die politische und wirtschaftliche Isolation. In Litauen bekräftigte er die Bereitschaft der USA, die osteuropäischen Nato-Staaten gegen russische Aggressionen zu verteidigen. Ein Seemanöver mit einem US-Zerstörer im Schwarzen Meer beantwortete Russland mit Luftwaffentests. Die Ukraine rückt mit der Unterzeichnung erster Teile des Assoziierungsabkommens unterdessen näher an die EU.

Die Einnahme der ukrainischen Marinezentrale durch russische Armeeeinheiten und unbewaffnete pro-russische Kräfte verlief nach Augenzeugenberichten ohne Blutvergießen. Im Hafen von Sewastopol ist auch die russische Schwarzmeerflotte stationiert. Am Dienstag war bei der Stürmung eines Militärstützpunktes in Simferopol ein ukrainischer Soldat getötet worden. Die ukrainische Regierung erklärte, ihre Truppen nicht von der Krim abzuziehen. Nachdem am Sonntag bei einem Referendum auf der Krim fast 97 Prozent für einen Anschluss an Russland gestimmt hatten, nahm Russland die Halbinsel am Dienstag auf. EU und USA erkennen den Schritt mit Verweis auf das Völkerrecht nicht an.

Russlands Griff nach der Krim hatte auch in anderen Ländern Osteuropas tiefe Sorgen ausgelöst. Der ins Baltikum geeilte Biden sagte: "Wir stehen mit unseren baltischen Verbündeten entschlossen an der Seite des ukrainischen Volkes und gegen russische Aggression." Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte: "Die Annexion der Krim ist unrechtmäßig und unzulässig, und die Nato-Verbündeten werden sie nicht anerkennen." Zurzeit laufen im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit Russland Verhandlungen über eine umfassende OSZE-Mission. Der Bundesregierung zufolge geht es um eine dreistellige Zahl von OSZE-Beobachtern vor allem im Süden und Osten der Ukraine.

DIPLOMATIE UND MILITÄRMANÖVER

In die diplomatischen Bemühungen zur Beruhigung der Lage will sich auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einschalten. Am Donnerstag will er sich in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen. Am Freitag will er zu Gespräche in die ukrainischen Hauptstadt Kiew reisen. Die britische Regierung warnte Putin, sollte dieser weitere Schritte gegen die Ukraine unternehmen, könnte Russland aus dem Kreis der G-8-Staaten ausgeschlossen werden. Die übrigen Mitglieder der Gruppe der stärksten Industrienationen wollen kommende Woche in Den Haag über die Krim-Krise beraten.

Das militärische Säbelrasseln ging unterdessen weiter. Sowohl die Nato als auch Russland führten ihr Waffenarsenal vor. Im Schwarzen Meer beteiligte sich der US-Zerstörer Truxtun an einem Seemanöver mit Einheiten der Nato-Partner Bulgarien und Rumänien. Die US-Regierung sprach von einer Routineübung. Der Termin sei bereits vor der Krise vereinbart worden. Ein Marinesprecher auf dem Schiff sagte zu Reuters, das Manöver sei eine Chance, den NATO-Partnern zu zeigen, dass sie unterstützt würden.

Russland startete seinerseits ein großangelegtes Manöver im Nordwesten des Landes, an dem Kampfjets und Bomber teilnahmen. Auch dort hieß es, die Militärübung stehe in keinem direkten Zusammenhang mit der Krise und sei schon länger geplant. Die ukrainische Regierung verstärkte den Schutz ihrer Grenze zu Russland und ließ dort zusätzliche Panzersperren errichten.

Ein Versuch, vor Ort nach politischen Auswegen zu suchen, scheiterte. Der Ministerpräsident der Krim, Sergej Axjonow, verweigerte einer Delegation aus Kiew die Einreise. "Sie sind nicht willkommen auf der Krim, keiner wird sie einreisen lassen", zitierte ihn die Nachrichtenagentur Interfax. Zuvor hatte der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk angekündigt, seinen Vize und den Verteidigungsminister auf die Krim zu schicken, um "die Situation zu lösen".

USA KÜNDIGEN BEREITS NEUE SANKTIONEN AN

Stattdessen stehen die Zeichen auch wirtschaftlich weiter auf Konfrontation. Die USA kündigten neue Sanktionen gegen Russland an. "Da kommt noch mehr", sagte Präsidialamtssprecher Jay Carney. Er deutete an, dass als nächstes auch Strafmaßnahmen gegen Oligarchen mit engen Verbindungen zu Putin verhängt werden könnten. Am Donnerstag und Freitag diskutieren auch die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel über neue Sanktionen.

Bisher sind von der EU als zweite Stufe eines Strafkatalogs Reisebeschränkungen und Kontensperren gegen 21 Personen in Russland und auf der Krim beschlossen worden. Nach Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert wird über weitere ähnliche Maßnahmen gesprochen werden. Auf einer dritten Stufe müsste Russland mit empfindliche Wirtschaftssanktionen rechnen. Am Donnerstag kommen die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zu zweitägigen Beratungen zusammen. Am Freitag soll dabei der politische Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine unterzeichnet werden. Es sieht auch eine Anlehnung in der Außen- und Sicherheitspolitik vor. Im April will die EU-Kommission dem Land außerdem einseitig Handelserleichterungen zubilligen. Mit dem Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der Ukraine soll noch gewartet werden.

Das Assoziierungsabkommen sollte schon Ende November unterzeichnet werden, was der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch mit Rücksicht auf Russland aber abgelehnt hatte. Seine Kehrtwende löste dann die Demonstrationen in Kiew aus, die zum Sturz von Regierung und Präsident führten. Die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, deren Verbündete die neue Regierung in Kiew führen, konnte am Mittwoch die Berliner Klinik Charité verlassen. Sie war dort wegen eines Rückenleidens behandelt worden. Timoschenko könnte bei der Präsidentschaftswahl am 25. Mai kandidieren.

Reuters