Der Walldorfer Softwarekonzern SAP verschärft sein Sparprogramm. "Alle Neueinstellungen sind bis 2015 zurückzustellen", verfügte Finanzvorstand Luka Mucic in einer internen Rundmail an Führungskräfte vom 1. Oktober. Zudem seien alle Dienstreisen "ohne direkten Kundenbezug" oder "der Einsatz externer Dienstleister" zu stoppen, erklärte Mucic in dem vertraulichen Schreiben, das www.boerse-online.de vorliegt.

Zur Begründung verwies Mucic auf das Überschreiten von Zielvorgaben. "Wir haben Euch im vergangenen Juli gebeten, innerhalb der Budgets und der entsprechenden Ziele beim Personal zu bleiben (...)." Bedauerlicherweise gebe es jedoch weiterhin ein "unrealistisches Einstellungsverhalten in unterschiedlichen Geschäftsbereichen". Insgesamt weise das SAP-interne Planungssystem derzeit konzernweit rund 4000 offene Stellen aus. Damit würden die Etatvorgaben "überschritten". Angesichts dessen habe der Vorstand nun ein konkretes Maßnahmenpaket beschlossen. Es trete mit "sofortiger Wirkung" in Kraft.

Ein SAP-Sprecher bestätigte die Sparmaßnahmen gegenüber BÖRSE ONLINE. SAP habe im Januar 2014 die neuen mittelfristigen Wachstumsziele bekanntgegeben. Zur Umsetzung dieser Strategie gehöre es, "weiterhin strikte Kostendisziplin zu üben" und die "Überschreitung von Budgets" zu vermeiden. "Dies haben wir bereits in der Vergangenheit so gehalten und so werden wir es auch weiterhin tun", hieß es.

Erst vor gut einem Jahr hatte sich der größte europäische Softwarekonzern einen Sparkurs verordnet. Einem Bericht der Wirtschaftswoche zufolge hatten die Walldorfer neben der Verschiebung von Baumaßnahmen dabei auch bei Reisen, Werkverträgen sowie externen Dienstleistern den Rotstift angesetzt. Im vergangenen Juli hatte Finanzchef Mucic die Mitarbeiter erneut zu erhöhter Kostendisziplin angehalten. Nun werden die Vorgaben konkretisiert.

Auslöser des verschärften Sparkurses sind neben den unerwartet hohen Kosten offenbar auch Sorgen um eine Eintrübung des Geschäfts. Zwar dürften die Zahlen im dritten Quartal weitgehend im Rahmen der Erwartungen liegen, heißt es aus Walldorf. Doch trüben sich die Aussichten derzeit offenbar ein. "Die Pipeline für das vierte Quartal liegt bislang hinter den Erwartungen", heißt es aus Walldorf. SAP macht traditionell rund 42 Prozent des Neugeschäfts zum Jahresende. Sollte der Konzern hier hinter den Markterwartungen zurückbleiben, dürfte dies die Aktie stark belasten. Ein SAP-Sprecher lehnte jeden Kommentar zur aktuellen Geschäftsentwicklung ab. Zu den Zahlen im dritten Quartal werde sich SAP am 20. Oktober äußern.

Die SAP-Aktie war in den vergangenen Wochen bereits spürbar unter Druck geraten. Investoren zeigten sich zuletzt vor allem besorgt über den hohen Preis, den SAP für die geplante Übernahme des US-Softwarehauses Concur hinblättern will. Insgesamt will sich Konzernchef Bill McDermott den Anbieter von Reisekosten-Abrechnungen 8,3 Milliarden Dollar bzw. 129 Dollar je Aktie kosten lassen. Damit wäre Concur die größte Übernahme in der SAP-Geschichte. Viele Analysten halten den Deal für zu teuer. "Der Kaufpreis entspricht dem 10,2-fachen Jahresumsatz von Concur", wundert sich UBS-Analyst Michael Briest in einer aktuellen Studie. Ursprünglich hatte McDermott 110 Dollar je Aktie geboten, aber im Verlauf der Verhandlungen noch mal 17 Prozent draufgesattelt. Auch intern ist die Übernahme umstritten. "Viele Mitarbeiter", heißt es aus Walldorf, "halten den Kaufpreis für viel zu hoch, vor allem, weil wir längst eine eigene Cloud-Lösung zur Reisekosten-Abrechnung im Angebot haben."

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Einschätzung der Redaktion

SAP steht vor einem durchwachsenen Quartal. Zwar dürfte die operative Marge nach Einschätzung von Analysten im traditionell eher flauen Sommerquartal um 20 Basispunkte auf 32,3 Prozent anziehen. Auch beim Umsatz dürfte es mit 3,56 Milliarden Euro einen leichten Zuwachs geben. Doch bei den wichtigen Lizenz-Erlösen erwarten die Auguren ein kleines Minus von 1,2 Prozent auf 966 Millionen Euro. Dazu dürfte das Sparprogramm für Unruhe unter Investoren sorgen. Hinzu kommt die viel zu teure Übernahme des US-Softwarehauses Concur sowie die wachsende Sorge um die Entwicklung im vierten Quartal. Auch charttechnisch ist die Aktie angeschlagen und kämpft aktuell mit der Unterstützung bei 56 Euro. Sollte die reißen, droht ein weiterer Rückschlag bis in die Zone von 52 Euro. Ziel: 61 Euro, Stopp: 55,50 Euro. Halten.