Diese Freiheit hört nach Meinung der Teilnehmer aber dort auf, wo sie grundlegende Persönlichkeitsrechte verletzt. Wenn der US-Geheimdienst NSA hundertmillionenfach ohne konkreten Anlass spitzelt und späht. Oder wenn Kriminelle 16 Millionen deutsche E-Mail-Konten samt Passwörtern knacken, wie unlängst geschehen. Selbst harmlose Spiele auf dem Smartphone wie "Angry Birds" eignen sich offenbar für Spione, um Alter, Geschlecht, Aufenthaltsort und andere Informationen eines Spielers auszukundschaften.
Mittlerweile scheint kaum mehr ein Tag zu vergehen, an dem nicht neue Meldungen über Hackerangriffe und gestohlene Daten die Runde machen. Und allmählich dämmert es auch dem leichtfertigsten Internetnutzer, dass die globale Vernetzung nicht nur Vorteile, sondern große Gefahren mit sich bringt.
Das weltweite Netz muss tatsächlich neu erfunden werden. Es muss sicherer werden, damit Staatsgeheimnisse oder das geistige Eigentum von Unternehmen und Privatleuten geschützt sind. "Letztlich wird der Kampf um die Freiheit des Internets vor allem auf dem Schlachtfeld der Technologie geführt werden", sagt der durch die Snowden- Enthüllungen bekannt gewordene US-Journalist Glenn Greenwald. An dieser Aufgabe arbeitet nicht nur ein Zusammenschluss wie der Chaos Computer Club, sondern auch die Wirtschaft mit ihren IT-Experten.
Die Anzahl der Angriffe auf Regierungsseiten stieg in den vergangenen fünf Jahren um fast 800 Prozent (siehe Investor-Info). Und nach einer Branchenschätzung kostet Internetkriminalität Unternehmen weltweit rund eine Billion Dollar pro Jahr.
Wie wichtig das Thema Datensicherheit geworden ist, zeigt sich auch daran, "dass Versicherungen dort ein interessantes Geschäftsfeld entdecken. Mittlerweile können Firmen sogar Policen abschließen, mit denen sie sich gegen Cyber-Schäden versichern", sagt Patrick Kolb, Fondsmanager des Credit Suisse Global Security.
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Ein Markt im Umbruch
Während die Assekuranz neue Lösungen bietet, wandelt sich der gesamte Markt für Datensicherheit rasant. Beispiel Firewalls: Diese spezielle Software soll einen Rechnerverbund oder einen einzelnen Computer vor unerlaubten Netzwerkzugriffen schützen. Über viele Jahre dominierte der amerikanische Konzern Cisco diesen Markt. Doch dann verschlief das Unternehmen die Entwicklung von komplexeren Sicherheitslösungen, den sogenannten Next Generation Firewalls.
Diese bieten einen deutlich höheren Funktionsumfang, denn sie müssen heute mit den verschiedensten Internetanwendungen, Cloud- Computing oder Social Media zurechtkommen. Cyber-Kriminellen bieten sich heute ungleich mehr Angriffspunkte als früher. Dafür müssen Firewalls gerüstet sein.
Die innovativsten Lösungen kamen in den vergangenen Jahren von kleineren Anbietern wie Palo Alto Networks, FireEye oder Fortinet. "Auf dem Markt für Datensicherheit zählt zunehmend Technologieführerschaft", sagt Credit-Suisse-Experte Kolb. Die großen Player wie Cisco oder Symantec müssen derweil aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren. "Deren Technologie ist schon etwas in die Jahre gekommen", erklärt etwa Yves Kramer, Fondsmanager des Pictet-Security.
Um sich einer Verjüngungskur zu unterziehen, stürzen sich die Branchenriesen in Übernahmen. Cisco etwa verleibte sich im vergangenen Jahr den Sicherheitsspezialisten Sourcefire ein. 2,7 Milliarden Euro zahlte der Konzern und bot damit einen Aufschlag von mehr als 30 Prozent zum damaligen Aktienkurs des Unternehmens. Sourcefire füllt im Bereich Netzwerksicherheit eine Lücke im Angebot von Cisco.
Solche Übernahmen sieht Fondsmanager Kramer mit gemischten Gefühlen: "Einerseits freuen wir uns natürlich über die tolle Aktienperformance der übernommenen Firmen. Im Hinblick auf die technologische Weiterentwicklung sind derartige Übernahmen aber eher kontraproduktiv." Denn unter dem Dach eines großen Konzerns drohen viele einst innovative Firmen ihre Technologieführerschaft zu verlieren.
2004 zum Beispiel kaufte der Netzwerkausrüster Juniper den kleineren Doch dessen Führungsteam ging bald wieder von Bord und gründete 2005 Palo Alto Networks. Palo Alto zählt derzeit zu den innovativsten Firmen im Netzwerk-Business und baut seinen Marktanteil sowohl gegenüber Juniper als auch Cisco aus.
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Sicherheit hat viele Facetten
Für Anleger lohnt es sich, neben der Datensicherheit noch auf weitere Bereiche des Security-Markts zu blicken. Skandale wie Pferdefleisch in Fertigprodukten oder verunreinigtes Milchpulver in China lassen zum Beispiel den Ruf nach strengeren Lebensmittelkontrollen laut werden. Davon profitieren Unternehmen wie Eurofins Scientific. Der in Europa führende Anbieter von bioanalytischen Verfahren hat seinen Aktienkurs in den vergangenen drei Jahren fast vervierfacht.
Künftiges Wachstum dürfte auch eine Umwälzung in der Mobilität mit sich bringen. Große Automobilhersteller wie Daimler, BMW und Ford, aber auch der Internetkonzern Google forschen derzeit bereits am selbst fahrenden Auto. "Schon in etwa zehn Jahren werden solche Fahrzeuge auf die Straßen kommen", prophezeit Fondsmanager Kolb. Die Probleme liegen aber weniger in der technischen als in der rechtlichen Umsetzung. Schließlich gibt der Fahrer seine Verantwortung komplett an eine Software ab. Und die müsse dann eben hundertprozentig sicher sein vor Hacker-Attacken oder Fehlfunktionen. Eine Aufgabe, für die sich Zulieferer wie das schwedische Unternehmen Autoliv oder die niederländische NXP Semiconductors gut positioniert haben.
In einer florierenden Branche arbeiten Unternehmen, die den elektronischen Zahlungsverkehr sicherer machen. Dieser biete ein strukturelles Marktwachstum von etwa acht Prozent pro Jahr, so Fondsmanager Kolb. In diesem Segment tummeln sich Unternehmen wie die deutsche Wirecard oder die niederländische Gemalto (s. Investor-Info). Wem ein Investment in Einzelwerte zu riskant ist, der kann auch zu einer Fondslösung greifen. Die bietet immerhin die Sicherheit einer breit gestreuten Anlage. Wettbewerber Netscreen.
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