Viehbacher war der erste Ausländer an der Spitze des Konzerns und leitete Sanofi seit 2008. Als Grund für den Rauswurf nannte Verwaltungsratschef Serge Weinberg ein belastetes Verhältnis zwischen Viehbacher und dem Gremium. Unter anderem sorgte der Umzug des Managers von Paris nach Boston für Unmut. Auch gab es Sorgen, dass der weitere Konzernumbau vor allem Standorte in Frankreich treffen könnte. Viehbachers erfolgreiche Strategie der internationalen Expansion will Sanofi aber fortsetzen.

Der seit vier Jahren amtierende Weinberg wird nun übergangsweise auch die Konzernführung übernehmen. Es habe bereits Kontakte zu Nachfolge-Kandidaten gegeben, sagte er auf einer eilig einberufenen Telefonkonferenz. Zuvor hatte der Konzern knapp mitgeteilt, dass sich der Verwaltungsrat am Morgen getroffen und einstimmig beschlossen habe, Viehbacher als Vorstandschef abzusetzen. Als Konsequenz daraus sei dieser als Direktor zurückgetreten.

Die Nachricht schickte die Sanofi-Aktie am Mittwoch erneut auf Talfahrt - Sanofi-Papiere gaben 3,5 Prozent nach. Bereits am Dienstag war der Sanofi-Kurs wegen der Führungsdebatte um mehr als zehn Prozent eingebrochen - der größte Kurssturz in 17 Jahren. Etwa 13 Milliarden Euro an Börsenwert wurden damit in zwei Tagen vernichtet. Analysten befürchten, dass Sanofi sich nun stärker einigeln könnte. "Viehbacher hat versucht, die DNA des Unternehmens zu verändern, aber der Verwaltungsrat hat am Ende gewonnen", sagte Navid Malik vom Wertpapierhändler Cenkos Securities in London. Sanofi werde nun provinzieller werden.

Viehbacher hatte Sanofi in seinen sechs Jahren an der Spitze erfolgreich umgebaut - der Konzern wurde zunehmend internationaler. Bei Investoren und vielen Analysten genoß der Manager einen hervorragenden Ruf. Aber in Frankreich wurde auch Kritik laut. Denn der Abbau von Arbeitsplätzen erregte bei Gewerkschaften Unmut. Zudem löste Viehbachers Umzug von Paris nach Boston Ärger aus - der Vorwurf lautete, er sei nicht genügend in Frankreich präsent. Hinzu kamen Befürchtungen, dass Viehbacher Geschäftsteile mit älteren Medikamenten verkaufen könnte. Sanofi besitzt einen großen Bestand an älteren zum Teil bereits patenntfreien Präparaten, die der Konzern gleich anderen Pharmariesen aus dem Kerngeschäft herauslösen könnte. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte im April erfahren, dass Sanofi einen Verkauf von Geschäften mit solchen Arzneien im Wert von sieben bis acht Milliarden Dollar sondierte. Von dem Schritt wären vor allem Standorte in Frankreich betroffen.

Dass es im Verhältnis zwischen Viehbacher und dem Verwaltungsrat schon länger heftig knirschte, wurde vor zwei Tagen öffentlich. Die Zeitung "Les Echos" berichtete von einem Brief Viebachers an das Gremium, in dem dieser die Vertrauensfrage gestellt habe. Ihm sei zu Ohren gekommen, dass Weinberg aktiv nach einem Nachfolger suche und verlangte eine Klarstellung. Aus dem Umfeld des Verwaltungsrats erfuhr Reuters in dieser Woche, dass das Verhältnis zwischen Viehbacher und Weinberg zuletzt zunehmend frostiger wurde. Bei der Vorstellung der Quartalszahlen am Dienstag war Viehbacher schon nicht mehr in der Lage zu sagen, ob er noch die Unterstützung des Verwaltungsrats besitzt.

Reuters